Rosen lieben Sonne
Güte, heute seh ich wieder aus wie eine alte Einkaufstüte. Viele von den Mädels würden alles für eine nette Bar in der Nachbarschaft geben, wenn sie kein großes Tamtam wollen; und warum sollten sie dafür extra hier rausfahren? Ich glaube, in deiner Ecke der Stadt gibt es noch keine Schwulenbar, oder?«
»Als jemand, der sich mit diesem Thema, das heißt den Bars in meiner Ecke der Stadt, ausführlich beschäftigt hat, kann ich dir versichern: nein.«
»Dann sollte dein Freund Jim das besser gut oder sich damit ab oder einen Nachfolger finden«, sagte Richard und fummelte mit Mascara an seinen Augenlidern herum.
»Das hab ich befürchtet«, sagte ich. »Ich will ja nicht neugierig sein, aber kommt gleich dein neuer Lieblingsmann, oder was ist los?«
»Ich bin doch auch nur ein armes, unscheinbares Mädchen aus der Menge«, sagte er.
»Wie gefiele dir der Gedanke, den Schuppen da zu schmeißen?« fragte ich. »Als Vollzeitmanager mit Gehalt, Prozenten und was sonst noch einem Mann mit deinen Talenten, deinem Aussehen und deinem Können zusteht?«
»Oh!« sagte Richard und formte aus seinen Augenbrauen schöne Bogen. »Das ist eine Idee.«
Draußen bremste quietschend ein Wagen. Richard sah aus dem Fenster. »Oh, merde «, fluchte er. »Farmer.«
Ich stand auf und sah hinaus. Ein verbeulter Convertible mit einem Stoßstangenaufkleber (»Wir haben ein Recht auf Feuerwaffen«) war in einen Haufen Sand und Granulat gerauscht, und jetzt purzelten nacheinander sechs Rednecks in T-Shirts und Jeans heraus.
»Nicht schon wieder«, sagte Richard, während er sich die Perücke aufstülpte.
»Hast du eine Kanone?« Ich sah mich nach was Waffenähnlichem um.
»Wie bitte?« Er sah mich entgeistert an. »Wie jemand so schön gesagt hat: >Ich habe schon genug Problemen« Er ging zur Tür, ich hinterher.
»Okay, ich muß einfach schlauer sein als sie. Das sollte nicht sonderlich schwierig sein«, sagte ich. »Laß mich nur machen.«
Wir warteten, bis wir ihre Stiefel hören konnten. Ich hatte eine Idee und flüsterte sie ihm ins Ohr. Er flitzte durch die Hintertür. Ich spazierte in den Schankraum. Die Trottel standen in einer Reihe an der Bar und machten auf witzig. Ein Schraubenschlüssel ragte aus der Hosentasche desjenigen, der wie ihr Anführer aussah. Die Gäste verharrten in wachsamer Aufmerksamkeit, aber aus irgendeinem Grund wirkten sie nicht sonderlich beunruhigt.
Ich setzte ein riesiges Grinsen auf, so ein gnadenloses, scheißefressendes Maklergrinsen. Ich hatte meine Brieftasche schon herausgezogen, jetzt marschierte ich auf den Anführer zu, ließ meine Lizenz aufblitzen und streckte ihm meine Riesenpfote hin.
»Hi, Jungs, Vic Daniel, Sheriffs Department, freut mich, euch zu sehen.« Der Junge gab mir ganz automatisch die Hand, und ich schüttelte sie herzhaft und mit Nachdruck. »Bleibt ihr lange in der Stadt? Matt, wo sind denn deine Manieren, einen Drink auf Kosten des Hauses für die Jungs, das sind schließlich unsere Gäste. Wollt ihr Bier? Oder irgendwas Kleines, Scharfes?«
Die Jungs murmelten, Bier wäre okay, und Matt reihte sechs Flaschen Miller, das billigste Gesöff, das er hatte, auf den Tresen und riß die Kronkorken schneller ab, als man es erzählen kann. In diesem Moment kam Richard herein, oder besser: Miss Peggy rauschte durch die Tür. Sie legte sich ins Zeug, und sie hatte viel davon. Den Jungs platzten fast die Augen aus ihren Maiskolbenschädeln, denn Miss Peggy war keine billige Schwuchtel; Miss Peggy hatte klasse Beine und ein pikobello Dekollete, und sie wackelte beim Gehen mit dem Hintern.
»Miss Peggy!« rief ich begeistert. »Ich hab doch gleich gesagt, daß ihr gleich ganz andere Kundschaft hier bekommt, wenn eine flotte Mieze wie du hier bedient. Ach, tu mir doch einen Gefallen, Schätzchen, und steck dein hübsches Köpfchen zur Tür hinaus und sag dem Sergeant und meinem anderen Mann Bescheid, daß ich gleich komme. Ich will nur mit den Jungs hier noch einen trinken, was?«
Miss Peggy tat, wie ihr geheißen. Man konnte spüren, wie die Spannung sich löste. Jemand neben der Jukebox hatte sogar Nerven genug, das Ding anzuschmeißen. Und Verstand genug, »Peggy Sue« zu spielen statt »My Way«.
Miss Peggy kehrte zurück. Sie flirtete wie entfesselt. Ich hatte das Gefühl, sie flirtete mit dem Tod, als sie schließlich sogar einen der Typen aufforderte, mit ihr Jitterburg zu tanzen. Aber was soll’s, man muß das Leben bis zur Neige auskosten, sag ich
Weitere Kostenlose Bücher