Romana Gold Band 15
erst vor wenigen Tagen seine ersten verständlichen Laute ausgestoßen hatte, sie als seine Mutter anerkannte. Und sie war seine Mutter, wenn auch nicht im biologischen Sinn, so doch in jeder anderen Hinsicht, die zählte. Wenn mit der Adoption alles glattginge, dann würde sie auch legal seine Mutter sein. Sie würde nie im Leben verstehen, wie Cordy den Jungen so einfach hatte aufgeben können.
Doch dann wurde Cathy wieder bewusst, dass sie nicht allein im Raum war. Das zärtliche Lächeln von ihrem Gesicht verschwand, und sie erwiderte den starren Blick des Gastes, der sie von oben bis unten musterte. Ein taxierender Blick, der sie sich ihres Körpers bewusst werden ließ und der ihr auf der Haut brannte.
„Ja, ich erkenne Sie wieder“, stellte Campuzano mit kühler Bestimmtheit fest – eine Bemerkung, die ein fragendes Stirnrunzeln bei Cathy hervorrief. Er machte einen oder zwei Schritte zurück, wobei er darauf achtete, die Staffelei zu umgehen. „Auf dieser Party in Sevilla trugen Sie den Glanz Ihres Berufes zur Schau. Ich war nur kurz da, eher eine Pflicht. Sie waren in der Gruppe, die für die Werbebroschüre meines Hotels Fotos gemacht hat. Aber ich war lange genug anwesend, um zu sehen, wie Sie und Francisco sich benommen haben.“ Seine Stimme verebbte, dann fuhr er bestimmt fort: „Und nachdem ich das Kind gesehen habe – wollen Sie mir nicht seinen Namen nennen? –, werde ich Ihre Forderungen akzeptieren müssen.“
Er hielt sie für Cordy! Cathy hätte hysterisch auflachen können. Cordy würde wild werden, wenn sie erführe, dass jemand die beiden Schwestern verwechselte! Aber eine innere Stimme ermahnte sie, Vorsicht walten zu lassen und nichts zu sagen. „Er heißt John“, antwortete sie spröde.
Sie hatte gelernt, vorsichtig zu sein, oder besser gesagt, hatte es lernen müssen, als ihre Mutter gestorben war und sie für ihre jüngere Schwester verantwortlich geworden war. Schon damals war Cordy nicht einfach gewesen. Dickköpfig, eitel und bereits jene Zeichen zeigend, die später dazu führten, dass sie ihr Kind so ohne Weiteres aufgegeben hatte. Cathy war zwar entsetzt, aber nicht erstaunt gewesen, als sie von Cordys Schwangerschaft erfahren hatte.
„Juan.“ Javier Campuzano sprach den Namen spanisch aus. Cathy verbiss sich den Kommentar, der ihr auf der Zunge lag. Sie nahm das Baby höher auf ihre Hüfte. „Sie werden uns entschuldigen müssen.“ Sie drückte ihre Wange an das kleine Gesichtchen. Jeden Moment würde er mit der ganzen Kraft seiner fünf Monate losbrüllen, weil er noch nichts zu essen bekommen hatte. „Ich muss den Jungen füttern.“ Und als – so hoffte sie – Abschiedsbemerkung: „Ich habe es bereits gesagt: Wir stellen keinerlei Forderungen.“
„Wir?“ So leicht wurde man ihn nicht los, wie sie feststellte. Der Blick unter den zusammengezogenen Augenbrauen richtete sich auf ihre unberingte Hand. „Wer ist ‚wir‘?“
„Natürlich Johnny und ich.“ Ihre verantwortungslose Schwester hatte ihr den Jungen überlassen und damit auch gleichzeitig ihre eigenen möglichen Ansprüche aufgegeben.
„Ah.“ Etwas wie Erleichterung schien sich auf dem markanten Gesicht auszubreiten. „Aber – er ist wohl kaum alt genug, um solche Entscheidungen zu treffen, nicht wahr?“ Campuzano sah sie verächtlich an. „Und Sie?“ Sein Mund verzog sich arrogant. „Wollen Sie mir erzählen, dass Sie eine neue Reife und ein plötzliches Verantwortungsbewusstsein gefunden haben?“
Sie unterdrückte den Impuls, ihm entgegenzuschleudern, dass er nicht die Frau vor sich hatte, die er glaubte vor sich zu haben. Jene Frau, die verantwortungslos genug gewesen war, sich einem Mann hinzugeben, den sie nur ein paar Stunden zuvor kennengelernt hatte. Jene, die so unreif gewesen war, sich einem Mann hinzugeben, ohne entsprechende Vorkehrungen getroffen zu haben. Und zu ihrem Entsetzen spürte Cathy, dass ihr das Blut ins Gesicht schoss. Er musste ihr Rotwerden als Eingeständnis gewertet haben. Er lächelte frostig. „Sehen Sie, das glaube ich auch nicht.“
Seine Anwesenheit füllte den Raum, schien die Luft mit elektrischer Spannung aufzuladen. Sie drückte das Baby an sich. Sie hatte gut daran getan, ihrem ersten Instinkt zu folgen, denn jetzt sagte er gefährlich leise: „Forderungen können immer von zwei Seiten gestellt werden, Señorita. Sie können Ihre Ansprüche aufgeben, das ist Ihr gutes Recht. Aber ich habe nicht die Absicht, meine aufzugeben. Und das ist mein
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