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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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Art kaum verbergen können. Am allermeisten hatte ihn aufgebracht, dass der grobschlächtige Gendarm mit dem über den Gürtel hängenden Bauch seine behördliche Ignoranz auch Sarah hatte angedeihen lassen.
    Albin hatte die Fragen wortkarg beantwortet, als hätte er tatsächlich etwas zu verbergen gehabt. »Der Wagen? Er war dunkel, mehr weiß ich nicht mehr.«
    »Dunkelgrau, dunkelgrün oder schwarz?«
    »Dunkel.«
    Sarah hatte sich eingemischt. »Vielleicht dunkelblau.«
    »Welche Marke?«
    Sarah und Albin hatten einen Blick gewechselt und die Köpfe geschüttelt.
    »Kennen Sie sich mit Autos aus?«, hatte der Beamte Albin gefragt.
    »Nein … ja … kaum.«
    Der Beamte hatte durch das gekippte Kunststofffenster hinaus auf einen Streifenwagen gezeigt. »Was für eine Marke ist das?«
    »Ein Opel Astra Kombi«, hatte Sarah statt Albin geantwortet.
    »Weiß«, hatte Albin gesagt und unnötigerweise gegrinst.
    Die nächste Frage war im Ton schärfer gewesen. »Standen Sie zu diesem Zeitpunkt unter Alkohol- oder Drogeneinfluss?«
    Albin hatte an dem Beamten vorbeigestarrt. »Müssen wir das beantworten?«
    Auf einmal hatte die Situation zu kippen gedroht. Sarah hatte sie entschärft. »Wir waren nüchtern.«
    »Warum war das so schwer?«
    »Wir sind müde«, hatte Sarah erklärt. »Wie lange brauchen Sie uns noch?«
    So war es stundenlang weitergegangen. Mit weiß verkrampften Händen hatte Albin schließlich den Wagen zurück in die Stadt gelenkt. Sarah war eingeschlafen, noch ehe sie richtig auf dem Beifahrersitz gesessen hatte.
    Albin war zunächst noch überzeugt gewesen, dass diese Vernehmung erst der Anfang eines langwierigen und unerquicklichen Prozesses gewesen war. So wie fast alle seine bisherigen Begegnungen mit den Behörden. Doch jetzt, unter dem prasselnden heißen Wasser, war er da nicht mehr so sicher. Vielleicht hatte er seinen Beitrag zur Aufklärung schon geleistet und der Mord am Heidentor würde allmählich in seiner Erinnerung verblassen wie ein schlechter Film vom letzten Wochenende.
    Albin benutzte die Blechspinde der Umkleideräume als Kleiderschrank. Als er frische Unterwäsche aus der von ihm dafür vorgesehenen Nummer 24 nahm, war er froh, dass Sarah am Tag zuvor nicht mehr nach Hause gefahren war. Sie schlief unten in der Bauchkammer auf seinem zweiten Luftbett, jenem für Gäste, das ausschließlich sie benutzte. Er zog eine seiner vier Bluejeans, das vorletzte seiner sechs weißen kragenlosen Hemden und ein graues Sakko an. So ging er nach unten, um Sarah zu wecken.
    Eine Weile beobachtete er sie beim Schlafen. Oft genug hatte er sich gefragt, wie sie sich in dem heruntergekommenen Studio wohl fühlen konnte. Für ihn selbst war es ein praktisches Arrangement: Als Gegenleistung für die Unterkunft verkaufte er im Auftrag des Hausbesitzers Gering die Trainingsgeräte. Der nutzte den Abgang des Studio-Mieters, um auch den Rest des Hauses für einen Umbau zu räumen. Der Vertrag mit Albin brachte Gering zumindest einen Teil seiner Außenstände zurück.
    »Wie spät ist es?«, fragte Sarah, die sich jetzt im Bett rekelte.
    »Bald acht«, antwortete Albin.
    Widerstrebend verzichtete er darauf, seinen Blick die Konturen ihres Körpers unter dem Schlafsack entlanggleiten zu lassen.
    »Das war ein irrer Ausflug«, sagte sie.
    Albin nickte.
    Sarah brach zuerst auf. Sie musste zur Uni. Eine halbe Stunde später machte sich Albin auf den Weg zur Redaktion. Die schwere Wolkendecke des Sonntags und des Montags hatte sich verzogen. Die Sonne nahm Anlauf für eine letzte, warme Herbstwoche. Mit geschultertem Sakko ging Albin an den auf ihren großen Auftritt wartenden Zettelverteilern, Spendenkeilern und Bettlern vorbei. Die leichtlebige Betriebsamkeit der durcheinander quirlenden Lieferanten, Kaufleute und ersten Kunden in der Mariahilfer Straße war wie ein unbeschwertes Lied, das ihm die Welt zum Trost für die erlittenen Strapazen vorsang.
    Per Rolltreppe tauchte er in die U-3-Station Neubaugasse hinunter. Im ersten Untergeschoss nahm er die Gratiszeitung aus einem Karton. Am Perron in Richtung Erdberg blätterte er sie durch. Er wollte gar keinen Artikel über die Leiche in Schwarz darin finden. Je weniger Bedeutung die Welt diesem Tod beimaß, desto gleichgültiger konnte er auch ihm sein.
    Die Aufmachergeschichte des Blattes stellte eine neue Studie vor. Demnach waren Männer mit Katzen die besseren Liebhaber. Der größte Beitrag im Innenteil befasste sich mit einer neuen Erfindung, mit der

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