1026 - Blutige Vergangenheit
Hinter der Feuerwand stand die Küchentür offen. Daß auch Suko und Karen Sinclair etwas von den Ereignissen mitbekommen hatten, hörte ich an ihren Stimmen.
»John…! Was ist geschehen?« Suko brüllte in den Gang hinein, erschien aber noch nicht selbst. Die Antwort konnte ich mir sparen, er würde es gleich sehen.
Ich mußte raus, bevor diese verdammte Hölle zuschnappte. Weg aus dieser Lage, und es gab für mich die Chance, durch das zerstörte Fenster zu springen.
Noch hatten mich die Flammen nicht erreicht. Aber sie breiteten sich aus. Es würde nur Sekunden dauern, dann überfielen sie mich und würden mich ebenfalls in ein loderndes Bündel verwandeln.
Zum Fenster!
Geduckt lief ich hin. Die Hitze des Feuers verfolgte mich wie der heiße Atem eines Raubtiers. Er hätte mich zu einer schnellen Flucht veranlassen müssen. Da gab es noch mein Gefühl, meine innere Stimme, die mich warnte.
Ich würde vor dem Fenster eine wunderbare Zielscheibe abgeben, und das wollte ich nicht riskieren. Deshalb bewegte ich mich wie eine Ente, in diesem Watschelgang und blieb auch geduckt. Erst als ich die Fensterbank erreicht hatte, richtete ich mich etwas auf.
Ich peilte nach draußen.
Nichts war zu sehen.
Die Dunkelheit war dicht geworden.
Aber im Rücken wurde es heißer. Die Flammen waren nicht mehr zu löschen. Sie würden alles vernichten. Die Möbel, die Tapeten an den Wänden, die Decke und letztendlich auch die Menschen.
Daß es sich dabei um die Küche im Haus meiner verstorbenen Eltern handelte, daran wollte ich erst gar nicht denken. Irgend jemand war dabei, mir die letzte bleibende Erinnerung zu nehmen, denn der in der Küche gelegte Brand würde sich rasch weiter ausbreiten. Daran gab es nichts zu rütteln.
Ich stemmte mich noch höher, um auf die Fensterbank zu klettern, um mich von dort aus nach draußen zu katapultieren.
Da fiel der Schuß.
Er hörte sich nicht einmal laut an, weil das Fauchen des Feuers hinter meinem Rücken ebenfalls Geräusche abgab.
Die Wirkung bekam ich mit.
Etwas erwischte mich am Kopf. Ein mörderischer Schlag, ein Treffer wie mit dem Hammer. Ich hatte mich noch nicht zu weit nach vorn gedrückt, um in die Dunkelheit zu fallen, deshalb schleuderte mich der Treffer wieder nach hinten.
Ich fiel zurück in die Flammenhölle.
Das aber merkte ich nicht mehr!
***
Suko und Karen Sinclair hatten sich noch im Arbeitszimmer aufgehalten. John befand sich in der Küche, und Suko kam sein Fortbleiben etwas lang vor.
»Ist alles in Ordnung?« rief er vom Arbeitszimmer aus. Dabei stand er schon nahe der Tür.
Mit der Antwort hätte er nie und nimmer gerechnet. Plötzlich splitterte Glas. Suko wußte sofort, daß es nur eine Scheibe sein konnte, und in den nächsten Augenblicken hörte er ein Fauchen, das ihm nur allzu gut bekannt war.
Feuer hinterließ dieses Geräusch.
Suko sprang in den Gang hinein. Er sah das Feuer nicht direkt. Allerdings hatte sich sein Widerschein schon ausgebreitet, daß er durch die offene Küchentür in den Gang hineingeflossen war. Und dieses Spiel aus Licht und Schatten tanzte jetzt über den Boden.
Mehr brauchte Suko nicht zu sehen, um Bescheid zu wissen. Das Splittern der Scheibe, die kurze Explosion, das heftige Aufflackern des Feuers, das alles kam zusammen, und er konnte sich vorstellen, in welch gefährlicher Lage sich John befand.
Er mußte in einer Hölle stecken, aus der es nur schwer ein Entkommen gab.
Hinter ihm stand plötzlich Karen. Sie hatte etwas fragen wollen, aber Suko war schon unterwegs. Er hetzte der Küchentür entgegen, er sah dann die Flammen und hatte Mühe, sein Erschrecken nicht zu zeigen.
Die Küche war zu einem einzigen Flammenmeer geworden. In der gesamten Breite loderte das Feuer hoch, die Spitzen der Flammen tanzten an der Decke entlang, schwärzten sie und fraßen sie dort an.
Auch am Holz der alten Schränke glitten sie bereits entlang und würden es in kurzer Zeit in Brand gesetzt haben.
Suko sah noch mehr.
Sein Freund John versuchte das Entkommen durch das scheibenlose Fenster. Es war die beste Möglichkeit für ihn, denn durch die Feuerwand zu hetzen, wäre zu gefährlich gewesen.
John schaffte es nur halb.
Da glaubte auch Suko, einen Knall gehört zu haben, der durchaus von einem Schuß stammen konnte. Die Folgen sah er auf der Stelle.
John Sinclair zuckte zusammen, als ihn das Geschoß traf. Es war ihm nicht mehr möglich, sich auf der Stelle zu halten. Der heftige Schlag katapultierte ihn zurück und in
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