Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
Näherrücken.
    Noch ehe ich etwas sagen oder sonst wie reagieren konnte, setzte sich jemand auf meinen rechten Fuß. Und knurrte.
    Struppi ist nicht wirklich das, was man niedlich nennen könnte. Krummbeinig, stummelschwänzig, struppig, hart an der Grenze zu räudig. Ich hätte ihn >Rowdie< getauft, doch ich kam zu spät. Als ich ihn aus dem Tierheim holte, hieß er schon so. Und wir müssen nun damit leben, er und ich. In seinem Impfpass ist als Rasse >Terrierbastard< angegeben, doch meiner Ansicht nach trifft das eher seinen Charakter als sein Äußeres. Da ist ein Anteil Terrier in und an ihm, unbestreitbar, doch der Rest, der ganze verbleibende Rest, ist einhundert Prozent Bastard.
    Die Hoodies zuckten sichtlich bei seinem Auftauchen und waren damit noch nicht mal schlecht beraten. Denn er hat ein bisschen einen Beschützerinstinkt, was mich angeht, mein Hund.
    Nach Überwinden des ersten Schrecks meinten die fünf dann allerdings, sich über ihn lustig machen zu müssen. Vor allem über die mangelnde Körpergröße. Kriegt er mit, so was. Und Humor ist nicht unbedingt seine Stärke. Ist Struppi von vorneherein schon nicht besonders niedlich, wird es ganz und gar nicht besser, wenn er die Lefzen hochzieht. Und diese Zähne entblößt ... Staffordshire, wenn ich über seine Terrier-Ahnen spekulieren müsste.
    Es war der Deutsche, der nach ihm trat. Und dessen Blut dann quoll, nach einem herzhaften Biss in die Wade und zwei-, dreimaligem, nicht wirklich schön anzuschauendem Reißen.
    Schlag zu, solange du im Vorteil bist, rät Charly immer, Präsident der Stormfuckers und Fachmann auf dem Gebiet der Demütigung von Gegnern jeglichen Kalibers. Alles starrte baff auf das tropfende Blut, also machte ich einen Schritt vor und rupfte Metin die Tasche von der Jacke. Und zusammen mit der Tasche einen Plastikbeutel voll getrockneten Grünzeugs. Ich hielt ihn hoch ins Laternenlicht, während Struppi so wütend auf die Hoodies einknurrte, dass sich keiner mehr zu rühren wagte.
    „Das ist vielleicht eure Straße“, sagte ich dann, zu niemandem im Besonderen. „Aber dies ist meine Stadt. Und ich habe bis heute noch jeden fertiggemacht, der es gewagt hat, mir zu drohen.“ Ich zupfte den Plastikbeutel auf, roch am Inhalt - Skunk, nicht umsonst so getauftes Hollandgras. Mit angewidertem Gesicht gab ich Metin den Beutel zurück. „Geht mir einfach aus dem Weg, und vielleicht lasse ich sie euch sogar, eure miese, kleine Straße.“
    Damit verabschiedeten wir uns, Struppi und ich. „Du bist kein Hausmeister“, rief einer hinter mir her, und es war irgendwie wohltuend, daran erinnert zu werden.

TAG 3
    Der Tag begann mit einer dicken Birne, gefolgt von trübem Himmel, gefolgt von gleich vier zerstochenen Reifen an meinem Toyota. Vielversprechend. Angedroht hatten mir das die beiden Rotzigen, doch hätten die erst mal mit einem Reifen angefangen und dann weiter um die Schutzgebühr verhandelt. Alle viere sahen mir ganz nach einem Werk der Hoodies aus. Das sind so Sachen, gegen die man nichts tun kann. Außer seinen Job erledigen und weiterziehen. Am besten ganz woandershin. Wangerooge vielleicht. Ich rief Schrotthändler Sültenfuß an, der sich die Felgen- und Reifengrößen durchgeben ließ und versprach, später am Tag Ersatz vorbeizubringen. Die Kosten dafür würde ich der WODEGA mit auf die Rechnung knallen. Sobald ich den Fall hier gelöst hatte. Und bis dahin ...
    Auf dem Weg zum Recycling-Ensemble, Mülltüte in der einen, Flaschenkorb in der anderen Hand, erspähte ich Frau Pückler, die alte Krähe. So halb aus einem Impuls heraus und halb aus dem Unwillen, eine weitere Diskussion um meine vermeintlichen Trinkgewohnheiten zu führen, drückte ich mich in einen Hauseingang. Mit einem Rolli im Schlepptau stakste Frau Pückler langsam, ganz wie ein misstrauischer Vogel - Augen links, Augen rechts, hier ein rascher Blick in einen Papierkorb, dort einer unter einen Busch - auf die Glascontainer zu.
    Nach etwa anderthalb Minuten trat ich aus dem Schatten des Hauseingangs und ging mit langen Schritten zu ihr rüber. Ich erwischte sie mit dem rechten Arm bis zum Ellenbogen im Klarglas-Behälter. „Ah, Frau Pückler“, sagte ich, auf eine beiläufige Art freundlich, „Sie kommen doch bestimmt viel herum, hier in der Siedlung.“ Eine nach der anderen wanderten Portweinflaschen aus meinem Korb in das runde, von Gummi umgebene Loch. Ungewohnt unkommentiert. „Verraten Sie mir doch mal, wer mir die Autoreifen zerstochen

Weitere Kostenlose Bücher