Romana Gold Band 13
vage Vermutungen, fürchte ich, Olivia“, sagte er trocken. „Schön, es stimmt, dass ich gern allein bin. Aber daraus kannst du noch lange nicht schließen, dass ich die Menschen nicht mag. Manche mag ich, andere nicht. Ich habe viele Freunde, ganz zu schweigen von Mitarbeitern, die ich mag und denen ich vertraue. Wenn du allerdings auf meinen Halbbruder anspielst, den mag ich nicht, und ich vertraue ihm noch viel weniger, und das aus gutem Grund, wie du weißt. Er hat mich vom Tag meiner Geburt an gehasst. Er wollte der einzige Sohn meines Vaters sein. Natürlich hat er auch meine Mutter gehasst und ihr das Leben zur Hölle gemacht. Als er bei der Testamentseröffnung feststellte, dass mein Vater mir ein paar Schiffe und diese Insel hinterlassen hatte, war er so wütend, dass ich glaubte, er würde mich auf der Stelle umbringen. Seit dem Tag hat er danach getrachtet, mir alles wegzunehmen, was mein Vater mir vermacht hatte. Ich wusste es, war immer auf der Hut … Es war Pech, dass Leon so plötzlich starb und mich damit verwundbar machte. Ich hätte alles verkraftet: die steigenden Zinsen, das Sinken der Nachfrage, die Havarie eines meiner Schiffe. Aber Leons Tod hat mir den eigentlichen Schlag versetzt.“
Olivia sah die ehrliche Trauer in seinen dunklen Augen. „Du hast ihn wirklich sehr gemocht, nicht wahr?“
Max nickte. „Er war mein bester Freund, wie ein zweiter Vater. Er glaubte an mich, und ich habe ihm restlos vertraut. Einem Menschen wie Leon begegnet man nicht oft im Leben. Ja, der Verlust meiner Firma ist nichts im Vergleich damit, dass ich diesen Freund verloren habe.“
Olivia konnte seinen Schmerz nachempfinden. „Wie wirst du dich fühlen, wenn Konstantin deine Insel ersteigert?“, fragte sie leise.
Seine Mundwinkel zuckten. „Was glaubst du, wie ich mich fühlen werde?“
Sie zögerte betroffen. „Es wird dir nicht gefallen“, flüsterte sie dann, und Max lachte grimmig.
„Du bist so verdammt englisch, Olivia! Starke Gefühle erschrecken dich, nicht wahr? Was du dir wünschst, sind nette, sanfte, sichere Gefühle. Du bist wie ein Schiff, das nie den Hafen verlässt, weil es auf stürmische Winde treffen oder auf einen Felsen auflaufen könnte. Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass du, bei aller Sicherheit, die dir dein kleiner Hafen bieten mag, nie in den Genuss jenes Hochgefühls gelangen wirst, das die Bereitschaft zum Risiko mit sich bringt?“
„Mag sein, aber ich werde wenigstens nicht ertrinken“, erwiderte sie heiser.
„Du bist ein Feigling.“
Olivia sah ihn trotzig an. „Das bin ich nicht mehr. Ich habe dir doch gesagt, dass ich mich meinem Vater stellen werde.“
„Und dem Leben? Wirst du dich auch dem Leben stellen? Das ist die Frage.“ Er schüttelte spöttisch den Kopf. „Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass du deinen sicheren Hafen verlässt und dich auf die hohe See hinauswagst. Du etwa?“
Unwillkürlich dachte Olivia an die haushohen, grünlich schwarzen Wellen, in denen sie gestern Abend um ihr Leben gekämpft hatte … an die Qual, die es bedeutet hatte, gegen diese übermächtigen Gewalten anzuschwimmen … und an den Moment, als ihr klar wurde, dass sie ertrinken würde.
Max’ Blick ruhte eindringlich auf ihrem bleichen Gesicht. Sie spürte die unbändige Willenskraft in diesem Blick, spürte, wie sie selber schwach wurde und unter dem Ansturm ihrer leidenschaftlichen Gefühle unterzugehen drohte. Als Max einen Schritt auf sie zumachte, zuckte sie zusammen. „Fass mich nicht an!“
„Warum nicht? Wir wollen es doch beide“, flüsterte er und fasste sacht in ihr Haar. „In dem Moment, als ich dich damals am Strand von Korfu zum ersten Mal sah, begehrte ich dich …“
Olivia wünschte sich, sie hätte abstreiten können, dass es ihr genauso ergangen war. Aber Max’ Hand lag an ihrem Hals, er musste spüren, wie ihr Herz raste. Es machte sie zornig, dass sie ihre Gefühle so schlecht verbergen konnte. „Es kann dir nicht allzu viel bedeutet haben, denn ich habe nach jenem Tag nie wieder etwas von dir gehört! Du hattest mich vergessen.“
Seine dunklen Augen blitzten auf. „Das ist nicht wahr! Ich habe dich nie vergessen. Aber ich konnte mich nicht bei dir melden, denn ich hatte deinem Vater mein Wort gegeben.“
Olivia erstarrte, sah ihn ungläubig an. „Meinem Vater? Wovon redest du?“
„An jenem Abend auf Korfu, als wir von dem Segeltörn nach Paki zurückgekommen waren, sagte er mir, dass du noch viel zu jung seist, um
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