Romana Gold Band 15
geöffnete Tür kam.
Hinter ihr, in dem kleinen Wohnzimmer ihrer Londoner Wohnung, ließ sich lautes Kindergebrüll vernehmen. Johnny hatte Hunger und war ungeduldig, wie immer um diese Zeit, wenn eine Mahlzeit angesagt war.
Sie sah das Flackern in den Augen des Spaniers und reckte sich beschützend. Sie ermahnte sich, dass diese unangenehme Situation schließlich nur ein paar Minuten dauern würde, und dann wäre diese ganze unangenehme Geschichte endgültig erledigt.
Johnny, ihr Liebling, ihr Augapfel, war natürlich aus dem Begriff „unangenehm“ ausgeschlossen …
„Señorita Soames?“ Er wiederholte die Frage. Seine sinnliche Stimme mit leichtem Akzent nahm einen stahlharten Unterton an, vielleicht war es Ungeduld, hervorgerufen durch das Gebrüll eines hungrigen Babys im Hintergrund. „Wenn Sie erlauben.“
Eine starke braune Hand zeigte auf das Innere der Wohnung, und Cathy fuhr sich mit den Fingern durch das silberblonde Haar.
„Natürlich“, erwiderte sie resignierend. „Kommen Sie herein, Señor Campuzano.“ Er würde nicht lange bleiben. Nur gerade so lange, wie sie brauchte, um ihm zu versichern, dass seine einflussreiche Familie keine Angst vor Erpressung, gleich ob gefühlsmäßiger oder anderer Art, zu haben brauchte. Dann würde sie ihn wieder zur Tür geleiten.
Sie hatte erwartet, dass der schwarz gekleidete Gast aus Jerez, der Kopf einer der reichsten und respektiertesten Sherry-Familien Spaniens, sich mit unverhohlener Verachtung in dem winzigen Raum umsehen würde. Überall lagen Baby- und Malerei-Utensilien herum. Auch ihre Anstrengung, das Zimmer so hübsch und praktisch wie möglich einzurichten, konnte nicht verheimlichen, was diese Wohnung war: eine überfüllte, viel zu kleine Unterkunft in einem der heruntergekommenen Viertel der Stadt.
Aber sein Blick war nur auf das Baby gerichtet. Ein unbestimmbarer Blick, der Cathy erneut schaudern ließ. Johnny, fünf Monate alt, war ein kräftiges Kind und wusste bereits genau, was er wollte. Bis jetzt hatte es nur wenige Menschen in seinem Leben gegeben, und er starrte den großen Fremden aus ernsten Augen an. Javier Campuzano hätte blind sein müssen, um nicht die Familienähnlichkeit in den grauen Augen, in dem seidigen schwarzen Haar und der leicht olivfarbenen Haut zu erkennen.
Aber dann erinnerte sie sich mahnend, dass sie ja nicht wollte, dass er die Familienähnlichkeit erkannte. Sollte er doch sagen, was er zu sagen hatte, wieder gehen und nie wiederkommen.
Und dann lächelte Johnny, zeigte zwei winzige neue Vorderzähnchen. Und Javier Campuzano lächelte zurück. Mit solcher Überzeugung und aus vollem Herzen, dass es ihr fast den Atem raubte. Doch dann setzte ihr Beschützerinstinkt ein, und sie nahm das Kind aus der Schaukel auf den Arm.
In die Enge getrieben, sah sie den Onkel des Kindes mit geröteten Augen an.
„Ich weiß, Sie kommen im Auftrag Ihres Bruders Francisco“, sagte sie hastig. Ihr Puls beschleunigte sich, als das strahlende Lächeln auf seinem Gesicht zu einer harten Maske erstarrte. Aber es war besser, das Ganze so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. „Ich – wir“, korrigierte sie sich, „werden keinerlei Ansprüche an Ihre Familie stellen.“ Nicht zum ersten Mal wünschte sie sich, dass Cordy diesen zweiten Brief nie geschickt hätte. Das Schweigen nach dem ersten Brief war deutlich genug gewesen.
Francisco Campuzano, der jüngere Bruder aus der distinguierten Familie, deren Geschäftsbereich weit über Weinberge, Bodegas und Exportgeschäfte hinausging, hatte offensichtlich die Tatsache ignoriert, dass er Vater eines Sohnes war. Das Schweigen nach diesem ersten Brief, in dem Cordy ihm mitgeteilt hatte, dass sie ein Kind von ihm erwartete, hatte deutlich gezeigt, dass er es vorzog, die Nacht zu vergessen, die er mit der blonden Engländerin verbracht hatte, die zu einem Model-Termin in Sevilla gewesen war. Für ihn war sie nur ein Abenteuer von vielen.
Dass das Oberhaupt der Familie jetzt hier war, konnte nur heißen, dass er sicherstellen wollte, dass die Mutter des Kindes auch in Zukunft keinerlei Anrecht auf den Reichtum der Campuzanos erhalten würde. Aber das soll mir recht sein, dachte sie und lächelte zu Johnny hinunter, der jetzt mit seinen kleinen Fingern nicht gerade sanft ihr Gesicht erkundete.
„Ma-ma-ma-ma …“
Für einen Moment vergaß Cathy die Anwesenheit des Spaniers, ihr Lächeln wurde breiter. Sie machte kein Hehl daraus, dass sie es genoss, dass Johnny, der
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