Romanze im spanischen Schloss
handelte es sich bei den Gutsbesitzern um eine alte Adelsfamilie.
„Señor Goyo?“
Er drehte sich zu ihr um.
„Sind Sie Don Remigio?“
„Ja. Doch für Sie bin ich Remi, schon vergessen?“, mahnte er sie sanft, ehe er das Handy entgegennahm.
Natürlich hatte sie das nicht. Dass er aus so vornehmen Kreisen stammte, änderte allerdings einiges. Wieder erbebte sie bei der flüchtigen Berührung ihrer Finger. Es musste an den Nachwirkungen der Operation liegen, dass sie zu empfindlich und zu heftig reagierte. Jedenfalls hatte sie sich nach Kyles Tod für keinen anderen Mann interessiert. Weshalb sollte das plötzlich anders sein?
Er war ein attraktiver Mann mit braunen Augen und rotbraunem Haar und fast zehn Zentimeter größer gewesen als sie mit ihren einsfünfundsechzig. Sie hatten in jeder Hinsicht perfekt zusammengepasst und waren innerhalb von sechs Monaten verheiratet gewesen. Dass ihr Glück von einer Minute auf die andere zerstört werden würde, hatte sie sich nicht vorstellen können.
Genauso unvorbereitet hatte sie ihr eigener Unfall getroffen. Voller Begeisterung darüber, eine neue Sehenswürdigkeit entdeckt zu haben, war sie in Richtung Toledo weitergefahren und hatte sich darauf gefreut, durch diese schöne Stadt bummeln zu können. Und dann wurde sie plötzlich von einem Fremden aus dem Wrack ihres Autos geborgen, der sie aufforderte, ihr verletztes Auge nicht zu berühren. Er wirkte ungemein selbstsicher und schien in jeder Situation das Richtige zu tun. Ihm hatte sie es zu verdanken, dass sie nicht in Panik geraten war.
2. KAPITEL
Jillian versuchte, etwas von der Unterhaltung zwischen Remi und ihrem Bruder mitzubekommen, was sich jedoch als ausgesprochen schwierig erwies, denn Remi kehrte ihr den Rücken zu. Das musste keine Absicht sein, dennoch fand sie es frustrierend. Wie magisch fühlte sie sich von ihm angezogen und betrachtete fasziniert seinen muskulösen Rücken und die breiten Schultern.
Er war ein durch und durch außergewöhnlicher, bemerkenswerter Mann. Während andere nur entsetzt und fassungslos herumgestanden hatten, handelte er, ohne zu zögern, umsichtig und entschlossen. Niemand außer ihm hätte es geschafft, den Rettungshubschrauber so rasch an den Unfallort zu rufen.
In dem Moment kam die Schwester herein, um Blutdruck zu messen. Damit Jillian danach anfangen konnte zu frühstücken, zog die Frau auch den Tisch näher heran, ehe sie wieder verschwand.
Schließlich drehte Remi sich wieder zu ihr um und reichte Jillian das Handy. „Ihr Bruder möchte sich verabschieden.“
Worüber haben die beiden sich so lange unterhalten? überlegte sie, während sie den Apparat ans Ohr hielt. „Danke, dass du dich daran erinnert hast, auch noch einmal mit mir zu reden, Bruderherz“, neckte sie ihn.
„Ich wollte mich doch nur bei Remi bedanken, dass er so viel für dich tut. Ich werde versuchen, dich so bald wie möglich zu besuchen.“
„Nein, Dave, bleib, wo du bist. Nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus kehre ich nach Hause zurück. Glücklicherweise befinde ich mich in Madrid und habe es nicht weit zum Flughafen.“
„Remi hat mir berichtet, dass du in einer Woche zur Nachuntersuchung gehen sollst. Also musst du noch einige Tage länger in Spanien bleiben“, entgegnete ihr Bruder.
Sie warf Remi, der neben ihrem Bett stand, einen kurzen Blick zu. Offenbar wusste er über ihren Zustand besser Bescheid als sie selbst. „Das ist kein Problem, Dave. Ich gehe in New York zu einem Augenarzt. Obwohl mich viel Arbeit erwartet, werde ich in zwei Wochen einen Abstecher zu euch nach Albany machen.“
„Gib mir bitte Remi noch einmal, Jilly.“
Nein, das kam gar nicht infrage. Natürlich liebte sie ihren Bruder sehr, aber manchmal übertrieb er mit seiner Beschützerrolle. Sie fühlte sich Remi Goyo gegenüber sowieso schon schuldig, weil er geglaubt hatte, er müsse auch die Nacht in ihrer Nähe verbringen.
„Sag den Kindern, ich würde ihnen etwas Schönes mitbringen. Für das Baby habe ich in Coimbra ein ganz bezauberndes Taufkleid entdeckt und konnte nicht widerstehen, es zu kaufen. Du und Angela bekommt natürlich auch eine Kleinigkeit. Bis bald, Dave, und Grüße an die ganze Familie“, beendete sie das Gespräch und gab Remi das Handy zurück.
„Wann haben Sie mit dem Arzt geredet?“, fragte sie und erwiderte seinen forschenden Blick.
„Gleich nach der Operation.“
„Ah ja. Ich muss unbedingt wissen, wann ich entlassen werde.“
„Meine Güte,
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