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Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk

Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk

Titel: Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Warren
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Unternehmer mit einer Menagerie wilder Tiere von Afrika aus durch Indien ziehen würde und daß ihm ausgerechnet ein Gorilla entlaufen sein könnte, ohne daß man etwas davon in den Zeitungen gelesen hätte. Haben Sie das Tier mit eigenen Augen gesehen, Herr Rice?"  
      „Ja, Herr Torring! Und unter Verhältnissen, die ebenso eigenartig waren wie die Erscheinung an sich. Vielleicht ist Ihnen der Name der Stadt Baroda ein Begriff. Sie liegt etwa dreihundertundfünfzig Kilometer nördlich von Bombay. Dort ist meine Schwester mit einem Kaufmann Hearst verheiratet. Sie haben eine Tochter Maud. Das Kind ist vor fünf Wochen spurlos verschwunden. Meine Schwester telegrafierte mir, ich fuhr sofort nach Baroda. Aber ich konnte keine Spuren entdecken; meine Schwester war sehr enttäuscht, wie Sie sich vorstellen können. Auch der Polizei von Baroda gelang es nicht, etwas Auffälliges herauszufinden, das mit dem Verschwinden Mauds in Zusammenhang gebracht werden könnte. Dabei ist Maud nicht der einzige Fall. Im Gegenteil. Acht weiße junge Mädchen sind mit ihr plötzlich im Laufe der letzten Monate spurlos verschwunden. Als ich eines Abends am Rande des Meeres entlangging, sah ich — ihn."  
      Rice schwieg und strich sich über die hohe Stirn, als wolle er sich das Bild, das er damals sah, noch einmal plastisch vor Augen führen. Nach einer kurzen Pause gab er sich einen Ruck und erzählte weiter:  
      „Da oben liegt der ,Gulf of Cambay', von dem aus sich viele fjordartige Einschnitte nach Osten ins Land erstrecken. Am größten und nördlichsten Einschnitt liegt Baroda. Die Stadt bildet gewissermaßen den Abschluß des Einschnitts. Etwas südlich der Stadt ist die Szenerie des Strandes sehr wild. Zerrissene Felsen ragen in den Meeresarm hinein. Draußen liegt eine Unmenge kleiner Inseln, die eine üppige Vegetation bedeckt, die so dicht ist, daß kein Mensch auf den Inseln vorwärtskommen kann. Die Inseln sind das Eldorado allerhand Getiers. Kleine Affen gibt es in Menge, Vögel, die auch der Jäger kaum mit Namen kennt, sicher kommen auch Großtiere vor. Ich habe wiederholt den Versuch gemacht, in eine der Inseln einzudringen. Aber bei den vier, an die ich heranruderte, scheiterte der Versuch trotz aller meiner Bemühungen. Man hätte eine kleine Expedition ausrüsten müssen, die zunächst einen Pfad in den Urwald geschlagen haben müßte. Ich fand nicht das geringste Anzeichen dafür, daß je ein menschlicher Fuß dort an Land gegangen sei. Die eingeborenen Polizisten, die mich begleiteten, erzählten, daß die Inseln nie von Menschen besucht würden. Das hängt wohl auch mit einem Aberglauben zusammen. Es würde zu weit führen, davon jetzt zu berichten."  
      Wieder machte Rice eine Pause, ehe er zum eigentlichen Thema seiner Erzählung zurückkehrte.  
      „In Gedanken versunken ging ich den sehr schmalen Sandstrand entlang. Ich beschäftigte mich intensiv mit dem Verschwinden meiner kleinen Nichte, das damals schon vier Wochen zurücklag, da tauchte südlich von mir — kaum hundert Meter entfernt — eine hohe, massige Gestalt auf. Ich habe scharfe Augen. Aber in dem Augenblick glaubte ich, ihnen nicht trauen zu dürfen, denn die Gestalt vor mir schien ein großer Affe zu sein, ein — Gorilla. In seinen Armen trug er eine weißgekleidete Gestalt. Mit der Tigerbüchse hätte ich den Gorilla erreicht, aber ich hatte sie nicht bei mir, sie lag im Boot, das die eingeborenen Polizisten nicht verlassen hatten. Der Affe mit der weißen Gestalt In den Armen schritt langsam dem Meere zu. Ich ging, der Gefahr nicht achtend, schnell näher heran. Auf siebzig Meter Entfernung sah mich das Tier. Es ging aufrecht wie ein Mensch. Die Arme schienen mir kürzer als bei einem Gorilla. Es hätte sich kaum beim Aufrechtgehen auf sie stützen können. Aber das kann täuschen, denn das Tier hatte ja die Arme um die schmale weiße Gestalt gelegt. Als es mich sah, beschleunigte es seinen Schritt und lief — ins Meer hinein. Die Gestalt in den Armen des Affen hielt ich für ein Mädchen in weißen Gewändern."  
      Weder Rolf noch ich unterbrachen Rice durch eine Frage. Wir schwiegen auch, als Rice wieder eine Pause machte. Das Erlebnis mußte stark in ihm nachklingen. Feine Schweißperlen traten auf seine Stirn, die der Jäger mit einem Tuch abtupfte, ehe er seinen Bericht fortsetzte.  
      „Sie können sich vorstellen, meine Herren, daß ich mich beeilte, an das Tier näher heranzukommen. Als ich die Stelle

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