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Roverandom

Roverandom

Titel: Roverandom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Wellen wie kleine Runzeln aussahen.
    Dort wohnte Möwe, und sie hatte zahlreiche Gefährten zu besuchen, darunter die älteste und wichtigste aller Schwarzrückigen Möwen, und Botschaften entgegenzunehmen, bevor sie aufbrach. Also setzte sie Rover auf einem der schmalen Simse ab, viel schmaler als eine Türstufe, und gebot ihm, dort zu warten und nicht herunterzufallen.
    Ihr könnt sicher sein, dass Rover aufpasste, nicht herunterzufallen, und da ein steifer Wind von der Seite blies,war ihm überhaupt nicht wohl in der Haut, und er presste sich so dicht er konnte an die Felswand und winselte. Alles in allem war es für einen verzauberten und verängstigten kleinen Hund ein überaus unangenehmer Aufenthaltsort.
    Schließlich verschwand das Sonnenlicht gänzlich aus dem Himmel, und Nebel lag auf dem Meer, und die ersten Sterne wurden in der zunehmenden Dunkelheit sichtbar. Dann stieg der Mond rund und gelb weit draußen auf dem Meer über dem Nebel auf und begann seinen schimmernden Pfad auf das Wasser zu breiten.
    Bald darauf kam Möwe zurück und nahm Rover auf, der jämmerlich zu zittern angefangen hatte. Die Federn des Vogels kamen ihm nach dem kalten Sims der Klippe warm und behaglich vor, und er kuschelte sich so gut er konnte hinein. Dann schraubte sich Möwe hoch über dem Meer in die Luft, und alle anderen Möwen sprangen von ihren Simsen und schrien und kreischten ihnen ein Lebewohl zu, als sie schnell dem Mondpfad folgten, der sich jetzt schnurgerade von der Küste zum dunklen Rand eines Nirgendwo hinzog.
    Rover hatte nicht die leiseste Ahnung, wohin der Mondpfad führte, und im Augenblick war er viel zu erschreckt und aufgeregt, um zu fragen, und außerdem begann er sich daran zu gewöhnen, dass ihm außergewöhnliche Dinge zustießen.
    Während sie über den silbernen Schimmer dahinflogen, stieg der Mond höher und wurde weißer und heller, bis kein Stern mehr in seiner Nähe zu strahlen wagte und er ganz allein am östlichen Himmel leuchtete. Kein Zweifel, dass Möwe auf Befehl von Psamathos dahin flog, wohin er nach Psamathos’ Willen fliegen sollte, und zweifellos half Psamathos mit einem Zauber, denn Möwe flog mit Sicherheit schneller und gerader, als selbst die großen Möwen in derRegel fliegen, sogar mit dem Wind, wenn sie es sehr eilig haben. Doch eine Ewigkeit verging, bevor Rover etwas anderes sah als das Mondlicht und das Meer in der Tiefe; und während der ganzen Zeit wurde der Mond größer und größer, und die Luft wurde kälter und kälter.
    Plötzlich erblickte er am Rand des Meeres ein dunkles Etwas, und es wuchs, als sie darauf zuflogen, bis er erkennen konnte, dass es eine Insel war. Über das Wasser drang zu ihnen das Geräusch eines fürchterlichen Gebells hinauf, ein Laut, der aus allen verschiedenen Arten und Klängen von Gebell, die es gibt, zusammengesetzt war: Kläffen und Jaulen, Jammern und Heulen, Knurren und Quengeln, Wimmern und Winseln, Wiehern und Fauchen, Murren und Stöhnen und dem ungeheuerlichsten dumpfen Bellen wie von einem riesigen Bluthund im Hinterhof eines Riesen. In alle Nackenhaare Rovers kam plötzlich Leben, und sie stellten sich starr wie Borsten auf; und er dachte, dass er gern hingehen und mit allen Hunden dort auf einmal Streit anfangen würde – bis er sich daran erinnerte, wie klein er war.
    »Das istdie Insel der Hunde«, sagte Möwe, »oder besser die Insel der Verlorengegangenen Hunde, wohin alle verschwundenen Hunde gehen, die es verdienen oder Glück haben. Es ist kein übler Platz für Hunde, habe ich gehört; und sie können so viel Lärm machen, wie sie wollen, ohne dass ihnen jemand sagt, sie sollen ruhig sein, oder etwas nach ihnen schmeißt. Sie machen ein wundervolles Konzert, alle bellen sie zusammen ihr Lieblingsgejaule, immer wenn der Mond hell scheint. Es soll dort auch Knochenbäume geben, mit Früchten wie saftige Fleischknochen, die von den Bäumen fallen, wenn sie reif sind. Nein! Da fliegen wir jetzt nicht hin! Verstehst du, man kann dich eigentlich nichtwirklich einen Hund nennen, obwohl du kein Spielzeug mehr bist. Tatsächlich hat es Psamathos ziemliches Kopfzerbrechen bereitet, glaube ich, was er mit dir anfangen sollte, als du sagtest, dass du nicht nach Hause wolltest.«
    »Wohin fliegen wir denn?«, fragte Rover. Er war enttäuscht, dass er sich die Insel der Hunde nicht genauer anschauen konnte, nachdem er von den Knochenbäumen gehört hatte.
    »Geradewegs den Mondpfad hinauf zum Rand der Welt und dann über den Rand

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