Romana Exklusiv 0197
gelang es ihr dann doch, sich von ihm zu lösen.
Er hob das Negligé auf, das auf einem Stuhl neben dem Bett lag. „Hier, ziehen Sie es über“, forderte er sie schroff auf, während er ihre Brüste betrachtete, deren Spitzen sich deutlich unter dem dünnen Seidennachthemd abzeichneten. Seine Miene war reglos, nur ein Muskel an seiner Schläfe zuckte leicht.
Lysan nahm das Negligé und zog es hastig an. „Wo soll ich den Anruf entgegennehmen?“, fragte sie und strich sich das Haar aus dem Gesicht.
„Kommen Sie mit.“ Unvermittelt drehte er sich um und eilte zur Tür.
Lysan folgte ihm die Treppe hinunter in sein Arbeitszimmer, wo er auf den Apparat wies.
Sie ging an ihm vorbei, nahm den Hörer und meldete sich:
„Hallo?“
„Du hast aber lange gebraucht“, beschwerte Noel sich gutgelaunt.
„Noel!“, rief sie. „Ist etwas passiert?“
„Nein. Ich bin gerade ins Büro gekommen, und mir ist eingefallen, dass deine Mutter gestern Abend erwähnt hat, du würdest bei Enrico Viveros wohnen. Ich wollte dich einfach einmal anrufen und deine Stimme hören.“
„Du hast wohl ganz vergessen, dass es hier erst sechs Uhr morgens ist.“
„Oh, verdammt! Ist es schlimm, dass ich dich geweckt habe?“
„Nein, überhaupt nicht“, beruhigte sie ihn. „Lieb, dass du anrufst.“ Als sie ein Geräusch hinter sich hörte, drehte sie sich um. Enrico hielt sich immer noch im Raum auf. Sie wünschte, er wäre so taktvoll wie Gabina und würde sie beim Telefonieren allein lassen. Offenbar hatte er bereits an seinem Schreibtisch gearbeitet und wartete jetzt ungeduldig darauf, dass sie das Gespräch beendete, weil er weitermachen wollte.
„Gefällt es dir in Chile?“, fragte Noel und fügte ernst hinzu: „Vermisst du mich wenigstens ein bisschen?“
Plötzlich wurde ihr klar, dass sie ihn nur wie einen Bruder liebte. Andere Gefühle empfand sie nicht für ihn. Sie würde es ihm irgendwann sagen und die Verlobung lösen müssen, auch wenn sie ihn damit sehr verletzte.
„Natürlich, aber es ist einfach fantastisch hier“, erwiderte sie, während ihr Tränen in die Augen traten, als sie daran dachte, wie unglücklich Noel sein würde.
„Hoffentlich willst du trotzdem zurückkommen“, sagte Noel und klang dabei leicht beunruhigt.
Was sollte sie tun? Sie konnte ihm unmöglich am Telefon erklären, dass sie ihn nicht heiraten würde. Sie war ihm zumindest eine persönliche Aussprache schuldig. „Ich … freue mich darauf, bald wieder zu Hause zu sein“, antwortete sie langsam.
„Gut. Ich muss jetzt Schluss machen. Vergiss nicht, ich erwarte zwei Geschenke von dir, eins zu Weihnachten und eins zu meinem Geburtstag, denn dummerweise bin ich Weihnachten geboren, wie du weißt!“, scherzte er.
„Du wirst schon dafür sorgen, dass ich es nicht vergesse“, erwiderte Lysan sanft und fühlte sich unbehaglich. Nachdem sie sich verabschiedet hatte, hätte sie sich am liebsten in der hintersten Ecke verkrochen und sich die Augen ausgeweint.
Mit Tränen in den Augen drehte sie sich um und bemerkte, dass Enrico genau hinter ihr stand und ihr den Weg versperrte. „Sie vermissen ihn offenbar so sehr, dass Sie Tränen vergießen!“ Er sah sie durchdringend an.
Schlagartig wurde ihr klar, dass sie ihn liebte. Irgendwie hatte sie es schon gespürt, als sie sich noch mit Noel unterhalten hatte. Sie rang nach Luft. Ich darf Enrico unter keinen Umständen meine Gefühle zeigen, dachte sie. Er durfte nie erfahren, was sie für ihn empfand.
„Natürlich vermisse ich Noel“, gab sie heftiger als nötig zurück, um ja keine Zweifel aufkommen zu lassen. „Er ist immerhin mein Verlobter!“
„Ach ja! Er musste wohl erst anrufen, damit Sie sich wieder daran erinnern!“
Lysan fragte sich, wie es möglich war, dass sie ihn gleichzeitig hasste und liebte. Natürlich wusste sie, worauf er anspielte, und sie hatte nicht die Absicht, darum herumzureden. Das war noch nie ihre Art gewesen.
„Ich erinnere mich sehr gut an das, was passiert ist!“ In ihren Augen blitzte es ärgerlich auf. „Ich habe auch nicht vergessen, dass Sie mit den Umarmungen angefangen haben und nicht umgekehrt!“
„Und Sie haben sich natürlich gewehrt!“ Der Sarkasmus in seiner Stimme war nicht zu überhören.
„Sie verdammter Kerl! Ich habe endgültig genug von Ihnen!“, warf sie ihm an den Kopf und hätte Enrico am liebsten wieder geohrfeigt. Doch sie beherrschte sich, eilte an ihm vorbei aus dem Raum und die Treppe hinauf.
In ihrem Zimmer
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