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Ronja Räubertochter

Ronja Räubertochter

Titel: Ronja Räubertochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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Berg hinab und verschwand unten im Wald. Aber auf den ändern drei Seiten hatte der Mattisberg sturzsteile Hänge, welcher Schwachkopf würde sich da ans Klettern wagen, glucksten die Räuber. Denn sie wußten ja nicht, wo Ronja sich übte, keine Angst zu haben.
    »Und kommen sie etwa den Reitpfad herauf, dann ist an der Wolfsklamm Schluß«, sagte Mattis.
    »Denn da versperren wir ihnen den Weg mit großen Feldsteinen. Oder auch auf andere Art was das anlangt!«
    »Auch auf andere Art was das anlangt«, bestätigte Glatzen-Per und kicherte bei dem Gedanken daran, auf welche Art man den Landsknechten in der Wolfsklamm Einhalt gebieten würde.
    »Dort hab ich mein Lebtag so manchem Wolf den Garaus gemacht«, fügte er hinzu.
    »Aber jetzt bin ich zu alt und mache nur noch meinen Flöhen den Garaus, hoho, jaja!«
    Ronja begriff, daß Glatzen-Per zu bedauern war, weil er so alt war, sie begriff aber nicht, warum Landsknechte und sonstige Schwachköpfe in der Wolfsklamm Streit suchen sollten. Überdies war sie müde und hatte keine Lust, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie kroch lieber in ihren Schlafalkoven, und da lag sie so lange wach, bis sie Lovis das Wolfslied singen hörte, wie Lovis es allabendlich tat, wenn es für die Räuber an der Zeit war, das Feuer zu verlassen und die Schlafkammern aufzusuchen.In der Steinhalle schlief niemand außer den dreien, Ronja und Mattis und Lovis. Ronja liebte es, in ihrem Bett zu liegen und durch den Spalt zwischen den Vorhängen das Feuer aufflackern und verlöschen zu sehen, während Lovis sang. Solange Ronja denken konnte, hatte die Mutter zur Nacht das Wolfslied gesungen. Dann war Schlafenszeit das wußte sie, und ehe sie die Augen schloß, dachte sie voll Freude: Morgen, da kann ich wieder aufstehen! Und sie sprang auf, sobald ein neuer Tag graute. Welches Wetter er auch brachte, sie wollte hinaus in den Wald, und Lovis packte ihr als Wegzehrung Brot und Milch in den Lederbeutel.
    »Ein Gewitternachtkind bist du«, sagte Lovis,
    »ein Drudennachtkind auch, und aus solchen werden leicht Irrwische und Tollköpfe, das weiß man ja. Aber sieh dich nur vor, daß dich die Grausedruden nicht holen!«
    Ronja hatte die Wilddruden mehr als einmal über dem Wald schweben sehen und sich dann rasch irgendwo verkrochen. Von allem Gefährlichen im Mattiswald waren die Druden das Gefährlichste, vor ihnen mußte man sich hüten, wollte man am Leben bleiben, hatte Mattis gesagt. Vor allem ihretwegen hatte er Ronja so lange daheim in der Burg behalten. Schön waren die Druden und toll und grausam. Mit ihren steinharten Augen spähten sie über den Wald nach jemand aus, dem sie mit ihren scharfen Krallen das Blut aus dem Leibe kratzen konnten. Doch keine Wilddruden konnten Ronja von den Pfaden und Plätzen verscheuchen, wo sie ihr einsames Waldleben lebte. Ja, einsam war sie, aber sie vermißte niemanden. Wen sollte sie auch vermissen? Ihre Tage waren angefüllt mit Leben und Glück, nur rannen sie so schnell dahin. Der Sommer war vorbei, nun war es schon Herbst. Ging es auf den Herbst zu, wurden die Wilddruden noch toller als sonst, und eines Tages jagten sie Ronja durch den Wald, bis sie spürte, daß sie jetzt ernstlich in Gefahr war. Gewiß konnte sie laufen wie ein Fuchs, und gewiß kannte sie alle Verstecke im Wald aber die Druden verfolgten sie unerbittlich, und sie hörte ihre gellenden Schreie:
    »Hoho, du schönes Menschlein, gleich wird das Blut fließen, hoho!«

    Da tauchte sie in den Weiher und schwamm unter Wasser zur ändern Seite hinüber. Dort kroch sie ans Ufer und kauerte sich unter eine dichte Fichte, und sie hörte die Druden suchen und vor Raserei kreischen:
    »Wo ist das Menschlein, wo ist es, wo ist es? Komm hervor, dann zerkratzen wir dich, dann zerfetzen wir dich, das Blut soll fließen, hoho!«
    Ronja blieb in ihrem Versteck, bis sie die Druden über den Wipfeln verschwinden sah. Im Wald mochte sie jetzt nicht mehr bleiben. Aber bis zur Nacht und dem Wolfslied waren es noch viele Stunden, und darum kam sie darauf, das zu tun, was sie sich schon seit langem vorgenommen hatte. Sie wollte sich davor hüten, in den Höllenschlund zu fallen. Oft hatte sie davon gehört wie die Mattisburg in jener Nacht zerbarst, als sie geboren wurde. Mattis wurde es nie leid, davon zu erzählen.
    »Potz Pestilenz, was für ein Mordsknall! Den hättest du hören sollen, ach, den hast du ja gehört, du kleines, neugeborenes Würmchen, das du damals warst. Einfach rums! und da hatten

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