Roxelane
Frauen und Kinder mit großem Geschrei, das aber in Serafims Anwesenheit verstummte. Auch die Entfernung, die man einhielt, zeugte von einer neuen, mehr weltlichen Scheu, die sich wesentlich von der ehrerbietigen Liebe unterschied, die man ihm sonst entgegenbrachte. Es begab sich aber auch Ungeheuerliches!
Das Eintreffen einer fremden Gesandtschaft war natürlich schon an sich ein seltenes und großes Ereignis. Doch wer sonst auch kam, wandte sich stets an die Gesamtheit der Saporoger Kosaken. noch nie hatte sich eine derartige Botschaft an einen einzelnen Mann gerichtet, wie sich das jetzt ereignete. Denn was Pjotr und die wenigen Männer auch gefragt hatten - die fremden Herren blieben dabei, zum Vater Serafim zu wollen und nur zu ihm!
Und dann dieser Glanz!
War es schon unerhört, einen richtigen Tatarenbey auf Chortiza zu sehen — so war der Muteferrika in aller seiner kaiserlichen Gardeherrlichkeit für die Frauen und Kinder einfach selbst ein Kaiser oder wenigstens ein König, aber ein ganz großer!
Mit offenen Mündern standen sie da, und die Kinder bohrten voll Andacht in der Nase, als Kubad sich vor Serafim tief verneigte. Kubad verdankte seinen Auftrag dem Umstand, daß er russisch sprach.
„Euer Exzellenz ..konnte er denn auch beginnen .. .
Serafims bescheidener Einwand, daß er nur ein geringer Gottesmann sei, fand den Muteferrika ebenfalls auf der Höhe.
„Euer Heiligkeit“, sagte er nunmehr, und davon war er nicht abzubringen, da ein Geistlicher, wenn auch ein ungläubiger, an den sich ein Edler Befehl Ihrer Majestät richte, eine Heiligkeit sein müsse oder es wenigstens durch diese Auszeichnung werde.
Serafim blickte vergebens um sich. Er fand nirgends eine Hilfe. Auf den Gesichtern seiner Gemeinde lag im Gegenteil nichts als eine hoffärtige Zustimmung zu den Worten des fremden Mannes, der selbst wie ein Erzengel in Gold und Silber vor dem Vater stand.
Man war in Chortiza nicht weniger eitel als in Konstantinopel, und eine Heiligkeit in ihrer Mitte zu haben, mußte den Chortizanern ein gewaltiges Übergewicht bei allen Leuten bis zum Ingulez und über alle auf den Awratynischen Höhen geben.
Indessen hatte Kubad seine Ansprache beendet. Und nun zog er das Schreiben hervor, über dessen wertvolle Umhüllung die von Chortiza sich nur schwer beruhigen konnten. Immerhin hatte der eine oder andere schon Kostbarkeiten gesehen oder gar in den Händen gehalten. Aber daß so etwas freiwillig geboten wurde, war ihnen neu. Kubad führte das Schreiben an seine Stirn und an sein Herz, bevor er es überreichte.
Serafim aber zeigte keinerlei Erregung.
Er glaubte zu wissen, von wem der Brief kam, und dachte an nichts anderes als daran, ihn zu lesen.
„Ich kehre zurück“, sagte er und ließ mit einem Neigen seines Hauptes die vornehmen Herren allein.
Er trat in sein Haus.
In einer Gebetsecke vor Denko Grechnoys, des alten Ataman, Ikone, die Serafim bei sich aber immer ,Rosskas Ikone' nannte, erbrach er den Brief.
„Aus Konstantinopel an Vater Serafim bei den Saporoger Kosaken auf Chortiza.
Der Segen Gottes zuvor über den Vater, den Ich niemals vergaß! Lieber Serafim, ich mußte Dich verlassen, weil ich nicht bereuen konnte, daß ich den Pjotr erschlug. Daß Gott dann ein Wunder geschehen ließ, ändert nichts daran, daß ich ihn wahrlich erschlug. Und ich bereue es nicht. Denn er hatte etwas töten wollen, was mir lieb war, und er hätte getötet, wenn der Stein nicht gewesen wäre und ich, die den Stein warf.
Und ich wollte zu Deinem heiligen Vater und erlebte vielerlei Schicksal. Eine Sklavin war ich zu Bagdscheserai und zu Konstantinopel. Gott führte mich an das Ziel, um dessentwillen ich von Dir ging. Als ich es aber erreichte, erkannte ich, daß meine Gedanken nicht seine Gedanken gewesen waren, und daß ich den Glauben daran verloren hatte, Dein Patriarch könne mir die Antwort geben, nach der ich suchte.
Ich suche noch heute nach ihr. Denn noch heute kann ich nicht bereuen, was ich aus Liebe tat.
Das sollst Du wissen.
Gott, den wir Allah nennen, der aber derselbe Gott ist wie der Deine, weil kein anderer ist außer ihm, gab mir viel, und gewiß nennst Du mich schuldig, weil ich hadere um das wenige, das er mir nahm. Doch mir schien das wenige immer alles zu sein; denn meine Liebe teilte sich nicht. Sie blieb gleich stark zu allem, was ich empfing, und oft dachte ich, Gott in den Geschöpfen zu lieben, die er durch mich in die Welt rief.
Du aber sagst, man müsse Gott mehr
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