Rosen für die Kaiserin
nach wie vor die rechtmäßige Königin war. Ihr in der Not beizustehen, war einer seiner Gründe gewesen, nach Italien zu ziehen – standen sich ihre Häuser doch seit jeher recht nahe. Er sandte seinen Bruder nach Canossa, um Adelheid nach Pavia zu holen.
Der König – seit fünf Jahren Witwer – entbrannte bei Adelheids Anblick in Liebe. Ohnehin hatte er beabsichtigt, um ihre Hand anzuhalten, denn nur auf diese Weise konnte er sich die Langobardenkrone legitim aufs Haupt setzen. Nachdem er Adelheid gesehen hatte, so erzählte man später, hätte er auch um sie gefreit, wäre sie die Tochter eines Schafhirten gewesen.
Zu Pavia fand kurz darauf die Hochzeit statt.
Adelheids abenteuerliches Leben – was davon war Legende, was Wahrheit? Seit Langem brannte Theophanu darauf, es zu erfahren. War die Geschichte der Kaiserin nur eine maßlose Übertreibung, ein Ammenmärchen? Waren die Fügungen nicht zu schön und zu fantastisch, um wirklich wahr sein zu können? Wie hatten die Gefangenen es anstellen können, unbemerkt von ihren Wächtern einen Gang in die Freiheit zu graben? Auf welche Weise hatten sie die ausgehobene Erde beseitigt? Wie war es ihnen immer wieder gelungen, ihren Verfolgern zu entkommen? Und was mochte Adelheid empfunden haben, als ihr königlicher Beschützer, der große Sieger vom Lechfeld, um ihre Hand anhielt?
Theophanu hoffte, ihre künftige Schwiegermutter bald selbst befragen zu können. Vielleicht würde dies das Eis zwischen ihnen brechen, denn nach wie vor begegnete die Kaiserin ihr mit kühler Distanz.
Das Osterfest wurde mit großer Festlichkeit begangen. In der Peterskirche zelebrierte der Papst eine prunkvolle Messe, die Theophanu nicht unbeeindruckt ließ, wenngleich die Liturgie der Römer sie mitunter fremd und merkwürdig anmutete.
Ihren Bräutigam bekam Theophanu nur in der Kirche zu Gesicht. Offenbar wurde Wert darauf gelegt, dass sie einander bis zur Hochzeit, die für den Sonntag darauf anberaumt war, nicht begegneten. Es blieb Theophanu aber nicht verborgen, dass der junge Otto ihr manch heimlichen Blick zuwarf. Dann schenkte sie ihm ein Lächeln, hoffend, dass niemand sonst es bemerkte.
Am Vorabend der Hochzeit ergab sich für Theophanu die Gelegenheit, ungestört mit Adelheid zu sprechen. Bislang waren stets Hofdamen in ihrer Nähe gewesen, doch nun hatte die Kaiserin sie alle weggeschickt. Allein mit Adelheid im Gemach, fasste Theophanu sich ein Herz. Die Kaiserin betrachtete gedankenvoll den auf einer Kommode ausgebreiteten Brautschmuck. Leise trat Theophanu an sie heran.
»Wisst Ihr eigentlich, dass die Ammen in Konstantinopel den Kindern von Euren Heldentaten erzählen?«
Theophanu ahnte, dass ihre Frage in Adelheids Ohren albern klingen mochte, und sie wünschte sich, sie hätte die ihr immer noch fremde Sprache besser beherrscht, damit ihre Worte nicht wie törichtes Geplapper klangen. Nichts im Verhalten der Kaiserin deutete zunächst darauf hin, dass sie Theophanus Frage wahrgenommen hatte. Prüfend glitten ihre Finger über den seidenen Stoff eines Schleiers.
»Die Ammen in Konstantinopel wissen nichts von mir«, erklärte sie schließlich leidenschaftslos.
Theophanu gab nicht auf. »Es ist furchtbar, seinen Feinden hilflos ausgeliefert zu sein.«
Adelheid schwieg.
»Eure Tapferkeit verdient mehr als nur Bewunderung«, fuhr Theophanu fort.
Die Kaiserin atmete einmal tief; dann sah sie Theophanu offen an. »Tapferkeit? Ich erinnere mich nur an abgrundtiefe Verzweiflung, Prinzessin. Ihr müsst mir nicht schmeicheln, daran liegt mir nichts.«
»Verzeiht mir, ich wollte nur …«
»Ihr seid nicht die Braut, die ich mir für meinen Sohn gewünscht habe, das sollt Ihr wissen. Aber nun seid Ihr hier und die Vermählung ist beschlossen. Auch Ihr werdet morgen Kaiserin sein. Wir werden zum Wohl des Reiches miteinander auskommen müssen, doch dazu bedarf es keiner gegenseitigen Zuneigung. Unsere Pflichten sind zahlreich und aufreibend; verschwenden wir unsere Kräfte also nicht an Nutzlosigkeiten. – Welchen Schleier würdet Ihr bevorzugen? Diesen hier oder jenen dort?«
Erst am späten Abend, als Theophanu schlaflos im Bett lag, kamen ihr Tränen. Zuerst einige wenige, dann mehr, und schließlich schluchzte sie so hemmungslos, dass Eunice besorgt herbeieilte. Aber Theophanu schickte sie fort.
»Schon gut, mach dir keine Gedanken, Eunice.«
»War es die Kaiserin, die Euch so mit Traurigkeit erfüllt hat?«, fragte die Dienerin grimmig.
»Leg dich wieder
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