Rolf Torring 005 - Kaempfe im Urwald
Gehorsam wird dem Häuptling nur im Krieg geleistet. Jeder männliche, dem Knabenalter entwachsene Bewohner des Dorfes gilt als waffenfähig und muß zum Kampf ausziehen, sobald der Kriegsruf ertönt. Abgaben werden nicht erhoben, ebenso wenig gibt es einen Gemeindesäckel. Die einzigen Vorzüge, die der Ompum besitzt, bestehen darin, daß das Volk seine Wohnung baut und seine Felder bestellt. Außerdem ist der Handel mit Vieh meist in seinen Händen.
Die Gesetze der Bata, „Hadat" oder „Adat" genannt, sind nicht geschrieben, sondern nur herkömmlicher Brauch. Ihre Bestimmungen sind vielfacher Deutung fähig, daher kommt es häufig zu weitläufigen Verhandlungen im „Sopo", im Gemeindehaus. Fast alle Vergehen können mit Geld oder Geldeswert abgefunden werden. Nur für den Ehebruch eines Gemeinen mit der Frau eines Ompum ist unwiderruflich die Todesstrafe festgesetzt. Landesverräter und Spione werden ebenfalls hingerichtet - wenn sie sich nicht mit ungefähr 300- Mark und einem Büffel loskaufen können; dasselbe gilt für Feinde, die außerhalb ihres Dorfes mit Waffen in der Hand ergriffen werden, während man die in Dörfern bei friedlicher Beschäftigung gefangenen meistens wieder entläßt. Ehebrecher und Landesverräter müssen erst durch Lanzenstiche getötet werden, während der Kriegsgefangene lebendig zerschnitten wird. Jeder Fremde, der gewarnt das Land betritt, gilt als vogelfrei.
Die niederländisch-indische Regierung hat bis jetzt nur einen kleinen Teil des Bata-Landes unterworfen. In den selbständigen Distrikten herrscht ständig Krieg und Verwirrung. Der einheimische Handel der Bata erstreckt sich auf die gewöhnlichen Lebensmittel und wird auf bestimmten Marktplätzen betrieben, zu denen die Bewohner mit Weib und Kind und stets bewaffnet ziehen. Eine Ausfuhr findet nur von der Südwestküste statt und besteht hauptsächlich in Elfenbein, Schildpatt, Dammar-harz, Cassiazimt, Rohr, Pfeffer, Kampfer und Benzoe. Vom Ausland werden Salz, Eisenwaren, Messingdraht und Glaskorallen bezogen.
Diese Angaben über das interessante Volk verdanken wir Hasting, der die Sitten und Gebräuche der Bata ebenso wie ihre Sprache studiert hatte.
Wir hatten leider in den vorangegangenen Tagen versäumt, einen Rundgang außen um das Dorf zu machen, da wir ja auch nicht ahnen konnten, daß wir - erst als Gefangene, nun als Freunde der Dorfbewohner - jetzt von Feinden belagert würden. Sonst hätten wir noch den Graben und die Stachelbambus-Hecke, die vor der Palisade lagen, genauer nach schwachen Punkten betrachtet. „Gott sei Dank, daß die Stachelbambushecke draußen durch das sumpfige Terrain recht grün und feucht ist", meinte ich, als wir am südlichen Tor angelangt waren, das direkt in die Sümpfe führte. Durch dieses Tor waren wir bei Tagesanbruch gegangen, um das überaus seltene Schuppennashorn zu fangen. Und nun, es war am frühen Nachmittag, hatten wir Pongo verloren, den die feindlichen Bata oben im Blätterdach des Duriobaumes sicher ermordet hatten; Hasting hatte einen schweren Schulterschuß bekommen, und es war sehr fraglich, ob wir uns gegen die Feinde halten konnten, die sicher in großer Übermacht erschienen waren.
„Wenn wir wenigstens mit dem Häuptling reden könnten", sagte ich jetzt, „dann würden wir einen Boten an den Sergeanten Vaasen schicken, der uns mit seinen Leuten zu Hilfe kommen könnte."
„Ich glaube nicht, daß ein Bote jetzt durchkäme. Die Feinde haben doch sicher sämtliche Wildpfade, die hier vom Dorf durch die Bambusdickichte führen, besetzt. Hallo", unterbrach sich Rolf, als im gleichen Augenblick durch zwei Schüsse ein langes Stück Bambus aus dem hohen Tor gerissen und dicht vor unsere Füße geschleudert wurde, „jetzt möchte ich den Herrschaften da draußen aber doch zeigen, daß wir uns verteidigen können. Und außerdem ist der Verlust unseres braven Pongo noch nicht gerächt. Komm hier dicht neben das Tor. Sie scheinen, Gott sei Dank, keine modernen Gewehre zu besitzen, sonst würden die Kugeln selbst durch den zähen Bambus schlagen. So, und jetzt mußt du mich auf die Schultern nehmen, darfst dich aber erst dann aufrichten, wenn ich es sage."
„Was willst du denn beginnen, Rolf?" fragte ich besorgt, „wenn du deinen Kopf über den Palisadenzaun streckst, bekommst du doch sicher einige Kugeln." „Das werde ich schon vermeiden und mir deshalb den Zweig hier abbrechen. So, jetzt mußt du dich bücken, und ich setze mich auf deine Schultern. Gut, jetzt
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