Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen
er noch zu retten, ebenso Professor Cambrian."
„Das können nur Sie bemerkt haben, daß die beiden noch leben," zischte Doktor Galla wütend, „aber das nützt nichts! Sie müssen sterben, genau wie Sie! Das Gift wirkt ähnlich wie das Curare. Sie werden langsam ersticken. Sie persönlich sind mir zu gefährlich. Bei Ihnen muß ich ein schnell wirkendes Mittel anwenden. Hier ist übrigens das Gegengift! Ein Tropfen, in die Blutbahn geführt, bringt sofortige Genesung. Aber das Gegengift kann kein Arzt herstellen. Es wird im Saft einer Pflanze gebildet, die mein Geheimnis ist. Auch Professor Mack kann den Vergifteten keine Hilfe bringen. So, jetzt ist genug geredet, jetzt hole ich die großen Spinnen."
„Einen Augenblick bitte noch," sagte Rolf mit immer matterer Stimme, aber so eindringlich, daß Doktor Galla, der sich bereits zum Gehen gewendet hatte, noch einmal stehen blieb. „Mir wäre es schmerzlich, sterben zu müssen, ohne vorher gewußt zu haben, ob ich mich geirrt habe. Die Spinnen sind doch künstlich, nicht wahr? Die großen wie die kleinen, die uns oben im Netz in den wehrlosen Zustand versetzt haben."
„Ich habe sie selbst angefertigt," antwortete der Doktor. „Das würden die meisten Menschen nicht glauben, die sehen, wie sie sich bewegen." Doktor Galla machte einen stolzen Eindruck.
„Ich ahnte es, als mein Freund beim Übersteigen der Mauer mit den Stöcken, die wir zur Vorsicht mitgenommen hatten, gegen einen metallen klingenden Gegenstand schlug," sagte Rolf. „Sie sind mit einem Uhrwerk versehen. Nur begreife ich noch nicht, wie es möglich ist, daß sie im rechten Augenblick gegen den Arm eines Menschen losspringen, wie wir es soeben in Ihrem Laboratorium beobachtet haben, oder wie es Woodford geschehen ist." -
Doktor Galla rieb sich die Hände. Sein Totengesicht strahlte vor Freude. Eine teuflische Freude blickte aus seinen Augen. Da hatte ich zum ersten Male das Gefühl, daß Doktor Galla geistesgestört sein müßte. Vielleicht hatte der Schmerz um die verlorene Geliebte seinen Geist getrübt.
„Das ist eine kleine Erfindung, die mir prachtvoll geglückt ist," strahlte der Doktor. „Wenn die Körperwärme und die Hautausstrahlungen auf die eingebauten feinen Instrumente wirken, lösen sie ein Uhrwerk aus, das die Spinne in Richtung Körperwärme springen läßt. Wenn der Anprall erfolgt, schießen die beiden vergifteten Nadeln hervor. Ja, meine Spinnen sind kleine Kunstwerke! Hoffentlich hat es der Spinne, die ich ständig nachts auf der Mauer entlangwandern lasse, nichts geschadet, daß sie unsanft mit dem Stock herab geschlagen wurde. Aber der Gedanke ist auch wieder eines Rolf Torring würdig. Schade, meine Herren, daß ich Sie im Interesse meiner eigenen Sicherheit töten muß! Aber Sie sind wirklich zu gefährlich für mich. Das beweist auch Ihr Eindringen. Kein anderer Mensch hätte die Geheimtür gefunden!"
„O doch," sagte Rolf, da sich der Doktor schon zum Gehen wenden wollte, „jeder Mensch hätte den Stein finden müssen, der die Tür öffnet."
„Jeder Mensch?" fragte er verblüfft. „Warum meinen Sie das?"
Doktor Galla blieb sofort stehen.
„Weil Sie einen schweren Fehler begangen haben," sagte Rolf gedehnt. Ihm kam es jetzt auf jede Sekunde an.
„Einen Fehler?" Doktor Galla versank in Nachdenken. „Da muß ich überlegen."
Mit verschränkten Armen, den Kopf gesenkt, begann er auf und ab zu gehen. Ich freute mich innerlich. Rolf hatte es tatsächlich verstanden, ihn von der sofortigen Ausführung seiner Absicht, uns zu töten, abzulenken. Wenn ihm das weiter so gelang, konnten wir vielleicht doch noch befreit werden.
Einige Minuten verstrichen. Dann blieb Doktor Galla stehen und sagte mißmutig:
„Ich wüßte nicht, welchen Fehler ich begangen haben sollte. Es kann gar nicht möglich sein, denn ich habe die alte Geheimtür nur noch verbessert. Nein, es ist ganz ausgeschlossen!"
„Aber ich habe den Stein sofort gefunden," behauptete Rolf und brachte Doktor Galla damit noch mehr in Erregung. „Und ich behaupte weiter, daß auch jeder andere Mensch ihn sofort finden muß, wenn er nicht gerade mit Blindheit geschlagen ist. Auch dann noch müßte es ihm gelingen, wenn er etwas feines Fingerspitzengefühl hat."
„Halt, warten Sie!" rief der Doktor. „Fingerspitzengefühl! Das gibt der Sache ein neues Gesicht !"
Wieder begann er seine Wanderung. Ich
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