Rolf Torring 007 - Der Tiger von Singapore
nämlich an, daß die beiden Chinesen, mit denen er sprach, seine Agenten sind."
„Hast du die Leute in jener Schenke gesehen, Pongo?" fragte ich dazwischen.
„Nein, Masser Warren, Männer nicht in Schenke gesessen haben, Männer Schenke auch nicht verlassen haben durch Haupttür. Sie durch andere geflüchtet sind." „Hm, die Männer scheinen im Hause bekannt zu sein", war Rolfs Ansicht. „Das sagt uns, daß sie auch mit den Hausbewohnern in Verbindung stehen. Sie scheinen richtige Spione zu sein, die sowohl zu der Bande halten als auch zu dem chinesichen Kommissar." Das ist leicht möglich, sonst könnte der junge Chinese auch nicht in die Geheimnisse der Bande eindringen", überlegte der Lord. „Wenn ich ganz offen sein soll, so will mir dieser chinesische Kommissar, der im englischen Dienst stehen soll, gar nicht gefallen." „Mir auch nicht", bestätigte ich.
Rolf zuckte nur die Achseln. Da wir durch den leitenden Kommissar erfahren hatten, daß es tatsächlich einen chinesischen Kommissar gab, der auf der Wange eine Narbe hatte, so mußte es schon wahr sein. Trotzdem trauten wir ihm nicht.
Es war inzwischen immer später geworden, und Lord Abednego drang nun darauf, daß wir endlich zu unserem Mittagessen kamen. Er ließ es auftragen. Dabei besprachen wir unsere Pläne für den Abend. Es war für uns eine gefährliche Sache, des Nachts das Chinesenviertel aufzusuchen. Den Überfall auf Pongo erklärten wir uns allerdings mit der Aushebung des „Blauen Hais". Wahrscheinlich glaubten sie ihn tot und schleppten ihn in eine andere Gegend, denn er wurde nicht vor dem „Gelben Drachen" aufgefunden. Pongo war anscheinend im „Gelben Drachen" erkannt worden. „Ich würde an Ihrer Stelle doch lieber polizeilichen Schutz mitnehmen", rief der Lord.
„Dann würden wir auffallen und nichts erreichen. Sie wissen, wohin wir uns wenden. Sollten wir und auch Pongo nicht bis zum Morgen zurück sein, so bitte ich Sie, die Polizei zu benachrichtigen. Wir werden zuerst in der Teestube mit dem Chinesen zusammentreffen, wohin wir dann gehen, wissen wir leider noch nicht. Aber unser Pongo wird das feststellen und Ihnen Nachricht bringen." „Und wenn er wieder niedergeschlagen wird, Mister Torring?"
Da mischte sich Pongo, der an der Brüstung der Veranda stand, ein.
„Pongo von Chinesen nicht wieder niedergeschlagen wird, Masser Lord", sagte er. „Pongo Chinesen niederwerfen wird."
Rolf nickte lächelnd.
Für Pongo war das eine gute Lehre, und er würde sich nun bei einem Überfall zuerst den Rücken decken. Da die Chinesen fast nie mit Schußwaffen arbeiteten, war nicht anzunehmen, daß es ihnen ein zweites Mal gelingen würde, unseren Schwarzen zu überrumpeln.
4. Kapitel Der Tiger von Singapore
Es war elf Uhr nachts, als wir heimlich den Bungalow des Lord verließen. Wir benutzten den Hintergarten, um Spione zu täuschen. Pongo hatte die Gegend schon vorher abgesucht und nichts Verdächtiges gefunden. Er führte uns auf einem Umwege zur Stadt und benutzte enge Gassen, um uns bis zum Chinesenviertel zu bringen. Kurz davor trennten wir uns. Jetzt wußten wir wieder Bescheid und wollten auf dem kürzesten Wege die Teestube Liungs erreichen.
Wir fanden sie auch. Die Gassen des Chinesenviertels waren fast leer. Die Beleuchtung ließ sehr zu wünschen übrig. Wenn wir einem Chinesen begegneten, bemerkten wir ihn erst, wenn er uns schon fast erreicht hatte. Auf der anderen Seite der Gasse huschten ab und zu dunkle Schatten entlang, die spurlos in den winkligen Häusern verschwanden. Es war eine unheimliche Gegend, durch die wir mußten.
Ich atmete erleichtert auf, als wir endlich vor der Teestube standen.
Rolf nickte mir aufmunternd zu. Vorsichtig betraten wir das Gastzimmer. Zu unserer Überraschung fanden wir es fast leer. Nur drei Chinesen saßen im hinteren Raum. Sie achteten nicht auf uns und tranken in Ruhe ihren Tee. Liung, der Wirt, kam uns wieder entgegen und führte uns
in den Nebenraum. Dabei flüsterte er uns zu, daß sein Neffe bald kommen werde. Rolf bestellte Getränke, die der Wirt selbst brachte.
„Wie heißt eigentlich Ihr Neffe?" erkundigte sich mein Freund, „wir haben seinen Namen vergessen." „Li Chang, Sir", erwiderte der Wirt ruhig. Rolf nickte. Der Name stimmte also. Wir hatten den jungen Chinesen anscheinend in einem falschen Verdacht gehabt. Um so erfreuter waren wir jetzt. Vielleicht war es ihm gelungen, Barringtons Aufenthaltsort festzustellen. Dann wollten wir alles versuchen,
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