Ronja Räubertochter
aßen ihr Brot und tranken ihre Milch und sahen die Sonne aufgehen zu einem neuen Tag.
»Nur schade, daß das Messer weg ist«, sagte Ronja plötzlich.
Da endlich zog Birk es heraus und legte es ihr in die Hand. »Und nur gut, daß es wieder da ist. Es lag unter dem Moos und wartete auf uns, während wir uns zankten und stritten.«
Ronja saß lange schweigend da. Dann sagte sie: »Weißt du, woran ich denke? Ich denke daran, wie leicht man alles ganz unnötig zerstören kann.«
»Dann wollen wir uns von nun an vor allem Unnötigen hüten«, sagte Birk, »Und weißt du, woran ich denke? Ich denke daran, daß du mehr wert bist als tausend Messer!«
Ronja sah ihn an und lächelte.
»Jetzt hast du wohl ganz und gar den Verstand verloren!« Das sagte Lovis manchmal zu Mattis.
13.
DIE TAGE VERGINGEN, DER FRÜHLING WURDE ZUM SOMMER, die Wärme kam.
Und es kam auch Regen. Tag und Nacht schüttete es auf den Wald herab, und er trank sich frisch und grün wie nie zuvor. Und als der Regen fortzog und die Sonne wiederkehrte, dampfte der Wald so in der Sommerwärme, daß Ronja Birk fragen mußte, ob er glaube, es gebe auch in ändern Wäldern soviel Wohlgeruch.
Das glaube er nicht, antwortete er.
Lias Wunde war längst verheilt. Sie hatten die Stute freigelassen, und sie lebte jetzt wieder bei den Wildpferden, aber Milch bekamen sie trotzdem von ihr. Am Abend graste die Herde immer unweit der Höhle, und jeden Abend gingen Ronja und Birk dorthin und riefen nach Lia. Sie antwortete mit einem Wiehern, das ihnen verriet, wo sie war. Sie wollte gern gemolken werden.
Auch die ändern Tiere der Herde hörten bald auf, vor den Menschenkindern zu scheuen. Manchmal kamen sie neugierig näher und sahen zu, wie Lia gemolken wurde, denn Seltsameres hatten sie wohl nie gesehen. Auch Racker und Wildfang kamen oft herbei und waren so zudringlich, daß Lia die Ohren anlegte und nach ihnen schnappte. Aber das machte ihnen nichts aus. Mutwillig schubsten sie einander und machten wilde Sätze und Sprünge, sie waren ja jung und wollten spielen. Und dann sausten sie unversehens im Galopp davon und verschwanden im Wald.
Doch schon am nächsten Abend waren sie wieder da. Birk und Ronja sprachen mit ihnen, und schließlich ließen sie sich auch streicheln. Und Ronja und Birk streichelten sie fleißig, und es schien Racker und Wildfang zu gefallen. Dennoch lag in ihren Augen immer ein sanfter Mutwille, so als dächten sie: Uns täuscht ihr nicht!
Aber eines Abends sagte Ronja:
»Hab ich gesagt, daß ich reiten werde, dann tu ich es auch.« An diesem Abend war Birk mit dem Melken an der Reihe, und Racker und Wildfang standen daneben und sahen zu. »Hast du gehört, was ich gesagt habe?« Es war Racker, den sie gefragt hatte. Und plötzlich packte sie ihn bei der Mähne und schwang sich auf seinen Rücken. Er warf sie ab, aber nicht ganz so schnell wie beim erstenmal. Jetzt war sie gewappnet und wußte, worauf es ankam. Beim zweitenmal mußte er sich lange sträuben, bevor er sie loswurde. Schließlich glückte es ihm doch, und mit einem Wutschrei landete Ronja wieder auf dem Boden. Sie stand zwar unverletzt auf, rieb sich aber ihren schmerzenden Ellbogen. »Ein Racker bist du und bleibst du«, sagte sie, »aber noch geb ich nicht auf.«
Und das tat sie auch nicht. Abend für Abend nach dem Melken versuchten sie beide, Racker und Wildfang bessere Manieren beizubringen. Doch diese Biester waren unbelehrbar,und als Ronja oft genug abgeworfen worden war, sagte sie-
»Jetzt hab ich keinen Fleck mehr am Leib, der nicht weh tut.«
Sie versetzte Racker einen Knuff. »Und das ist deine Schuld, du Hosenschisser!«
Doch Racker stand ganz ruhig da und schien sehr zufrieden mit sich zu sein.
Sie sah, wie Birk noch immer mit Wildfang kämpfte. Wildfang war ebenso unbändig wie Racker, aber Birk war stark und konnte sich auf seinem Rücken halten, ja wahrhaftig, er blieb sitzen, bis Wildfang erschöpft aufgab. »Schau, Ronja!« schrie er. »Er steht still!« Wildfang wieherte ängstlich, aber still stand er. Und Birk klopfte ihm den Hals und lobte ihn über die Maßen, bis es Ronja zuviel wurde.
»Im Grunde ist auch er ein Hosenschisser, das weißt du!« Es ärgerte sie, daß Birk schließlich die Oberhand gewonnen hatte, während sie mit Racker nicht fertig geworden war. Und noch mehr ärgerte es sie, daß Birk ihr an den nächsten Abenden das Melken überließ und sie dabei auf Wildfangs Rücken umkreiste, während sie dort kniete. Nur um ihr zu
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