Rosen für die Kaiserin
Fremde genug um sich? Teuerste Gemahlin, um Himmels willen, lasst ihr doch ihre Dienerin.«
»Wie Ihr wünscht«, erwiderte Adelheid mit dünner Stimme.
Bevor man Theophanu in den Palast führte, warf sie einen letzten Blick zurück, winkte noch einmal dem alten Gero zu. Ihrem künftigen Gemahl, der neben seinem Vater wie verloren wirkte und ihr verträumt hinterherblickte, schenkte sie ein Lächeln.
»Ich hasse dieses Land, Herrin. Sehnt auch Ihr Euch nach Konstantinopel zurück?«, raunte Eunice ihr seufzend zu.
»Sei unbesorgt«, tröstete Theophanu ihre Dienerin. »Es ist Gottes Wille, dass wir hier sind.«
2
A
delheid war von burgundischem Adel. Ihre Kindheit hatte sie auf der Burg Saint-Maurice im Rhonetal verbracht. Nach dem Tod des Vaters, des Burgunderkönigs Rudolf, heiratete ihre Mutter Berta notgedrungen den streitbaren Hugo von Vienne, König der Lombardei, der sich auf diese Weise zugleich die Herrschaft in Burgund sichern wollte. Die sechsjährige Adelheid gelangte somit nach Pavia und wurde mit Hugos achtjährigem Sohn Lothar verlobt; zehn Jahre später wurde die Ehe vollzogen.
Die Zahl der Gegner Hugos war nicht gering, der mächtigste darunter hieß Berengar von Ivrea. Berengar machte ihm die Königskrone bald streitig; resigniert zog der ohnmächtige Hugo sich in ein Kloster zurück. Sein Sohn Lothar, Adelheids Gemahl, gelangte auf den Thron, doch Berengar blieb der eigentliche Machthaber. Wobei dieser wiederum, wie man munkelte, unter dem unheilvollen Einfluss seiner nicht minder machthungrigen Gemahlin Willa stand. Als Lothar zwanzigjährig starb, blieb es nicht aus, dass Berengar und Willa des Giftmordes verdächtigt wurden. Mit nur achtzehn Jahren war Adelheid zur Witwe geworden.
Berengar, der seine Stunde gekommen sah, trug ihr die Hand seines Sohnes Adalbert an. Aber Adelheid lehnte ab. Die Verweigerung der jungen Frau war mutig. Vor allem aber war sie gefährlich, denn Adelheid blieb zunächst auf sich allein gestellt. Berengar handelte rasch, ließ sich wider alles Recht von den Großen zum König wählen. Adelheid wurde nicht nur enteignet und ihrer Kleinodien beraubt, sondern alsbald auch verhaftet, von Berengar und Willa eigenhändig misshandelt und auf der Burg Garda in Como in den Kerker geworfen. Nur ein Pater und eine Dienerin durften bei ihr bleiben.
Trotz strenger Bewachung gelang es Adelheid, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen. Bischof Adalhard von Reggio, ein erklärter Gegner Berengars und Willas, versprach ihr Hilfe. Als Adelheid eines Tages aus dem Fensterloch ihres Verlieses schaute, erblickte sie im Burghof einen Knecht, der mit Holzscheiten das Wort »Grabet« auslegte. War dies das Zeichen ihrer Retter, auf das sie so lange gewartet hatte?
Die Gefangenen begannen, den hart gestampften Lehmboden ihres Verlieses aufzugraben. Wochen vergingen, fast wollten sie schon entmutigt aufgeben. Dann aber stießen sie auf eine kleine Grotte, die in einen Gang mündete. Ein längst vergessener Geheimgang, von dessen Existenz zumindest einer ihrer Gönner gewusst haben musste. Ein Weg, der in die Freiheit führte.
Bei Nacht und Nebel entkamen sie ihrem Gefängnis. Als ihre Flucht anderentags bemerkt wurde, befanden sie sich im Schutz der Wälder. Verfolger machten sich auf den Weg, um ihrer habhaft zu werden. Mehrmals entkamen Adelheid und ihre Begleiter den Häschern nur knapp. Sie lebten von Feldfrüchten und den milden Gaben barmherziger Menschen. In den Sümpfen des Mincio waren sie für eine Weile vor Nachstellung sicher, nicht aber vor den krankheitsbringenden Mücken. Als endlich Rettung nahte – der Pater war vorausgeeilt, um den Helfern die geglückte Flucht zu melden –, da war der Körper der Königinwitwe zerschunden und ohne Kraft. Der Bischof von Reggia gewährte ihr und ihren Begleitern Schutz auf der Veste Canossa, wo sie vor Berengars Zugriff vorläufig sicher waren. Adelheid erholte sich allmählich. Ihre Odyssee war bald in aller Munde. Mitleid über ihr bedauernswertes Schicksal, vor allem aber Bewunderung ob ihrer Tapferkeit wurden ihr zuteil; Berengar und Willa aber weckten für ihre Niedertracht nicht nur die Abscheu ihrer Feinde.
Alles sollte sich für Adelheid zum Guten wenden. Bald zog der deutsche König Otto mit einem starken Heer über den Brennerpass. Berengar floh aus Pavia. Ohne einen Schwertstreich zog Otto in die Stadt ein, um sich von den Großen als König der Langobarden huldigen zu lassen. Otto aber wusste nur zu gut, dass Adelheid
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