Rolf Torring 003 - Gelbe Haie
er zeigte kurz nach vorn, worauf sich die beiden ersten näher schlichen. Da ließ ich meine Waffe sprechen. Die beiden vorderen stürzten sofort aufs Gesicht, während der dritte zwar fiel, sich dann aber aufraffte und taumelnd um die Biegung des Weges verschwand, ehe ich ihm einen weiteren Schuß nachsenden konnte. Und jetzt wurde es im Wald lebendig. Ein kurzes Wutgebrüll erscholl direkt hinter dem Knick des schmalen Weges, dann ertönten einige Rufe, offenbar Signale, die zu meinem Schrecken von allen Seiten her beantwortet wurden. Wir waren also ringsum von den aufständischen Atjehern eingeschlossen, während vor uns die Meute der rasenden
Kulis tobte. Jetzt konnte es sich nur noch um Minuten handeln, dann würden die Atjeher auch in Massen angreifen, und ich konnte wohl die ersten niederschießen, mußte aber der Menge dann doch erliegen.
Doch es blieb merkwürdig ruhig im Wald. Offenbar fand erst noch eine Beratung der Eingeborenen statt, aber diese Ruhe wirkte unheimlicher als hinter mir das Toben der Chinesen und das Krachen der Schüsse. Ich schnellte herum, denn plötzlich berührte eine Hand meinen Arm. Es war der kleine Tomo, an den ich fast gar nicht mehr gedacht hatte. Mit großen, starren Augen blickte er in den Wald und flüsterte ängstlich:
,,Tuan, wir sind verloren. Da und da und da, Feuer." Jetzt durchzuckte mich doch ein furchtbarer Schreck. An mindestens fünfzehn Stellen flammte Feuer im Wald auf, das am dürren Unterholz reiche Nahrung fand. Und der schwache Wind trieb die unheimlich schnell wachsende Glut direkt auf unsere Anhöhe zu. Die Atjeher hatten das sicherste Mittel gewählt, uns ohne Verluste zu vernichten, denn das Flammenmeer, das mit jeder Sekunde wuchs, trieb uns hinunter, den rasenden Kulis in die Arme. Ich sprang auf und eilte an den Rand des Plateaus. Vor den Atjehern selbst war ich ja sicher, sie lauerten hinter dem Flammengürtel, bis das furchtbare Element seine Schuldigkeit getan hätte.
„Feuer hinter uns!" schrie ich den Kameraden zu, dann gab es sofort Arbeit für meine Parabellum, denn die Kulis hatten sich bis auf wenige Meter an uns herangearbeitet. Wohl hatten sie große Verluste erlitten, aber sie benutzten die jetzt Gefallenen als Schild und schoben die reglosen
Körper immer höher in den schmalen Engpaß hinauf. Nur die Kugeln der Gewehre und der Parabellumpistolen durchschlugen diese grausigen Schutzwehren. Jetzt hatten die Chinesen das Feuer hinter uns bemerkt. Sie stießen ein mißtönendes Freudengeheul aus und zogen sich eilfertig zurück. Jetzt brauchten sie ja keine Opfer mehr zu bringen, denn jetzt mußten wir von unserem sicheren Hort herunter, und sie konnten uns aus dem Hinterhalt erschießen.
Aufatmend traten wir einige Schritte vom Engpaß zurück. Nach den anstrengenden Minuten des Kampfes trat jetzt eine gewisse Reaktion ein, und erst die ängstlichen Rufe des kleinen Malaienboys brachten uns wieder die drohende Gefahr im Rücken so recht zum Bewußtsein. Und als wir uns dem Wald zuwandten, wußten wir, daß jetzt das Ende nahte. Nur noch wenige Meter Gehölz waren zwischen uns und der Glut, die sich gierig heran fraß. Der Wind hatte sich verstärkt und strich glühend heiß über uns hin, so daß wir unwillkürlich bis an den Rand der Anhöhe traten. Und da stieß der Zahlmeister einen Schrei aus und ließ seine Waffe fallen. Der Schuß eines versteckten Chinesen hatte seinen Arm durchschlagen. In Sekundenschnelle folgten noch zwei weitere Schüsse des unsichtbaren Schützen, aber da hatten wir uns schon hingeworfen, und die Kugeln zischten über uns hinweg.
Wieder fauchte ein heißer Windstoß über die Anhöhe, daß wir vor Schmerz aufstöhnten. Da befahl Rolf ruhig: „Wir müssen den Engpaß hinunter. Ich werde hier am Rand aufpassen und sofort das Feuer erwidern, wenn auf euch geschossen wird. Ihr müßt vor allen Dingen blitzschnell Deckung hinter den Gefallenen und am Rand des Platzes suchen. Laßt euch einfach hinunterfallen, dann werdet ihr kaum von einem Schuß getroffen." Sein Rat war die einzige Rettung, und der kleine Tomo befolgte ihn zuerst. Er kroch an den Rand der Anhöhe und rollte einfach den steilen Pfad hinunter. Das ging so schnell, daß die Chinesen wohl gar nicht zum Zielen gekommen waren, denn es fiel kein Schuß. Als zweiter folgte der verwundete Zahlmeister. Er war nicht so flink, und sofort krachte ein Schuß aus dem Wald heraus, der aber zum Glück nicht traf. Doch Rolf hatte den Schützen entdeckt;
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