Rolf Torring 017 - Das Geheimnis des Radschputen
das Gebäude zu, doch wenige Schritte von der Eingangstür entfernt bog der Schikari nach rechts ab. Dicht an den Mauern führte der Pfad jetzt um den Tempel herum, lief dann ungefähr hundert Meter geradeaus und endete auf einer kleinen Lichtung, an deren linker Seite ein kleiner Weiher blinkte.
Bei unserem Herannahen glitten von zwei mächtigen Bäumen drei weitere Inder herab. Sie liefen schnell herbei und erstatteten dem Fürsten ebenfalls Bericht. Bima Sahi nickte, deutete dann auf die Bäume und sagte zu uns:
„Dort oben sind die beiden Madjams eingebaut. Ich wollte ursprünglich den rechten Baum dort wählen, aber jetzt sehe ich, daß man von hier eine bessere Übersicht hat. Bitte, nehmen Sie diesen Stand."
Dieser Liebenswürdigkeit gegenüber konnten wir selbstverständlich nicht widersprechen und nahmen deshalb dankend an. Unsere Träger übergaben uns jetzt die schweren Büchsen und kletterten gewandt mit dem Proviant die Bäume empor. Es konnte ja sehr leicht sein, daß wir vierundzwanzig Stunden dort oben sitzen mußten.
Als Pongo aber jetzt erfuhr, daß er mit dem Fürsten zusammen auf der kleinen Plattform bleiben sollte, wäre er beinahe davongelaufen, und erst ein kleines Machtwort Rolfs konnte ihn bewegen, diese hohe Ehre anzunehmen.
Bevor wir jetzt selbst die Madjams bestiegen, gingen wir an den Weiher, um die verdächtigen Fußspuren zu betrachten. Unendlich viele Tierfährten führten ans Wasser, unter Ihnen die mächtigen Eindrücke der erwarteten Raubkatzen. Und mitten zwischen diesen Fährten war ein scharf ausgeprägter Menschenfuß zu erblicken.
„Ein flacher, absatzloser, leichter Schuh," stellte Rolf fest, „also bestimmt ein Eingeborener. Er muß einen langen Weg hinter sich gehabt haben, um sich hier an diesem gefährlichen Weiher zu laben. Vielleicht finden wir ihn doch im Tempel, und er entpuppt sich als harmloser Pilger."
3. Kapitel
Teufeleien der Gegner.
„Nun, auf keinen Fall wird er uns wohl schaden," lachte der Fürst, „und die Untersuchung des Tempels können wir ruhig nach der Jagd vornehmen. Wollen wir uns also jetzt auf die Hochsitze begeben? Sonst müssen wir unter Umständen sehr lange warten."
„Ich bin gern bereit," meinte Rolf, „obgleich ich ja dem geheimnisvollen Pilger gern nachgespürt hätte. Na, wenn er sich noch im Tempel aufhält, wird er uns ja nicht entgehen. Wann kommen die Leute zurück, Hoheit?"
Er deutete dabei auf die begleitenden Inder.
„Sie werden draußen an der Straße warten, bis ich zweimal je drei Schüsse aus meiner Pistole abgegeben habe. Das ist dann das Zeichen, daß sie kommen und uns abholen sollen."
„Sehr gut, dann wollen wir also jetzt die Madjams besteigen."
Die Inder hatten die Hochsitze ganz vorzüglich gebaut. Zum bequemen Aufstieg waren genügend starke Zweige vorhanden, über die wir wie auf einer Leiter emporklettern konnten. Als wir aber den starken, aus nebeneinandergelegten Ästen bestehenden Boden des Sitzes betraten, schwankte die luftige Plattform zwar ziemlich heftig, auch ließ sich lautes Knacken vernehmen, doch wir wußten, daß wir uns auf die Erfahrung der Schikaris im Bau derartiger Madjams unbedingt verlassen konnten.
Die Übersicht auf die Lichtung und den Weiher war ganz vorzüglich. Wenn sich hier Tiger an der Tränke zeigten, dann mußten sie uns unbedingt zur Beute fallen. Wir machten es uns so bequem wie möglich, nahmen unsere Büchsen auf den Schoß und blickten dann zur anderen Madjam hinüber, auf der Bima Sahi und Pongo dicht nebeneinander saßen und sich leise unterhielten.
"Jetzt möchte ich Pongos Gesicht sehen," lachte ich leise, "so verlegen wird er wohl selten im Leben gewesen sein. Es ist aber ein ganz großartiger Zug vom Fürsten, daß er ihn so zu sich heranzieht."
„Er wird es erstens aus Interesse an unserem schwarzen Freund tun," meinte Rolf, „dann aber auch, um uns dadurch indirekt zu ehren. Auf jeden Fall ist es nun aber auch in der Hinsicht angenehm, daß Bima Sahi jetzt unter dem besten Schutz steht. Es wird wohl kein Tiger, auch kein menschlicher Feind auf die Madjam gelangen, solange Pongo neben ihm sitzt."
„Das allerdings," gab ich zu. .Und auch im Palast ist unser Pongo ein unschätzbarer Schutz für uns alle. Hoffentlich erkennen die geheimen Feinde seine Gefährlichkeit nicht ebenfalls und trachten danach, ihn zuerst auszuschalten."
„Nun, das wird Pongo gegenüber nicht so einfach sein." lachte Rolf, »ich wenigstens möchte es nicht probieren. Ah,"
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