Rolf Torring 016 - Die Woelfe der Tarai
großer Eßraum, in dem an langen Tischen wohl dreißig Herren saßen Sie sprangen bei unserem Eintritt sofort auf. Dabei bemerkte ich, daß auch hier eine Anzahl der furchtbaren Hunde unter Bänken und Tischen lagen.
Thassa wies auf uns.
„Meine Herren, Sie werden sich wohl selbst miteinander bekannt machen Erzählen Sie, bitte, den neuen Herren die Arbeitseinteilung und die Pflichten, die Urnen auferlegt sind. Aus einem besonderen Anlaß, an dem Sie auch Anteil nehmen werden, gebe ich Ihnen für den Rest des Tages frei."
Er verbeugte sich höflich und verließ den Raum. Sofort trat ein älterer Herr auf uns zu:
„Gestatten, meine Herren, ich bin Oberst Allison. Als Ältestem ist mir von unseren Leidensgenossen der Rang des Führers eingeräumt worden. Ich bedaure Ihr Geschick lebhaft, so sehr es uns freut, neue Gesichter zu sehen und Neues zu hören."
Wir nannten unsere Namen, und der Oberst machte uns mit den anderen Herren bekannt. Es waren Offiziere, Forscher und Kaufleute, die im Lauf der Jahre von den Indern gefangen genommen waren. Der Oberst war bereits fünfzehn Jahre hier.
Er erzählte, daß der Inder und sein Sohn Thassa von jedem nur soviel Arbeit verlangten, wie er leisten konnte. Er lobte in gewisser Beziehung die Humanität, mit der die Gefangenen behandelt wurden. Aber selbstverständlich sprach aus jedem seiner Worte eine ungeheure Verbitterung.
„Haben die Herren niemals versucht zu entfliehen?" fragte Rolf.
„Das ist ganz ausgeschlossen," rief der Oberst .Diese furchtbaren Hunde begleiten uns überall. Jeder von uns bekommt bei der Arbeit auf den Feldern oder im Wald zwei dieser Wächter mit, die ihn sofort zerreißen würden, wenn er entfliehen wollte."
„Nun, ich sage ganz offen, daß ich nicht lange hierbleibe," meinte Rolf ruhig: .Und ich werde selbstverständlich alles versuchen, um die Herren ebenfalls zu befreien. Das ist wenigstens ein Abenteuer, wie ich es mir schöner garnicht vorstellen kann."
Alle Herren blickten meinen Freund er staunt an. Daß er von einem schönen Abenteuer sprach, wollte ihnen nicht recht in den Sinn.
4. Kapitel
Pongo meldet sich.
Eine lebhafte Debatte setzte ein. Jeder wollte uns überzeugen, daß ein Entkommen aus dieser Gefangenschaft völlig unmöglich war. Aber Rolf hielt diesem Redesturm lächelnd stand.
Ich wußte ja, daß er sich auf Pongo verließ, und freute mich schon im stillen auf die Mienen unserer Leidensgenossen, wenn sie den treuen Schwarzen erblicken würden.
Plötzlich wurde die Tür geöffnet, und Professor Stendrup trat strahlend mit zwei Damen ein, seiner Frau und Tochter. Die Freude der Herren über das Glück der Familie war unbeschreiblich. Man sah, wie beliebt die beiden Damen Stendrup waren.
Wir wurden von den Damen besonders herzlich begrüßt, denn der Professor hatte ihnen bereits erzählt, daß wir extra hergekommen seien, um sie zu suchen. Aber sie bedauerten ebenfalls, daß wir dadurch in diese Lage geraten wären.
Es war uns sehr angenehm, daß Stendrup anscheinend nichts von Pongo erzählt hatte. Und er sagte uns auch 6päter, daß er keine Hoffnungen erwecken wollte, die sich doch anscheinend nicht verwirklichen konnten.
Nachdem sich die Begrüßungsfreude gelegt hatte, teilte Frau Stendrup mit, daß das Essen fertig sei. Ich wurde sehr an meine Militärzeit erinnert als wir jetzt im Gänsemarsch zur Küche zogen und dort zuerst von einem Inder einen Blechnapf und ein Besteck erhielten .
Dann mußten wir am Herd vorbeimarschieren, und Frau Stendrup gab jedem eine reichliche Portion. Es gab Hirschfleisch, und der Oberst erklärte uns nachher im Eßraum, daß ständig mehrere Inder auf Jagd seien und die Ernährung sehr reichlich und kräftig sei.
Es wäre uns garnicht unangenehm gewesen, wenn wir schon am Nachmittag auf den Feldern hätten arbeiten können. Denn nur dann konnte sich Pongo uns nähern. So wurden wir im Lager umhergeführt, erhielten unsere Schlafplätze zugewiesen, und konnten uns überzeugen, wie vorzüglich der alte Inder sein Werk organisiert hatte. Es war alles vorgesehen. Anzüge, Wäsche. Arzneien, ja sogar eine kleine Bibliothek, die in einem .besonderen Raum, dem Lesesaal, untergebracht war.
Auch Schach- und Kartenspiele gab es, und wir konnten begreifen, daß manche der Herren sich mit ihrem Los anscheinend völlig ausgesöhnt hatten.
Nur der Oberst war sehr nachdenklich geworden. Er betrachtete immer wieder Rolf von der Seite und fragte mich mehrmals, ob ich auch wirklich der
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