Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen
verleugnen zu lassen brauchen. Er hätte uns empfangen können, um uns sein Haus selbst zu zeigen."
„Weiterhin beweist das Erschrecken des indischen Dieners, Rolf, als du die Spinne erwähntest, daß er irgendwie an den Attentaten beteiligt ist," warf ich ein. „Oder der Inder hat die Spinne, die ihm nicht durch seinen Herrn längst bekannt ist, auch gesehen und glaubt an ein überirdisches Wesen. Dann wäre sein Erschrecken ebenfalls verständlich. Letzteres will mir aber nicht recht glaubhaft erscheinen."
„Die Schuld des Doktor Galla steht für mich so gut wie fest," sagte Rolf ernst und betont. „Also es bleibt dabei. Wir beide, Hans, dringen heute nacht in das Haus ein. Nach Mitternacht wird die günstigste Zeit sein. Sie, Herr Inspektor, passen mit Pongo auf. was sich ereignet! Sichern Sie sich aber auf jeden Fall auch, indem Sie durch eine Anzahl tüchtiger Beamter das Haus umstellen lassen, falls Sie, Herr Goulden, auch eindringen müssen, wenn wir über die verabredete Zeit fortbleiben."
4. Kapitel In schlimmer Lage
Die Nacht war für unser Vorhaben wie geeignet. Wir hatten uns nach einem verspätet eingenommenen Abendbrot im Dunkeln auf die Veranda gesetzt, rauchten Zigaretten und unterhielten uns im Flüsterton.
Bis gegen 23 Uhr war der Himmel völlig klar. Der Mond warf sein strahlendes Licht über den Garten, der fast taghell erleuchtet war. Dann zogen Wolken auf. Der Mond verkroch sich hinter ihnen. Schließlich erhob sich ein Sturm, der die Kronen der Bäume im Garten des Inspektors heulend durcheinander schüttelte.
„Sehr gut," meinte Rolf, „jetzt können wir nicht gesehen und kaum gehört werden. Komm, Hans, wir wollen jetzt schon gehen. Vielleicht ändert sich das Wetter bald wieder. Das wäre gefährlicher für uns. Also, Herr Inspektor, Sie postieren sich mit Pongo an der Mauer, genau gegenüber dem Hause des Doktor Galla. Ach so, auf wieviel Uhr haben Sie die Kriminalbeamten bestellt?"
„Sie werden bald kommen," erwiderte Goulden. „Ich wollte sie noch genau instruieren. Deshalb habe ich sie vor Mitternacht hierher beordert."
„Schön!" sagte Rolf. „Dann wollen wir es also so halten, daß Sie uns folgen, wenn wir innerhalb einer Stunde nicht zurückgekehrt sein sollten. Dringen Sie dann mit Gewalt in das Haus ein, wenn es nicht anders möglich ist! Ich werde mit roter Kreide kleine Kreuze machen, wenn wir eine Geheimtür finden sollten, durch die wir eindringen. Ich vermute, daß ein zweiter Eingang ins Haus vorhanden ist, genau an der vermauerten Stelle. Dort werden wir zuerst einzudringen versuchen."
„Sehr angenehm ist es mir nicht, daß Sie das Wagnis auf sich nehmen wollen," sagte der Inspektor. „Aber gegen Ihren Dickschädel rennt man ja vergeblich an."
Wir erhoben uns, um den gefährlichen Gang zu wagen. Auf Rolfs Veranlassung hatten die Diener des Inspektors noch am Abend zwei Bambusleitern angefertigt, die schmal und leicht, aber sehr stabil waren. Mit ihrer Hilfe wollten wir die hohe Mauer übersteigen, die die beiden Grundstücke trennte.
Im dunklen Garten war es unheimlich. Der Sturm brachte die mannigfachsten Geräusche hervor. Wenn wir dadurch auch schwer gehört werden konnten, so konnten auch wir kaum hören, wenn uns eine Gefahr nahte.
Als wir die Mauer durch einen der Tunnel, die in das dichte Gebüsch geschnitten waren, erreichten, fiel mir ein Umstand ein, der mir einen nicht gelinden Schrecken einjagte.
„Rolf," raunte ich meinem Freunde zu, „wenn nun eine der Riesenspinnen jetzt auf der Mauer einherläuft?"
„Das könnte recht unangenehm werden," gab Rolf zu. „Pongo kann uns starke Äste abbrechen. Damit streichen wir den Mauerrand entlang, bevor wir hinüber klettern. Wenn sich ein solches Untier oben befinden sollte, schleudern wir es mit dem Ast hinab."
Rolf unterrichtete Pongo leise. Der schwarze Riese brach sofort zwei Äste von gut zwei Zoll Stärke ab und kürzte sie auf reichlich einen Meter Länge. Das waren für alle Fälle recht gute Nahkampfwaffen, denn wenn wir auch die großen Pistolen am Gurt befestigt hatten und die Messer trugen, so war gegen die Spinnen ein Knüppel vielleicht die beste Waffe.
Rolf legte die eine Leiter an und kletterte empor. Nach wenigen Augenblicken stieß er ein Zischen aus, das ich gegen den Sturm gerade noch vernahm. Ich reichte ihm die zweite Leiter hinauf, die er auf der anderen Seite
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