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Ronja Räubertochter

Ronja Räubertochter

Titel: Ronja Räubertochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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über den Baumwipfeln glühen. Da begriff sie, daß die Welt noch viel mehr war, als sie geglaubt hatte. Aber es betrübte sie, daß man die Sterne nicht erreichen konnte, wie sehr man sich auch danach streckte. Nun war sie schon länger im Wald, als ihr erlaubt worden war, und sie mußte heim, sonst würde Mattis außer sich geraten, das wußte sie. Die Sterne spiegelten sich im Weiher, alles andere war schwärzeste Dunkelheit. Doch Dunkelheit war Ronja gewohnt. Sie fürchtete sich nicht davor. Wie schwarz waren nicht die Winternächte auf der Mattisburg, wenn das Feuer erloschen war? Schwärzer als alle Wälder. Nein, vor der Dunkelheit fürchtete sie sich nicht. Gerade als sie gehen wollte, fiel ihr der Lederbeutel ein. Er lag noch auf dem Stein, wo sie beim Essen gesessen hatte, und im Dunkeln kletterte sie jetzt hinauf, um ihn zu holen. Ihr war, als sei sie dort oben auf dem Stein den Sternen näher, und sie reckte die Arme und versuchte, ein paar zu pflücken, die sie im Lederbeutel mit heimnehmen wollte. Doch es gelang ihr nicht, und so nahm sie ihren Beutel und machte sich ans Hinabklettern.
    Da sah sie etwas, das sie erschreckte. Überall zwischen den Bäumen glommen Augen, ja, rund um den Stein hatte sich ein Ring aus Augen gebildet, die sie belauerten, und sie hatte es nicht bemerkt. Nie zuvor hatte sie Augen gesehen, die im Dunkeln leuchteten, und sie gefielen ihr gar nicht.
    »Was wollt ihr?«
    rief sie, bekam aber keine Antwort. Statt dessen kamen die Augen näher. Langsam, Zoll um Zoll näherten sie sich ihr, und sie hörte ein Gemurmel von Stimmen, wunderlichen, alten grauen Stimmen, die eintönig raunten:
    »Graugnomen alle, Mensch hier, Mensch hier im Graugnomenwald! Graugnomen alle, beißt und schlagt zu, Graugnomen alle, beißt und schlagt zu!«
    Und plötzlich waren sie alle dicht am Stein, seltsame graue Wesen, die ihr übelwollten. Ronja sah sie nicht, aber sie spürte mit Schaudern, daß sie da waren. Jetzt wußte sie, wie gefährlich sie waren, diese Graugnomen, vor denen sie sich hüten sollte, wie Mattis gesagt hatte. Aber jetzt war es zu spät. Denn nun begannen sie, mit Keulen und Knüppeln oder was sie da hatten, an den Stein zu schlagen. Es dröhnte und hallte und krachte so unheimlich in all der Stille, und Ronja schrie. Jetzt fürchtete sie für ihr Leben. Als sie schrie, hörten die Gnomen auf zu schlagen. Doch da hörte sie Schlimmeres. Sie begannen den Stein hinaufzuklettern. Von allen Seiten kamen sie aus der Dunkelheit herbei. Sie hörte ihre Füße scharren und schlurfen, und sie hörte ihr Gemurmel:
    »Graugnomen alle, beißt und schlagt zu!«
    Da schrie Ronja in ihrer Verzweiflung noch lauter und schlug mit dem Lederbeutel wild um sich. Gleich würden sie sich auf sie stürzen, und sie würden sie totbeißen, das wußte sie. Ihr erster Tag im Wald würde ihr letzter sein. Gerade in diesem Augenblick hörte sie ein Gebrüll und so wütend konnte nur Mattis brüllen. Ja, da kam er, ihr Mattis mit allen seinen Räubern, ihre Fackeln leuchteten zwischen den Bäumen, und sein Gebrüll hallte durch den Wald.
    »Macht daß ihr fortkommt Graugnomen! Schert euch zum Donnerdrummel bevor ich euch erschlage!«

    Und da hörte Ronja das Plumpsen kleiner Körper, die sich vom Stein fallen ließen, und im Schein der Fackeln sah sie sie jetzt kleine graue Zwerge, die in die Finsternis flohen und verschwanden. Sie setzte sich auf ihren Lederbeutel und schlitterte den steilen Stein hinab, gleich war auch Mattis da und hob sie hoch und nahm sie in seine Arme. Und sie weinte in seinen Bart, während er sie heimtrug zur Mattisburg.
    »Jetzt weißt du, was Graugnomen sind«, sagte Mattis, als sie vorm Feuer saßen und Ronja ihre kalten Füße wärmte.
    »Ja, jetzt weiß ich, was Graugnomen sind«, sagte Ronja.
    »Aber wie du mit ihnen fertig wirst, das weißt du nicht«, sagte Mattis.
    »Wenn du Angst hast wittern sie das von weit her, und erst dann werden sie gefährlich.«
    »Ja«, sagte Lovis,
    »das gilt für so mancherlei. Darum ist man im Mattiswald am sichersten, wenn man sich nicht! fürchtet.«
    »Das will ich mir merken«, sagte Ronja. Da seufzte Mattis und drückte sie fest an sich.
    »Und du hast dir auch alles andere gemerkt, wovor du dich hüten mußt?«
    O ja, sie wußte es noch. Und während der folgenden Tage tat Ronja nichts anderes, als daß sie sich vor allem Gefährlichen hütete und sich darin übte, keine Angst zu haben. In den Fluß zu plumpsen, davor sollte sie sich hüten,

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