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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Dscheridwerfen berühmt war, konnte sich mehr als einmal bedanken.' Er war sehr mit sich zufrieden. Ja, als Selim sich dann verabschiedete, verstand er kaum noch, daß er und seine Mutter diesen Bruder jemals gefürchtet hatten.
    Am nächsten Tag sollte Mustafa von Soliman empfangen werden, und so beschloß er, gestärkt in seiner Zuversicht, sein Lager frühzeitig aufzusuchen.
    Als er aber den Schlafraum betreten wollte, stand ein Mann mit verhülltem Gesicht vor ihm und gab ihm ein Zeichen.
    „Schicke deine Kämmerer fort“, sagte der Mann.
    Und Mustafa befahl den Herren, ihn mit dem Unbekannten allein zu lassen. Er mußte den Befehl sogar wiederholen; denn die Hofherren hatten den Verhüllten bereits gepackt und ließen nur ungern und voll Zweifel von ihm ab.
    Erst als der Fremde mit Mustafa allein war, entschleierte er sich. „Ich muß mich sehr wundern, dich hier zu sehen“, sagte er.
    Der Fremde war Schemsi.
    Unbekümmert setzte er sich auf das nächste Polster, indem er die langen Beine unter sich zog, und überließ es dem Prinzen, sich ebenfalls einen Sitz zu suchen.
    „Was hätte ich tun sollen?“ fragte Mustafa.
    „Hm“, meinte Schemsi, „ich sehe mit Vergnügen, daß die Familie Osman reif ist. Lange werdet ihr es nicht mehr treiben.“
    „Rede ernsthaft“, bat Mustafa.
    „Ich rede immer ernsthaft“, behauptete Schemsi. „Und darum muß ich mich auch berichtigen, da mich mein Wunsch zu allzu voreiligen Schlußfolgerungen hinriß. So etwas wie euer Geschlecht kann sich vielleicht doch noch recht lange hinschleppen. Angekränkelte Bäume werden oft sehr alt. Du fragst mich, was du hättest tun können? Ich sage dir, was du noch tun kannst.“
    „Was? Wenn es dir beliebt“, erkundigte sich Mustafa ironisch.
    „Dich so schnell wie möglich aus dem Staub machen - das kannst du gerade noch“, antwortete Schemsi.
    Mustafa war erheitert.
    Aber Schemsi ließ sich nicht beirren.
    „Bewacht wirst du nicht“, gab er zu bedenken. „Soliman weiß, daß er den Janitscharen nicht trauen kann, und die haben ein Auge auf dich.“
    Plötzlich wurde Mustafa mißtrauisch.
    „Und von wem weiß mein Vater, daß er den Janitscharen nicht trauen kann?“ erkundigte er sich.
    „Von mir“, antwortete Schemsi in seiner unerschütterlichen Wahrheitsliebe. „Aber bleib sitzen“, riet er dem Prinzen, der aufgesprungen war. „Es wäre möglich, daß du die Hände fändest, die mich in der Stille deines Zeltes umbrächten. Sicher fändest du sie, denn die Dummheit der Menschen ist grenzenlos. Aber nachher ginge es dann dir an den Hals. Der Padischah sieht es nicht gern, wenn man seine Generale umbringt.“
    „Dann weiß er, daß du hier bist?“ „Gesagt habe ich es ihm nicht“, versicherte Schemsi. „Doch ich müßte mich sehr in ihm täuschen, wenn er es nicht ahnte.“
    „Und er hätte dich gehen lassen? Wofür hältst du mich, daß ich dir das glaube?“
    „Ich halte dich für einen Prinzen“, sagte Schemsi, „und ich habe daher auch nie angenommen, daß du mir glauben würdest. Dann wärest du nämlich gescheit. Doch ob du mir nun glaubst oder nicht, so ist doch des Menschen Herz voller Geheimnisse, und du bist deines Vaters Sohn. Vielleicht verstehst du das?“
    Unruhig ging Mustafa auf und ab, wobei Schemsi ihm ein wenig spöttisch und ein wenig gelangweilt nachsah.
    Mustafa blieb stehen.
    „Warum hast du mich verraten, Schemsi?“
    „Nun, irgend etwas mußte ich dir für dein Geld doch bieten“, meinte Schemsi. „Was nützen dir die Janitscharen, wenn du nicht handeltest? Deinerseits geschah eben nichts, und es mußte etwas geschehen. So verriet ich dich denn. Zugleich aber ließ ich deinen Bruder Dschihangir aus dritter Hand wissen, daß du in Gefahr seist. Du hast doch sicher Dschihangirs Warnung bekommen?“
    „Ich erhielt sie.“
    „Dachte ich es doch! Dschihangir ist die Maus, und er liebt die Katze, die ihn fressen will. Es gibt offenbar seltsame Mäuse. Aber was tatest du auf die Warnung hin, mein Mustafa? Du bist nicht weniger seltsam als dein Bruder; denn du tatest wiederum nichts. Dabei hattest du an siebentausend Mann, auf die du dich verlassen konntest. Was nicht viel war, wie ich zugeben muß. Aber du konntest außerdem auf die Janitscharen hoffen und damit auch auf die Soldsipahi, vielleicht auch auf einen Teil der Lehensreiterei. ..“
    „Und was erhofftest du dir selbst?“ unterbrach ihn Mustafa.
    „Einen netten, runden Bürgerkrieg“, ergötzte sich Schemsi, „einen

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