Der Auftrag meines Lebens! (German Edition)
Der Auftrag meines Lebens
Teil 1
Nik S. Martin
I ch hasse solche Tage. Es schüttet wie aus Kübeln und ich bin viel zu spät dran. Mein Sakko ist hinüber, meine Jeans bis zu den Knien nass und meine Lederschuhe sind reif für die Tonne. Super! In zehn Minuten ist das Treffen! Ich kann von Glück reden, wenn der mir unbekannte und potenzielle Auftraggeber nicht gleich meine Kompetenz infrage stellt. So wie ich jetzt wahrscheinlich aussehe, mache ich nicht den seriösen Eindruck, den meine Agentur verspricht.
Mangels Alternativen haste ich durch die Innenstadt. Zu Fuß, wohlbemerkt. Heute Morgen hat mich zu allem Überfluss mein Auto im Stich gelassen. Wie gesagt, ich hasse solche Tage!
Geschafft! Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass noch drei Minuten bleiben. Diese Zeit reicht nicht einmal aus, um mich im Waschraum des Hotels etwas ansehnlicher herzurichten. Das Treffen soll in der Hotelbar stattfinden, deren Tür ich im Moment aufstoße. Sofort schnellt der Blick des Barkeepers zu mir, nicht sonderlich wohlwollend.
Was kann ich für den Regen? , brumme ich gedanklich.
Meine Augen suchen den Raum ab. Es sind nur wenige Gäste in dem spärlich beleuchteten Raum. Ich erkenne ihn sofort. Das vereinbarte Zeichen, ein Glas Rotwein, steht vor ihm. Der Mann trägt einen perfekt sitzenden, schwarzen Anzug. Sein Aussehen überrascht mich, kennen wir uns doch nur von einem einzigen Telefonat. Er sieht viel jünger aus, als er klang.
Langsam gehe ich auf den Tisch zu. Er sieht mich und zieht missbilligend die Brauen zusammen. Ich versuche, ein entschuldigendes Lächeln zustande zu bringen und trete vor den Tisch.
„Guten Abend, Herr Maurice Laurant – nehme ich an.“
„So ist es … Rene Schmidt?“
„Ja“, erwidere ich.
Er nickt und deutet auf den ihm gegenüber befindlichen Stuhl. „Bitte, nehmen Sie Platz.“
„Danke“, sage ich steif und komme der Aufforderung nach. „Entschuldigen Sie bitte meinen Aufzug, doch das Wetter kann ich schließlich nicht beeinflussen.“
Er winkt ab. Dabei fällt mir ein schwerer Siegelring an seiner linken Hand auf. Das Symbol darauf kann ich nicht erkennen, aber er muss eine Stange Geld gekostet haben.
„Ich habe bewusst Ihre Agentur ausgewählt. Sie genießen einen exzellenten Ruf, was das Aufspüren gewisser … Dinge anbelangt. Ist dem so?“
„Bei aller Bescheidenheit – ja. Auch wenn es manchmal etwas dauert, alles kann gefunden werden. Wenn man richtig sucht.“
Der Barkeeper tritt an den Tisch und räuspert sich.
„Möchte der Herr etwas trinken?“, erkundigt er sich.
Bevor ich antworten kann, übernimmt mein Gegenüber die Bestellung.
„Fühlen Sie sich befähigt, uns zwei Sazerac zu machen? Nach Originalrezept?“
„Selbstverständlich!“, erwidert der Barkeeper und verbeugt sich steif, ehe er sich wegdreht und geht.
„Danke.“ Leicht verunsichert sehe ich mein Gegenüber an. Von dem bestellten Getränk habe ich noch nie gehört.
Erneut winkt er nur ab. „Ich habe vermutlich einen etwas ungewöhnlichen Auftrag für Sie. Seit langem suche ich nach etwas, das mir von großem Wert ist, jedoch keinen materiellen Wert besitzt. Ich hoffe, Sie sind in der Lage, das zu finden.“
„Ich werde mein Bestes geben. Wie immer.“ Ich räuspere mich. „Entschuldigen Sie, aber würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich kurz zum Waschraum gehe und zumindest einen Teil meiner Kleidung in Ordnung bringe?“
Er lächelt leicht, nickt und deutet mit der Hand nach links. „Bitte.“
Erleichtert stehe ich auf und gehe in die angezeigte Richtung. Ein dezentes Schild deutet darauf hin, dass dort die Toiletten zu finden sind. Ich fühle mich unbehaglich, das Sakko ist schwer und unbequem. Als ich in die Herrentoilette eintrete, blendet mich das Licht. Im Gegensatz zur Bar ist es hier grell erleuchtet.
Was ich hier zu finden gehofft hatte, ist in der Tat da. Zielstrebig gehe ich auf den Händetrockner zu, streife mein Sakko ab und aktiviere gleich darauf den warmen Luftstrom. So kann ich zumindest mein seidenes Hemd etwas vorzeigbarer gestalten. Der schwere Stoff der Jeans ist binnen kurzer Zeit unmöglich zu trocknen, ebenso wenig wie das Sakko, doch das Oberhemd lässt sich leicht bewerkstelligen. Nach nur zweimaligem Betätigen des Luftstroms ist das Hemd trocken.
Mein Blick fällt in den Spiegel. Wie ich es erwartet habe, hat das Haargel mich im Stich gelassen – kein Wunder, bei diesem Wetter. Dadurch sind meine blonden Haare, die sonst
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