Romana Exklusiv 0197
essen?“
Lysan wandte den Blick ab und versuchte, ihre Gefühle in den Griff zu bekommen.
„Habe ich schon erwähnt, dass ich schrecklich hungrig bin?“, fragte sie leise und ein bisschen spröde.
In seinen Augen blitzte es amüsiert auf. „Kommen Sie, wir gehen in den Speisesaal.“ Er stand auf und ging ihr voraus.
Lysan folgte ihm. Doch obwohl sie behauptet hatte, hungrig zu sein, achtete sie dann kaum darauf, was sie aß.
Während sie sich schweigend auf das vorzügliche Essen konzentrierten, hatte Lysan plötzlich das Gefühl, irgendetwas sagen zu müssen. Ihre innere Anspannung und Nervosität wurden immer unerträglicher. Während sie nach einem unverfänglichen Gesprächsthema suchte, fiel ihr Blick auf das Etikett des Weins, den Enrico ausgesucht hatte.
„Stammt er aus Ihrem Weingut?“ Sie wies auf die Weinflasche.
Enrico schüttelte den Kopf. „Nein. Manchmal probiere ich andere Weine. Er stammt aus dem Weingut Puente Alto. Wie schmeckt er Ihnen?“
„Schicken Sie mich zur Strafe auf mein Zimmer, wenn ich sage, dass ich ihn ausgesprochen gut finde?“ Sie lächelte ihn an.
Er betrachtete aufmerksam ihr Gesicht, die Lippen und das aschblonde Haar, dann sah er ihr tief in die Augen. „Wer könnte Ihnen schon etwas übelnehmen oder Ihnen irgendeinen Wunsch abschlagen?“, fragte er ruhig.
Dann hätte ich gern Sie, ich möchte bei Ihnen bleiben und Sie lieben, hätte sie am liebsten geantwortet. Aber diesen Wunsch würde er ihr natürlich nicht erfüllen, dessen war sie sich absolut sicher. Daher wäre sie lieber gestorben, als offen auszusprechen, was sie für ihn empfand.
„Es tut mir leid, dass Sie extra hergekommen sind“, erklärte sie schließlich, nur um etwas zu sagen, und ärgerte sich sogleich über die ungeschickte Bemerkung.
Doch zu ihrer Erleichterung reagierte Enrico ziemlich humorvoll. „Soll ich mit der nächsten Maschine zurückfliegen?“, fragte er gespielt ernst, konnte sich aber das Lachen nicht verkneifen.
„So habe ich es doch gar nicht gemeint!“
Glücklicherweise kam genau in diesem Augenblick ein Kellner an ihren Tisch und räumte die Teller weg, während ein anderer sich erkundigte, ob sie noch Wünsche hätten, und die Bestellung aufnahm.
Nachdem man ihnen das Dessert, eine feine Karamellcreme, und den Kaffee serviert hatte, fragte Enrico plötzlich: „Wie haben Sie es denn gemeint?“
„Oh, ich habe gedacht, Sie hätten meine Bemerkung schon vergessen.“
„Wie könnte ich etwas vergessen, das Sie betrifft, Lysan!“
Er ist wirklich umwerfend charmant und viel zu gefährlich für mich, ging es Lysan durch den Kopf. Da er offenbar nicht bereit war, das Thema fallenzulassen, musste sie sich rasch eine Erklärung ausdenken. „Also, ich meine, dass ich mich eigentlich bei Ihnen entschuldigen sollte, weil Sie meinetwegen Ihre Arbeit vernachlässigen.“
Er schaute sie ausdruckslos und schweigend an. Lysan wünschte, er würde endlich reden. Aber er tat es nicht, und sie befürchtete, ihn mit ihrer mehr oder weniger heimlichen Abreise viel mehr verletzt zu haben, als sie angenommen hatte.
„Ich finde die Landschaft einfach zauberhaft“, fuhr sie deshalb rasch fort. „Ich habe mich in Ihrem Haus sehr wohl gefühlt, aber …“
„Warum sind Sie dann weggegangen?“, unterbrach er sie.
Du liebe Zeit, wie komme ich aus der Sache wieder heraus?, überlegte sie und antwortete: „Ich wollte mich nicht zu sehr daran gewöhnen und mein Herz daran hängen.“ Sie lächelte ihn an.
„Könnten Sie sich vorstellen, in Chile zu leben?“, fragte er so ernst, dass sie Herzklopfen bekam. Wahrscheinlich war es jedoch nur eine ganz harmlose Frage ohne tiefere Bedeutung.
„Führen Sie mich nicht in Versuchung“, erwiderte Lysan betont unbekümmert. „Sonst werden Sie mich vielleicht nicht mehr los!“
Als sie dann seinem nachdenklichen und rätselhaften Blick begegnete, stieg Panik in ihr auf. Hatte sie ihm etwa unbewusst ihre Gefühle verraten? Ahnte er, dass sie sich nicht nur in die Landschaft und das Haus, sondern auch in ihn verliebt hatte?
„Aber keine Sorge, ich komme hier gut allein zurecht“, fügte sie vorsichtshalber hinzu.
„Wollen Sie mir damit etwas Bestimmtes sagen?“
Sie schaute ihn an, betrachtete sekundenlang seine kühle Miene und wusste plötzlich, dass sie ihn nicht noch einmal beleidigen durfte. Die ganze Situation kam ihr wie eine Gratwanderung vor, bei der man jeden Augenblick mit dem Absturz rechnen musste. Lysan atmete tief
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