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Rubinrotes Herz, eisblaue See

Rubinrotes Herz, eisblaue See

Titel: Rubinrotes Herz, eisblaue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Callahan Rogers
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Haltestelle sagte ich zu Glen: »Du solltest froh sein, dass du eine Mutter hast, ganz egal, was sie tut.«
    Doch Glen konnte sich nicht damit abfinden, und er weigerte sich, Germaine in der Stadt zu besuchen. Er ging auf jeden los, der aussah, als wollte er ein Wort mit »L« sagen, bis Bud sich ihm an die Fersen heftete, um dafür zu sorgen, dass es keinen Ärger gab.
    Als wir am 26. April, Glens Geburtstag, von der Bushaltestelle zu Rays Laden gingen, wartete Germaine draußen vor der Tür. Ich fragte mich manchmal, wie sie und Ray einen so kräftigen Sohn produziert hatten. Germaine war klein und zierlich, mit hellblondem, jungenhaft kurzem Haar. Ray war auch nicht groß. Aber Parker war ein Riese, und vielleicht hatte Ray das an Glen weitergegeben.
    Als ich Germaine dort stehen sah, mit der verzweifelten Sehnsucht, von Glen akzeptiert zu werden, packte mich der Neid. Wie oft hatte ich mir in letzter Zeit gewünscht, dass Carlie mich von der Bushaltestelle abholte? Und da stand Germaine, die Frauen mochte und trotzdem von Jesus geliebt wurde, und verzehrte sich nach ihrem Kind. Glen sagte: »Ach du Scheiße.«
    »Sie ist deine Mutter«, sagte ich. »Und sie ist hier. Das ist doch was.«
    »Sie hat recht«, sagte Bud hinter mir. »Florine hat recht.« Als Dottie, Bud und ich an Germaine vorbeikamen, sagten wir »Hallo« und gingen weiter. Wenn Glen nicht stehen geblieben wäre, um mit ihr zu reden, hätte ich ihm eine reingehauen. Aber er tat es.
    Als der Sommer 1965 kam, wabbelten auf Dotties Brust zwei Puddinge, während ich immer noch flach wie ein Brett war.
    An einem Julitag, als wir in ihrem Zimmer waren, sagte sie: »Willst du mal was sehen?«
    »Was denn?«
    Sie zog ihre Shorts runter, dann auch noch ihren rosa Baumwollschlüpfer, und deutete auf das fleischige V zwischen ihren Beinen. »Da«, sagte sie. »Ist das nicht eklig?«
    »Was meinst du?«
    »Geh näher ran.«
    »Ich bin nah genug.«
    »Jesses, Florine, sieh hin.«
    Nach einigem Suchen entdeckte ich vier oder fünf blonde Haare, die wie eingerollte Farntriebe aus ihrer glatten, rosigen Haut sprossen.
    »Ich wünschte, ich hätte auch welche«, sagte ich, während mir glühender Neid durch die Adern schoss.
    »Aber ich nicht«, sagte Dottie. »Ich wird sie abrasieren.«
    »Hast du schon deine Tage?«
    »Blöder Name, als war nicht jeder Tag mein Tag«, sagte Dottie. »Nein, hab ich noch nicht. Madeline hat mir ein paar Binden gekauft. Aber ich bin nicht scharf darauf. Klingt verdammt lästig, das Ganze.«
    »Alle Frauen kriegen das«, sagte ich.
    »Ich will keine Frau sein.« Dottie zog sich die Hose wieder hoch und setzte sich neben mich aufs Bett. »Warum nicht?«
    »Wozu? Ich will keine Kinder haben. Und einen BH ziehe ich auch nicht an«, sagte sie aufmüpfig, als hätte ich ihr gerade genau das befohlen.
    »Und ich will nicht für immer flach bleiben«, sagte ich. »Ich will einen Busen haben. So einen wie Carlie.«
    »Diese blöden Puppen.« Dottie wies mit dem Kopf auf das Regal. »Glotzen mich an, als würden sie irgendwas von mir erwarten. Willst du sie haben, für später, wenn du eine Frau bist und Kinder hast?«
    »Gib sie Evie«, sagte ich.
    Dottie schnaubte. »Die hat selber genug von den verdammten Dingern.«
    »Vielleicht änderst du ja deine Meinung. Und vielleicht mögen deine Kinder Puppen, auch wenn du sie nicht magst.«
    »Ich will keine Kinder«, sagte Dottie erneut.
    Das verunsicherte mich. Ich hatte mir immer vorgestellt, dass wir später mit unseren Ehemännern und Kindern zusammen hier leben würden. Aber das behielt ich für mich. Stattdessen sagte ich: »Wollen wir uns sonnen?«
    »Von mir aus.«
    Wir zogen unsere Badeanzüge an, gingen runter in die Bucht und breiteten unsere Handtücher auf dem von Kieseln durchsetzten Sand aus.
    Es war still am Strand ohne die Jungs. Glen füllte für Ray die Regale auf, und Bud war mit Sam und Daddy auf dem Boot. Wir hatten die beiden in der letzten Zeit nicht oft gesehen, aber vor Kurzem war ich Bud auf der Straße begegnet, als ich gerade aus Rays Laden kam.
    »Hey«, sagte er.
    »Hey«, sagte ich.
    »Warst du fischen?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte er. »Warst du einkaufen?«
    »Ja.«
    »Na, dann«, sagte er und ging weiter.
    Als ich über die Schulter zurückblickte, sah ich, dass er sich auch noch mal umgedreht hatte. Er zog den Kopf ein, winkte verlegen und setzte sich wieder in Bewegung.
    Jetzt, als Dottie und ich in der Sonne lagen, sprangen mir plötzlich vollkommen fremde

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