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Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen

Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen

Titel: Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Warren
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hätten fallen lassen, wenn sie unsere Namen gewußt hätten. Im stillen wunderte ich mich, daß Rolf beharrlich schwieg. Solange der Zug sich noch in Fahrt befand, hätten wir vielleicht den Täter ausfindig machen können. Wenn wir erst in Benares waren, würde er sich unter der Menge der aussteigenden, wartenden und einsteigen wollenden Menschen verlieren.  
      Rolf machte den Eindruck, als kümmerte ihn das Attentat auf den alten Herrn gar nicht. Ich kannte ihn aber zu gut, um nicht zu wissen, daß er sich nur den Anschein der Gleichgültigkeit gab. Ich hatte mich gefreut, die Schönheiten von Benares einmal in Ruhe genießen zu können, sah aber jetzt schon, daß das nicht möglich sein würde.  
      Doktor Haggin setzte sich neben den Bewußtlosen und beobachtete ihn aufmerksam. Ich achtete besonders darauf, daß er ihn nicht berührte, da mein Verdacht gegen ihn von Minute zu Minute stärker wurde. Er hatte bereits zugegeben, daß er sich mit den 'Giften der Vergessenheit' beschäftigt hätte. Der alte Herr aber war gerade im Begriff, den Namen eines Mannes zu nennen, als er den Stich erhielt, der ihm Bewußtsein und Gedächtnis raubte.  
      Sollte der Name, den der alte Herr nennen wollte, etwa „Haggin" gewesen sein? „Benares ist schön, wenn nur der Doktor ..." lauteten seine letzten Worte.  
      Vielleicht handelte es sich auch nur um eine persönliche Differenz zwischen dem alten Herrn und dem Doktor, dessen Namen auszusprechen er nicht mehr Gelegenheit fand. Die Differenz mußte allerdings sehr schwerwiegend sein, sonst wäre der alte Herr nicht durch ein Attentat verhindert worden, den Namen auszusprechen.  
      Ich verstand Rolf sehr gut. Es hatte keinen Zweck, im Zuge nach dem Täter zu suchen. Doktor Haggin, der uns gegenübersaß, war der Tat dringend verdächtig.  
      Er war Arzt, er war in der Nähe gewesen, er hatte sich mit dem „Gift des Vergessens" beschäftigt — bedurfte es noch weiterer Beweise? Für eine geschlossene Indizienkette langten die Tatsachen allerdings nicht, aber ein wichtiger Umstand kam hinzu: er war unaufgefordert kurz nach der Tat ins Abteil gekommen; er hatte als einziger Mitreisender beobachtet — seiner Angabe nach —, daß im Abteil ein Unglück geschehen sein mußte.  
      Wenn es den Ärzten im Krankenhaus gelang, dem Bewußtlosen das Gedächtnis zurückzugeben, würde der alte Herr ja den Namen nennen können, den er aussprechen wollte. Wahrscheinlich — so gingen meine Überlegungen — würde er „Doktor Haggin" sagen und den Grund der Feindschaft erklären.  
      Der Zug fuhr langsamer. Die Bremsen kreischten. Wir fuhren in den Bahnhof von Benares ein. Der Zugschaffner trat ans Fenster und winkte eifrig hinaus. Als der Zug hielt, stellte er sich an die Tür. Lärmend verließen die Reisenden den Zug. Das Stimmengewirr ebbte allmählich ab. Da betraten zwei Polizisten in Begleitung eines Zivilisten das Abteil.  
      Der Zugschaffner meldete, was vorgefallen war. Die beiden Polizisten blieben am Abteileingang stehen. Der Zivilist musterte uns kurz, aber eindringlich. Seine braunen Augen hatten einen scharfen Blick.  
      Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch. Er war sichtlich verwundert, daß wir beide seinem Blick standhielten. Das war er von Verbrechern eigentlich nicht gewohnt. Dann wandte er sich Doktor Haggin zu:  
      „Haben Sie den Herrn schon untersucht?" Der Arzt nickte, nannte seinen Namen und fuhr fort:  
      „Ich möchte darum bitten, daß ich den Vergifteten weiter behandeln darf. Auf dem Gebiete der Giftkunde bin ich sehr erfahren. Erkundigen Sie sich in Kalkutta nach mir; ich habe dort der Polizei schon wichtige Dienste geleistet."  
      „Sind Sie das erste Mal in Benares?" fragte der Beamte in Zivil, ohne auf die Bitte des Doktors einzugehen.  
      „Ich wollte mir die alte Stadt ansehen, ich habe mir Urlaub genommen. Aber ich scheine bereits wieder Arbeit gefunden zu haben. Der alte Herr wird meiner Ansicht nach sein Gedächtnis nie zurückerlangen. Ich verstehe mich auf die gefährlichen Gifte, in deren Herstellung die Inder Meister sind."  
      „In unserem Krankenhaus gibt es vorzügliche Ärzte," sagte der Zivilist kurz und kühl. „Ich glaube nicht, daß wir Ihr liebenswürdiges Angebot in Anspruch nehmen müssen. Nutzen Sie Ihren Urlaub, Herr Doktor, um sich Benares anzusehen. Sie, meine Herren, möchte ich bitten, mir zu einer kurzen Protokollaufnahme zu folgen. Peggins," wandte er sich an einen der beiden

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