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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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Spaß gemacht, seine Leiche mit Benzin zu überschütten und anzuzünden. Doch es ging nicht um Rache.«
    »Habgier paarte sich mit Mordlust.«
    »Es ging um die Vollendung der Trilogie«, sagte Gregoritsch. Er klang jetzt geduldig, als spreche er mit einem Kind. »Mehr will ich nicht sagen. Wer das Wesen der Kunst in Worte zu fassen versucht, wird doch wieder nur von Menschen verstanden, die es schon selbst entdeckt haben.«
    »Und jetzt? Wie wollen Sie sich noch aus der Affäre ziehen?«
    »Ich bin einer von den wenigen Menschen, die an ihre eigenen Thesen glauben.«
    »Welche meinen Sie?«
    »Dass es am Ende darauf ankommt, in welcher Stimmung man stirbt, und nicht darauf, wie lange man gelebt hat. Das ist übrigens auch etwas, das Markovics nie verstanden hat.«
    »Wie ist Ihre Stimmung?«
    »Ich vollende etwas. Ich fühle mich frei. Ich schwebe …«
    »Wo ist Sarah?«
    »… und Sie lasse ich daran teilhaben.« »Wo ist Sarah?«
    »Ihre persönliche Kunsterfahrung wartet auf Sie.«
    Albin sah sich um. Die Schüler waren mit der Besichtigung des Heidentors fertig und stiegen wieder in den Bus.
    »Wenn Sarah auch nur ein Haar gekrümmt wird, werde ich Sie persönlich in Streifen schneiden«, sagte Albin. »Es wird lange dauern, und immer wenn Sie vor Schmerz in Ohnmacht fallen, werde ich Sie durch noch mehr Schmerz zurück ins Bewusstsein holen.«
    »Sie haben Angst und flüchten sich in markige Sprüche.«
    »Wo ist Sarah?«, fragte Albin noch einmal, diesmal atemlos.
    Der Bus wiegte sich langsam zur Straße, bekam Asphalt unter die Räder und fuhr auf Albin zu.
    »Spitzen Sie Ihre Ohren«, sagte Gregoritsch. »Ich höre sie kommen.«
    Albin hielt den Atem an. Er hörte das Brummen des Busses. Hinter ihm wurde Pferdegetrappel laut. Der Bus fuhr zur Seite und blieb stehen. Die Gendarmen wirkten nicht beunruhigt. Albin blickte in den Rückspiegel. »Sie machen sich keine Vorstellung, wie viel Arbeit das war«, murmelte Gregoritsch ins Telefon.
    Albin erkannte das Pferdefuhrwerk. Es gehörte dem Bauern, dem wegen Trunkenheit am Steuer der Führerschein abgenommen worden war. Sein Brauner lief diesmal etwas schneller als letztes Mal. Auch der Kutschbock war nicht leer. Dort saß, stocksteif wie eine steinerne Statue, eine Frau.
    Albin starrte das Gespann gebannt an. Auf der Frau lag etwas wie Raureif. Dampf stieg von ihr auf. Als das Fuhrwerk näher kam, begriff er: Sie war gefroren. Das Pferd trabte an ihm vorbei. Albin erkannte Sarahs Jacke. Er sprang aus seinem Wagen. Die Gendarmen starrten jetzt ebenfalls fassungslos das Fuhrwerk an. Einige rieben sich ungläubig die Augen.
    »Sarah«, stammelte Albin und wollte in diesem Moment nichts anderes, als selbst tot zu sein, statt ihrer oder mit ihr.
    »Das war es für dieses Mal.« Gregoritsch klang heiter und entspannt. Albin presste das Handy noch immer an sein Ohr. »Leben Sie wohl«, sagte der Lektor. »Wahrscheinlich muss ich Sie nicht erst bitten, ab und zu an mich zu denken.«
    Eine gewaltige Explosion zerriss die Luft. Albin wurde gegen seinen Wagen geschleudert. Das Pferd stieg und brach aus. Die gefrorene Leiche krachte hart neben Albin auf den Asphalt. Er schrie auf, stürzte zu der Toten und drehte sie herum. Er starrte in das kalte, weiße Gesicht, das er sofort erkannte: Es gehörte der Frau aus dem Süßwarenkiosk am Schwedenplatz. Er empfand Dankbarkeit. Ja, er war Gregoritsch aus tiefstem Herzen dankbar.
    Albin wusste nicht genau, ob er ohnmächtig oder bei Bewusstsein war. Vom Heidentor stand nur noch die rechte Säule. Die linke Säule und der Querbogen waren verschwunden. Gregoritsch bestand nur noch aus Fleischfetzen und Knochensplittern, die gleichmäßig und mit antikem Schutt vermischt über die Landschaft verteilt waren. Die konkreteste Spur von ihm war etwas Rotes, das am Bus klebte.
    Albin fand es seltsam, dass ein Mensch, der einen derartigen Albtraum geboren hatte, als Blutklecks an einem Heckfenster enden konnte. Doch es war gut so. Es relativierte alles. Fliegen würden sich darauf setzen und den Klecks Milligramm für Milligramm abtragen. Die Waschanlage würde den Rest besorgen. Der Mensch Gregoritsch war Geschichte, der Albtraum würde zu einer Serie von Zeitungsgeschichten werden.
    Die Schüler glotzten mit offenen Mündern durch die Fenster, bewegungslos. Sie sahen aus, als wären ihre Gesichter innen an die Scheiben gemalt. Die Lehrerin stand vorne und redete ins Bordmikrofon, als erklärte sie, was all das mit der Geschichte des

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