Rosas Vermaechtnis
niemals jemand wirklich entscheiden, also konnte sie das Ganze auch lassen. Kumpel, ja, das konnte sie im Umgang mit Männern wohl sein, die burschikose Art, die sie sich zulegte, ließ auch nichts anderes zu. So floss das Leben dahin, mit dem sie sich inzwischen gut eingerichtet hatte. In den seltenen Augenblicken aber, in denen sie mit sich selbst vollkommen ehrlich war, spürte sie die große Sehnsucht wieder, sich an einen Mann anlehnen zu können und endlich ganz nach Hause zu kommen.
»Wer ist dermaßen hinter dem Kräuterschnapspatent her gewesen, dass er vor Wut einen Mord begeht – weil der Professor ihm vielleicht dummerweise über den Weg lief und er sich ertappt fühlte –, und hat später bei uns herumgewütet? Das passt doch alles überhaupt nicht zusammen.« Alexandra fuhr sich mit der Rechten durch das kurze Haar. »Und übrigens, was das Patent betrifft, das habe ich neu beantragt. Ich dachte zuerst, das müssten wir nicht, aber dem war nicht so. Unseres war längst verjährt.«
»Wie gut, dass du das gemacht hast«, lobte Marie ihre Freundin, »und das wissen doch sicher auch alle, die sich damit befasst haben, z. B. dieser Johannsen, oder auch derjenige, der hier zugange war.«
»Wer das Patent findet, ist auch der neue Eigentümer, und wenn man dann auch noch mit der Gastronomie zu tun hat, könnte das eine lukrative Angelegenheit sein. Ich nehme wirklich an, dass der Professor von der Existenz des Patentes wusste«, Alexandra überlegte einen Augenblick lang angestrengt, »und unser Mörder wusste vielleicht, dass Hafner das wusste, und hat sich an seine Fersen geheftet, bis er sicher war, wohin es geht.«
»Aber der Professor ist doch ein Stück weg von hier angeschossen worden«, gab Jan abends zu bedenken, als Alexandra ihm ihre Theorie vortrug. »Der Mörder hätte theoretisch auch bei euren Nachbarn, den Nettekovens, landen können und hätte sich da tot gesucht.« Er lachte über seine Wortwahl.
Marie schüttelte energisch den Kopf. »Also ein paar Informationen mehr wird er doch sicher gehabt haben, sodass er sicher nicht unseren Weinhof mit dem Bauernhof nebenan verwechselt hätte. Sieht ja alles doch ein bisschen anders aus.«
Jan pflichtete ihr bei. »Sozusagen wie Tag und Nacht. Du hast natürlich recht, Marie.«
»Also wieder alles von vorn«, seufzte Alexandra, »ich hole uns mal eine Flasche Wein, das kann ja noch ein bisschen dauern ...«
Während Jan und Alexandra ihre Überlegungen weiter ausschmückten, saß Marie, in Gedanken weit weg, eine ganze Weile schweigend dabei.
»Hallo, jemand zu Hause?«
»Was?« Marie schrak hoch und sah Alexandra verwirrt an.
»Wo warst du denn gerade unterwegs?«, frage die Freundin lachend, »du hast gar nicht zugehört, stimmt's?«
Marie nickte langsam und blickte von einem zum anderen. »Mir kam nur gerade in den Sinn, dass wir vielleicht auf der völlig falschen Fährte sind. Was wäre eigentlich, wenn das Patent oder unser Hof überhaupt nicht der Grund für den Mord und den Übergriff hier wären?«
»Wie meinst du das?« Jan beugte sich interessiert vor.
»Also, wir kreisen die ganze Zeit um Motive, die irgendetwas mit Habgier zu tun haben. Was wäre eigentlich, wenn es sich aber um rein private Motive handeln würde? Um Liebe, Eifersucht, Enttäuschung und Rache?«
Jan lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, während Alexandra ihre Ellbogen aufstützte und Marie, den Kopf auf ihre Fäuste gestützt, unverwandt ansah.
»Ja, die Idee ist mir mit Giovanni Battner auch kurz gekommen, aber der hat ein Alibi. Zu der Zeit, als Hafner erschossen wurde, hat er mit ein paar Angestellten die Küche aufgeräumt.« Der Kommissar kratzte sich den Kopf. »Aber es stimmt schon, wir haben uns da ziemlich verbissen. Ist trotzdem schwer, die eigene Betrachtung eines Falles zurückzustellen, um den Blick wieder freier zu kriegen. Okay, dann lasst uns noch mal überlegen: Wer hätte ein Motiv, den Professor umzubringen?«
»Na, Battner«, antwortete Alexandra sofort.
»Ja, aber Battner war es nachweislich nicht, das haben wir doch überprüft. Bleiben seine Frau ... und Elias.«
Marie nickte langsam, dann sagte sie stockend: »Marlene Battner hatte sicherlich kein Motiv. Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.«
»... aber Elias könnte eines gehabt haben«, beendete Jan den Satz nachdenklich.
Marie sah ihn an, während ein paar Szenen, die sich in der Küche des Restaurants zugetragen hatten,
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