Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
Bescheid, bis die Kollegen hier sind.«
Das schrille Geräusch des Telefons zerriss die Stille im Haus. Marlene Ruff stand auf und tappte im Dunkeln in den Flur hinaus.
»Hm?«, meldete sie sich leise mit rauer Stimme.
»Freddy hier, Freddy Kerricht. Ich hab dich geweckt, oder?«
»Ja, klar«, brummte sie und sah auf die Wanduhr. »Ist ja auch schon spät.«
»Das tut mir jetzt echt leid. Ist denn der Thomas noch wach?«
»Nein, der schläft natürlich auch schon lang. Was willst du denn von ihm, mitten in der Nacht?«
»Ach, der Pröbstl hatte uns vor ein paar Tagen gemeldet, dass zwei Männer in Salvatores Stall eingedrungen seien, der Thomas hat mir gleich erklärt, dass da nix dran sei – und jetzt wollten wir die Sache halt vollends abschließen, dazu wollt ich noch eine Kleinigkeit von ihm wissen.«
»Jetzt?«
»Tja, Marlene, die Polizei ist rund um die Uhr im Dienst, das weißt du ja.« Kerricht lachte gekünstelt.
»Sehr beruhigend, danke, aber ruhig schlafen kann ich deshalb trotzdem nicht – du hast mich ja geweckt.«
»Ja, hehe, da hast natürlich recht. Aber der Thomas ist schon da, gell?«
»Freilich ist er da, schläft drüben selig. Wo soll er denn auch sein um die Zeit? Aber wecken muss ich ihn jetzt nicht extra, oder?«
»Äh … nein, das … wenn er da ist … äh … soll er sich ruhig ausschlafen. Ich meld mich morgen wieder, ja?«
Damit hatte er auch schon aufgelegt, und Marlene Ruff sah etwas ratlos auf den Hörer. Sie wusste ja, dass Kerricht bei der Polizei Schichtdienst hatte und deshalb auch mal nachts arbeitete – aber deshalb jemanden so spät noch anzurufen?
Kopfschüttelnd legte sie auf und schlurfte zurück zum Gästezimmer, in dem sie sich schon vor Jahren ihren Schlafplatz eingerichtet hatte, doch dann besann sie sich anders, ging den Flur entlang und drückte leise die Tür zum eigentlichen Schlafzimmer auf. Die linke Bettseite, wo sie früher geschlafen hatte, war leer und ohne Bettzeug. Auf der rechten Seite war die Decke sauber umgeschlagen und das Kissen aufgeschüttelt.
In diesem Bett hatte heute Abend noch niemand gelegen. War er über Nacht bei ihr geblieben? Das erste Mal? War es so weit? Und würde er sich jetzt endlich mal trauen, ihr alles zu erzählen?
Ein bitterer Zug spielte um ihren Mund, sie presste die Lippen zusammen und ging zurück in ihr Bett. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie auf dem nassgeheulten Kissen einschlafen konnte.
Der zweite Streifenwagen fuhr auf der Lechbrücke langsam an zwei Uniformierten und einem Mann in Zivil vorbei, die angestrengt über das Geländer hinunterblickten, und parkte dann vor dem Restaurant. Zwei Polizisten stiegen aus, gingen ebenfalls auf die Brücke und begrüßten ihre Kollegen.
»Na?«, fragte Polizeiobermeisterin Sophie Müller von der Inspektion Schongau. »Gibt’s was zu sehen?«
»Nein, natürlich nicht«, brummte Freddy Kerricht, der in Jeans und Windjacke herübergekommen war, nachdem er Marlene Ruff angerufen hatte. Der Lech stellte die Grenze der Polizeizuständigkeit zwischen Füssen und Schongau dar.
Sophie Müllers Beifahrer Roland Wöhr leuchtete mit der Taschenlampe hinunter und ließ den Lichtkegel am Ufer des Lech entlangwandern.
»Haben wir auch schon gemacht«, sagte Polizeihauptmeister Edgar Rothart von der Inspektion Füssen, und sein Kollege Winfried Abt hielt seine Mütze fest, während er sich noch einmal weit über das Geländer beugte.
»War einer von euch schon drunten?«
»Ja, leider.« Rothart hob das Bein hoch und ließ seinen schlammverschmierten Schuh sehen.
»Und: nix?«
»Gar nix. Unser lieber Kollege hier«, er nickte etwas mürrisch in Richtung Kerricht, »ist erst gekommen, als ich schon unten im Baaz stand. Der Ruff, der hier angeblich tot liegen soll, schläft selig daheim. Und auch sonst liegt dort drunten keiner.«
»Tja«, sagte Kerricht schließlich, »war wohl tatsächlich der Fehlalarm, den ich schon befürchtet hatte. Ich werde ein ernstes Wort mit Pröbstl reden müssen.«
»Ach, der will das gesehen haben?« Rothart schnaubte. »Und weil der sich den Kragen absäuft, stehen wir alle mitten in der Nacht hier rum? Na, super!«
»Macht doch nichts, Edgar«, meinte Roland Wöhr grinsend. »Dann haben wir euch wenigstens mal wieder gesehen. Und ich finde, man kann schon mal nachts zum ›Hin + Mit‹ fahren, oder nicht?«
Alle lachten, nur Sophie Müller, die noch nicht lange in Schongau Dienst tat, fragte: »Wieso ›Hin + Mit‹?«
»Weil man
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