Rosen lieben Sonne
von der ich vorhin sprach, organisierte, hatte ich ihn als Ansprechpartner auf der Polizeiwache genannt. Für eine Nachbarschafts-Patrouille sucht man sich einen Nachbarn, der warum auch immer meistens zu Hause ist und als Mittelsmann zwischen den Nachbarn und der Polizei fungiert. Wer etwas Verdächtigtes beobachtet, ruft den Mittelsmann an, der seinerseits die Polizei verständigt — in diesem Fall also Abie. Ich war also sozusagen ein Opfer meiner eigenen Nachbarschafts-Patrouille geworden. Einfach toll.
»Ihr wart ganz schön schnell hier, Jungs«, sagte ich, während ich meine Brieftasche wegsteckte. Ich ersparte allen Beteiligten den alten Gag, mein Geld nachzuzählen. Ich bin mit dem Alter nicht allzu weise geworden, aber ich habe gelernt, bei manchen Menschen nicht zu witzig zu sein — bei Zollbeamten, Polizisten und Kreditberatern der Bank.
»Nicht schneller als sonst«, sagte Frank, ohne mit der Wimper zu zucken. Dabei ist eines der größten Probleme mit diesen Patrouillen, daß es normalerweise mindestens zwanzig Minuten dauert, bis die Bullen da sind. Wenn nichts anderes los ist. Also mußten sie schon in der Gegend gewesen sein. Zwei Minuten von hier war eine der besten Hot-Dog-Buden der Welt, und Franks Partner kaute sogar noch auf einem Zahnstocher herum.
»Was sagten Sie, was das hier ist?« fragte Frank ganz beiläufig, als ich den Apparat hochnahm, den ich auf die Treppenstufen gestellt hatte.
»Das? Mein Ghetto-Blaster«, sagte ich. »Musik macht das Leben leichter.«
»Na klar«, sagte Frank. »Komm, Claude, wir gehen.«
»Klar«, sagte Claude. »Wir sehen uns, Mr. Victor Daniel, Größe zwei Meter eins, Alter dreiundvierzig, Gewicht hundertfünf Kilo, Haare braun, Augen braun.« Offenbar hatte er meine Lizenz auswendig gelernt.
»Bring ihn mal nicht so vorteilhaft zur Geltung«, sagte Frank und wies den Weg zur Vorderseite des Hauses.
»Ich werde mich jedenfalls hüten, da was zu ändern«, versicherte ich Claude. »Und bei der Sache mit den Haaren: mein Friseur hält sie schon für graumeliert.«
Sie hatten meinen blau-rosa Nash eingekeilt, so daß ich warten mußte, bis sie zurücksetzten. Das dauerte; Claude mußte sich erst mal über Funk bei der Zentrale zurückmelden, dann sagte er irgendwas zu Frank, stieg aus, ging zurück hinters Haus und kam einen Moment später mit zwei Orangen vom Baum hinter dem Haus zurück.
»Sie sind verhaftet«, sagte ich, »wegen Diebstahls, unbefugten Betretens eines Privatgrundstücks und Offenlassens des Gartentors.«
Er lachte, ging zurück, klappte das Tor zu, und endlich fuhren sie weg. Wenn es überhaupt gute Bullen gibt, dann die aus dem Sheriffs Department — beste Ausbildung, beste Manieren, beste Kondition, und die meisten sind ehrlich. Manche sind sogar gelegentlich menschlich.
Was jetzt?
Es war Mittagszeit.
Es war heiß. Es war sogar heißer als heiß. Für Wade konnte ich noch nichts tun, aber ich konnte mich um Mrs. Summers’ Alten kümmern. Ich konnte den Apparat zurückbringen. Ich könnte mich mit irgend jemandem über Jims Probleme unterhalten — mit nem Psychiater zum Beispiel. Ich könnte auch rechts abbiegen, drei Blocks lang geradeaus fahren, links abbiegen und mir zwei Hot Dogs (keine Zwiebeln, aber viel Chili) und ein Root-Bier gönnen, während ich darüber nachdachte, was ich als nächstes tun könnte. Ich bin ja kein Idiot, also ging ich so vor. Das Root-Bier war irgendeine unbekannte Hausmarke, aber es war immerhin Root-Bier, und die Hot Dogs waren wie immer fettig, tierisch heiß und einfach phantastisch.
Anschließend tat ich, was ich tun mußte. Ich machte die lange gefährliche Reise nach Glendale, gab den Wanzendetektor ab, strich meine Kaution ein, fuhr zurück in die Stadt und im Zickzackkurs Richtung Santa Monica Boulevard im berühmten West Hollywood.
Im berühmten West Hollywood, das logischerweise westlich von Hollywood liegt, gibt es drei verschiedene Arten von Bürgern: die Alten, die seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten in ihren billigen, kleinen Apartments hocken; die Jungen, die entweder mit dem Show-Business zu tun haben oder liebend gerne mit dem Show-Business zu tun hätten und ein oder zwei Jahre bleiben, bevor sie in die Berge oder ins Valley oder zurück nach Winnebaga Falls ziehen; und die Schwulen. Von den jungen Hüpfern gehören viele auch zu den Schwulen, natürlich — oder unnatürlich, das ist Ansichtssache. Jedenfalls ist West Hollywood, wie der Castro-Distrikt in San Francisco,
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