Rolf Torring 017 - Das Geheimnis des Radschputen
Er ahnte wohl die Gefährlichkeit dieses neuen Feindes, denn mit letzten, erlöschenden Kräften suchte er sich herumzuwerfen, um die riesige Gestalt da neben sich zu packen.
Aber da sauste schon das mächtige, haarscharfe Haimesser Pongos herab, von der übermenschlichen Kraft unseres schwarzen Freundes geführt. Die Bestie rollte sofort mit letztem Aufjaulen zur Seite, zuckte, einige Sekunden mit den riesigen Pranken und lag dann still.
Pongo hatte ihm mit einem Hieb die Wirbelsäule durchtrennt.
Und dann wandte er sich der Tigerin zu, die sich ebenfalls aufzurichten versuchte. Noch einmal wirbelte sein blitzendes Messer durch die Luft, dann war auch diese Bestie erledigt.
Mühsam befreiten wir uns jetzt von den Ästen und standen auf. Der Fürst war inzwischen ebenfalls von seiner Madjam hinabgeklettert und trat jetzt auf uns zu. Mit ernstem Gesicht schüttelte er uns die Hände und sagte:
„Meine Herren, ich danke dem Erhabenen, daß er Sie unverletzt aus dieser furchtbaren Gefahr hat kommen lassen. Es waren für mich entsetzliche Momente, als ich Sie in Ihrer Lage erblickte."
Einige Minuten betrachtete er stumm die beiden Tiger und fuhr dann fort:
»Ich werde meine Schikaris, die durch ihre Unachtsamkeit dieses Unglück herbeiführten, schwer bestrafen. Es ist allerdings das erstemal, daß eine Madjam herabgebrochen ist."
Rolf hatte sich herabgebückt und aufmerksam einige der abgebrochenen Äste betrachtet. Jetzt richtete er sich wieder auf und sagte sehr ernst:
»Hoheit, Ihre Schikaris werden keine Schuld haben. Hier sehen Sie selbst, die Äste waren halb durchgesägt Und es war offenbar ein Attentat auf Ihre Person, denn ursprünglich wollten Sie ja diese Madjam besteigen."
Bima Sahi betrachtete ganz verstört die glatten Schnittflächen der Äste. Und auch mich überlief es kalt, denn das war ein ganz heimtückisch und hinterlistig durchgeführtes Attentat. Und sofort kam mir der Gedanke an die Fußspur, die ja davon Zeugnis gab, daß sich nachträglich ein Mensch auf dieser sonst nie betretenen Lichtung aufgehalten hatte. Sicher hatte er nachts sein Verbrechen ausgeübt.
Gerade als ich meinen Verdacht aussprechen wollte, sagte Rolf:
»Jetzt müssen wir natürlich den alten Tempel untersuchen, denn es kann sein, daß sich der Verbrecher noch dort aufhält."
»So meinst du also auch, daß es der Mann war, dessen Fährte hier am Weiher zu sehen ist?" fiel ich ein.
»Ja, das denke ich," gab Rolf zu. „Er wird die Schikaris bei ihrer Arbeit belauscht und dadurch erfahren haben, daß der Fürst diese Madjam benutzen würde. Dann hat er in der vergangenen Nacht sein hinterlistiges Werk ausgeführt."
»Ich werde sofort meine Schikaris herkommen lassen," meinte jetzt Bima Sahi, »dann können wir den alten Tempel genau durchsuchen. Oder haben Sie einen anderen Plan?" fragte er, als Rolf ein zweifelndes Gesicht machte.
»Ich dachte ja daran, den Tempel allein zu untersuchen," sagte mein Freund, »denn es kann leicht sein, daß der Verbrecher, in der Nähe versteckt, den Erfolg seiner Schandtat abgewartet hat. Und wenn wir hier zu lange warten, findet er inzwischen Gelegenheit zur Flucht."
»Das ist auch richtig," gab der Fürst zu, »dann werde ich jetzt wenigstens die Schüsse abfeuern, und wir gehen dann sofort zum Tempel und durchsuchen ihn. Meine Schikaris müssen ja an ihm vorbeikommen. Und sie sind uns entschieden eine wertvolle Hilfe."
»Ja, so können wir es machen," nickte Rolf.
Der Fürst zog seine Pistole und gab das verabredete Signal. Dann verließen wir die Lichtung und schritten dem alten Bollwerk zu. Dem Rate Rolfs folgend, umschritten wir zuerst das Gebäude, dabei nach Fährten spähend. Besonders unter den Fensteröffnungen betrachteten wir den Boden ganz genau, denn wir wollten wissen, ob der geheimnisvolle Besucher des Weihers den Tempel betreten hätte. Der weiche Boden hätte jede Spur aufnehmen müssen, und als wir nun an der Eingangstür zusammentrafen, — ich war mit Pongo um die linke Seite des Tempels herum geschritten, Rolf mit dem Fürsten um die rechte — wußten wir, daß er kein Fenster zum Einstieg benutzt hatte, denn wir hatten keine Spur gefunden Und in die einzige Tür des alten Gebäudes, vor der wir jetzt standen, führte ebenfalls keine Fährte.
„Schade," meinte Bima Sahi leise, „jetzt wird wohl die Untersuchung keinen Zweck haben. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn wir den hinterlistigen Verbrecher angetroffen hätten."
„Alte Bauwerke haben
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