Rolf Torring 003 - Gelbe Haie
unsere Frage, wer „Er" denn wäre, hatte es uns den Namen des Schwarzen genannt: „Pongo". Ein Name, der wahrlich bezeichnend war.
Wir konnten jetzt auf den kleinen Tomo rechnen, denn die Furcht vor dem geheimnisvollen schwarzen Riesen hätte ihm sicher keine Untreue erlaubt. So schritten wir denn weiter, nachdem Rolf noch den klugen Pinh zurückgesandt hatte, damit er eine Meldung in seinem Halsband nach Selimeum brächte. Wir konnten damit rechnen, daß der Hund eher eintreffen würde als Meerkerk. Auf unserem Weitermarsch verschwand plötzlich Tomo unter Warnungsrufen, und ehe wir uns recht besinnen konnten, waren wir von einer Anzahl Atjeher umgeben, die uns gefangen nahmen. Sie schleppten uns bis an den Fluß und luden uns dort in einen Sampan. Damit war scheinbar jede Möglichkeit verschwunden, daß uns Tomo und Pongo folgen könnten, aber beim unwillkürlichen Zurückblicken zum Ufer sah ich zu meiner Freude das verschmitzte Gesicht des kleinen Malaienboys durch die Wurzeln der Mangroven lugen.
Wir landeten schließlich im Lager der Atjeher und wurden in ein Zelt gebracht, in dem wir die holländischen Beamten trafen, die wir hatten warnen wollen. Es waren zwei Regierungsräte, ihr Sekretär und der Zahlmeister. Alle vier erklärten uns, daß ein Entkommen aus den Händen der Aufständischen unmöglich wäre, da wir zu scharf bewacht würden. Und sie schienen auch recht zu haben, da bei Einbruch der Nacht vier Eingeborene mit ihren fatalen Klewangs, diesen breiten, scharfen Schwertern, vor unserem Hütteneingang Platz nahmen, während rings um die kleine Lichtung, auf der sich das Lager befand, Doppelposten schritten.
Und jetzt waren die beiden Posten unserem Zeltlager gegenüber lautlos im Urwald verschwunden. Unwillkürlich hielten wir den Atem an, denn die vier Atjeher vor unserem Zelt mußten ja das Verschwinden ihrer Kameraden bemerken. Dann würden sie natürlich sofort Alarm schlagen, und unser Leben war vielleicht dadurch aufs höchste bedroht.
Wenn wir nur Waffen gehabt hätten! Aber anscheinend hatte nur Rolf, der auf ähnliches vorbereitet war, das plötzliche Verschwinden der Posten bemerkt, und wir, durch seine Handbewegung aufmerksam gemacht, mit ihm. Denn die vier Atjeher vor unserem Zelt rührten sich nicht.
„Donnerwetter", murmelte der eine Regierungsrat, „was war denn das? Wohl ein Freund von Ihnen, Herr Torring? Aber wie will er die verteufelten vier Posten hier erledigen und uns heil aus dem Lager herausholen? Das bekommt doch kein Mensch fertig."
„Warten Sie nur ab", gab Rolf leise zurück, „Freund
Pongo bekommt noch ganz andere Sachen fertig. Wir wollen uns aber ruhig verhalten, denn ich vermute, daß er bald bei uns sein wird."
Einige Minuten verstrichen unter atemlosem Schweigen. Da klang hinten an unserer Zweighütte ein leises Geräusch auf. Unendlich vorsichtig schien sich jemand damit zu beschäftigen, die Zweige auseinanderzuziehen. Gerade wollte ich Rolf zuflüstern, daß wir noch unbedingt ein harmloses Geräusch hervorbringen müßten, um die Laute zu übertönen, die der heimliche Besucher - sicher war es Pongo - hervorbrachte, als ein morscher Ast laut knackte. Sofort sprangen die vier Wächter auf, und während zwei dicht vor den Eingang unserer Hütte traten und uns die Klewangs entgegenhielten, eilten die beiden anderen um die Hütte.
Wir zogen uns schnell in den Hintergrund der Hütte zurück, und ich merkte dabei, daß Rolf den schweren eisernen Topf aufnahm, in dem uns das Essen gebracht war. Kaum standen wir an der hinteren Wand, als wir draußen zwei schwache Ausrufe vernahmen, denen ein dumpf-krachendes Geräusch folgte. Dann gab es einen schweren Fall auf dem grasbedeckten Boden.
„Er hat sie mit den Köpfen zusammengeschlagen", stellte Rolf leise fest. ,Jetzt werde ich aber wohl die beiden anderen Wächter beschäftigen müssen." Er stand vor mir, und gegen den Schein des Lagerfeuers vor dem Hütteneingang sah ich, daß er den schweren Topf hochhob. Und im nächsten Augenblick traten die beiden Atjeher auch schon mit vorgestreckten Klewangs ins Innere der Hütte.
Da schleuderte Rolf ihnen mit aller Kraft den eisernen Topf entgegen. Die beiden schlanken Burschen wurden mit voller Wucht getroffen und taumelten zurück, stießen dabei aber gellende Alarmrufe aus. Aber bevor sie sich noch zusammenraffen und uns angreifen konnten, tauchte hinter ihnen die Gestalt Pongos auf. Im lodernden Feuerschein war er wie ein Sendling der Hölle anzusehen,
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