Roxelane
nun ich alles durchdachte, fühle ich mich vollkommen sicher.“
„Vielleicht ist das die Rettung“, sann Schemsi, „dem Vertrauenden hilft Allah.“
„Und nun laß mich schlafen, mein Freund“, schloß Mustafa. „Und auf morgen!“
Er streckte die Hand aus, die ihm Schemsi ganz gegen seine Gewohnheit küßte.
„Allah sei über dir, mein Mustafa“, sagte Schemsi.
Mustafa aber schlug den Gong und befahl, seinen Freund sicher hinauszugeleiten.
49
Mustafa halte eine schlechte Nacht gehabt, und es gab sogar Leute in seiner Umgebung, die behaupteten: einen schlechten Traum.
Aber vor dem Morgen verblaßten alle Nächte und Träume, und Mustafas Zuversicht wurde wieder so fest, wie sie gewesen war.
Nichts als sein Hiersein beweise besser die Treue des Sohnes und Untertans, war seine Überzeugung. Mehr als sich ganz in des Vaters Hände begeben, könne er nicht. Und irgendeines wirklichen Vergehens sei er nicht zu überführen.
Diesen Tatsachen seinen Verstand und sein Herz zu verschließen -dazu glaubte er Soliman nicht imstande.
„Und er wird es nicht wagen!“ lächelte Mustafa vor sich hin, indem er an seine Beliebtheit beim Heer dachte. „Er kann es überhaupt gar nicht wagen!“ jubelte er innerlich und kam sich seinem Vater gegenüber bereits als Sieger und gleichberechtigte Macht vor.
Trotzdem unterließ er es nicht, als weithin sichtbares Zeichen seiner Unschuld sich ganz in Weiß kleiden zu lassen, wie er auch dafür Sorge trug, daß man um die Abschiedsbriefe und das Testament wisse, die er auf seiner Brust verwahrt hatte.
So war es gute türkische Sitte, wenn sich jemand in Todesgefahr begab.
Und auch die Worte, die er bei dieser Gelegenheit sprach, sollten bemerkt werden und wurden bemerkt.
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, sagte er, „und wenn ich mein Leben verlieren soll, möge es mir wenigstens von dem genommen werden, der es mir gab.“
Mustafa gefiel sich sehr in der Rolle des Todgeweihten, mit der er seinen Vater ins Unrecht zu setzen gedachte und aus der er mit um so größerem Triumph hervorzugehen gewiß war.
So mit allem gewappnet, was die Rührung der Massen entfesseln mußte, empfing er die Wesire.
Es war ganz wie vor zwanzig Jahren, als er zum erstenmal zur feierlichen Audienz in den Diwan geleitet worden war. Nicht lange danach hatte er Saruchan mit Magnesia erhalten. Und er wollte diese Statthalterschaft des Schahzadey bald wieder bekommen! gelobte er sich. Statt des eleganten, geschmeidigen Ibrahim, seines Onkels, bekleidete ihn jetzt allerdings der finstere Schwager Rustem mit dem weißseidenen Kaftan. Bis auf die Nasenwurzel trug Rustem seine golddurchwundene Kalewi, wodurch er an Freundlichkeit nicht gewann, und seine Bewegungen waren ohne die Anmut, wie sie Ibrahim besessen hatte. Mustafa wunderte sich, daß sich seine Schwester Mirmah gerade diesen Klotz ausgesucht habe.
Und dann trat der Prinz vor das Zelt.
Die Sonne umgab den jungen Herrscher mit ihrem Glanz. Weiß und golden stand er da. Und mit der Sonne empfingen ihn Jubel und der in immer neuen Wirbeln wild aufrauschende Tusch der Musik. Rustem hatte Janitscharen zur Ehreneskorte gewählt, was sich allerdings schon dadurch rechtfertigte, daß es die Ehrfurcht verbot zu reiten, wo nur der Prinz reiten durfte.
Ein überaus reich gezäumter arabischer Hengst aus dem Marstall des Kaisers stand bereit. Seinen Kopf bekrönten Straußenfedern, die eine Diamantagraffe umschloß, auf silbernen Hufbeschlägen tänzelte er vor Ungeduld, und sein Maul umschäumte die Kinnkette und das mit Smaragden ausgelegte Gebiß aus Gold.
Rustem Pascha und der zweite Wesir Achmed Edris, der mit Sokolli in Ungarn gesiegt hatte, hoben den Prinzen in den Sattel und führten - der Großwesir rechts, Achmed Edris links - das Pferd dann am Zügel, während der dritte und vierte Wesir, Haider Pascha und Ali Semis, der Fette, rechts und links die Steigbügel hielten.
Als Mustafa hoch über allen auf seinem Apfelschimmel saß, mehr eine Gestalt aus Allahs Himmel als von dieser Erde, wurden Zuruf und kriegerischer Lärm zum Gesang des langen Lebens.
Keiner hätte die Janitscharen daran zu hindern vermocht als der Prinz selbst, und er sah in ihrer Zuneigung nur das Unterpfand seines Ruhms und seiner Sicherheit.
Und der Tschorbadschi Baschi, der Suppenherr und Oberst der Janitscharenbesatzung von Amasia, munterte eher zur Huldigung auf, als daß er sie unterdrückte.
So näherte sich Mustafa in Glanz und Jubel dem Zelte des
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