Romana Exklusiv 0197
beruhigen.
„So ist es immer, wenn ich mit meiner Mutter telefoniere. Wir reden uns fest und finden kein Ende. Ist bei Ihnen zu Hause alles in Ordnung?“
„Ja, danke. Es hat mir gutgetan, mit meiner Mutter zu sprechen.“
Lysan bemühte sich, den Einkaufsbummel mit Gabina zu genießen. Aber ihre Gedanken schweiften immer wieder zu Enrico. Sie bereute es sehr, ihn geohrfeigt zu haben. Noch nie zuvor hatte es jemand geschafft, sie so sehr zu reizen, dass sie die Beherrschung verlor. Es ist alles nur seine Schuld, sagte sie sich verzweifelt. Sie hatte ihn nicht gebeten, sie zu küssen. Aber ich habe es geschehen lassen und mich nicht gewehrt, gestand sie sich ehrlicherweise ein.
Lysan beschloss, sich lieber darauf zu konzentrieren, das richtige Weihnachtsgeschenk für Gabina auszusuchen, die ausgesprochen freundlich und liebenswert war und ihr immer Gesellschaft leistete.
Eigentlich wollte Lysan auch eine Kleinigkeit für Enrico erstehen, denn er war immerhin ihr Gastgeber. Und wenn sie Gabina und Enrico etwas schenkte, durfte sie Celso nicht vergessen. Aber ihr fiel beim besten Willen nichts ein.
Nachdem sie einen Platz in einem Café gefunden und Kaffee und Kuchen bestellt hatten, entschuldigte Lysan sich kurz und kaufte im Laden gleich nebenan die kleine Porzellanfigur, die Gabina zuvor in den Auslagen bewundert hatte. Jetzt habe ich wenigstens ein Geschenk für Gabina, dachte Lysan erfreut.
Als sie sich am Abend zum Dinner umzog, überlegte sie besorgt, ob Enrico erwartete, dass sie nicht zum Essen erschien. Immerhin hatte er ihr geraten, ihm aus dem Weg zu gehen. Nein, das Dinner hat er bestimmt nicht gemeint, beruhigte sie sich schließlich. Und dann konnte sie es kaum erwarten, ihn beim Essen zu sehen, obwohl sie ihm am Morgen unbedingt aus dem Weg hatte gehen wollen. Auf jeden Fall musste sie sich für die Ohrfeige entschuldigen.
Sie zog ein elegantes, durch den einfachen Schnitt verführerisch wirkendes Kleid aus schwarzer Seide an. Das Haar steckte sie zu einer eleganten Frisur zusammen, die ihr schönes Profil betonte. Sie wusste, wie gut sie aussah, und fühlte sich etwas selbstbewusster.
Gedankenverloren ging sie die Treppe hinunter, durchquerte die Eingangshalle und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Sogleich fiel ihr Blick auf Enrico – und Ondina Alvarez, die neben ihm stand. Ohne zu zögern und mit hocherhobenem Kopf, betrat Lysan den Raum.
„Hallo, Ondina! Nett, Sie wiederzusehen“, begrüßte sie Ondina betont freundlich.
„Hallo, Lysan“, erwiderte Ondina höflich, wandte sich jedoch gleich wieder Enrico zu und unterhielt sich mit ihm auf Spanisch.
„Was möchten Sie trinken?“, fragte Celso. Und während er ihr einen Martini holte, plauderte Lysan lebhaft mit Gabina. Sie ließ sich nicht anmerken, wie sehr sie sich über Enrico ärgerte. Wie hatte er es wagen können, Ondina einzuladen? Am Vorabend hätte er beinah mit ihr, Lysan, geschlafen, und keine vierundzwanzig Stunden später holte er Ondina ins Haus! Am liebsten hätte Lysan ihm jetzt auch noch eine Ohrfeige auf die andere Wange versetzt.
Plötzlich spürte sie, dass er sie anschaute. Gleichgültig erwiderte sie seinen Blick, bis Enrico sich wieder mit Ondina beschäftigte und über etwas lachte, das die attraktive Frau mit den dunklen Augen gesagt hatte.
Ich hasse ihn, dachte Lysan zornig. Dann fragte sie Gabina lächelnd, ob sie ein Geschenk für ihre Mutter gefunden habe.
Beim Dinner entspann sich eine lebhafte Konversation, aber Lysan war der Appetit vergangen. Es gelang ihr jedoch, sich nichts anmerken zu lassen. Da Enrico noch kein Wort mit ihr gewechselt hatte, nahm sie an, es würde den ganzen Abend so weitergehen. Aber es kam anders. Als die anderen auf einmal spanisch miteinander redeten, nachdem man sich sonst mit Rücksicht auf sie immer auf Englisch unterhalten hatte, stellte sich heraus, dass er sie nicht ganz vergessen hatte.
„Unser Gast möchte sich bestimmt an dem Gespräch beteiligen“, warf er freundlich ein.
„Es tut mir leid“, entschuldigte Gabina sich sogleich. „Ich habe versucht zu erklären, warum mir Puerto Varas viel besser gefällt als jeder andere Ort.“
„Das ist nicht schlimm“, antwortete Lysan und fügte lachend hinzu: „Es ist ja auch meine Schuld, denn ich hätte mich ja bemühen können, Ihre Sprache zu lernen.“
„Haben Sie auch einen Lieblingsort?“, fragte Gabina.
Lysan zögerte. Sie hatte sich so richtig in dieses Fleckchen Erde hier verliebt, wollte es aber
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