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Rubinrotes Herz, eisblaue See

Rubinrotes Herz, eisblaue See

Titel: Rubinrotes Herz, eisblaue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Callahan Rogers
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zählen«, sagte sie. »Ich muss mich stärken. Ich wachse schließlich noch.«
    Während der Busfahrt zur Bowlinghalle saßen wir drei in der letzten Reihe. So aufgedreht wie an dem Tag hatte ich Dottie noch nie erlebt.
    »Ich mach sie alle fertig«, sagte sie. »Ich leg ‘nen Perfect Score hin.«
    »Mit mir werdet ihr keinen Blumenpott gewinnen«, sagte ich düster.
    »Hör auf, dir solchen Quatsch einzureden. Du musst daran glauben, dass du alle schlagen kannst«, sagte Dottie. »Du musst im Kopf hier oben sein« - sie hob die Hand zur Decke des Busses - »und nicht da unten.« Sie berührte den Boden. Sie lehnte sich wieder zurück und machte mit den drei Kaugummis, die sie sich in den Mund gestopft hatte, eine riesige, rosafarbene Blase. Sie wuchs und wuchs, bis man das Licht, das durchs Busfenster fiel, hindurchschimmern sah.
    »Du lieber Gott«, quiekte Susan. Dotties Augen weiteten sich, und ich hielt den Atem an. Als die Blase schließlich platzte, bedeckte sie Dottie vom Haaransatz bis zur Mitte ihres T-Shirts. Als wir bei der Bowlinghalle ankamen, waren wir immer noch damit beschäftigt, ihr die Kaugummifitzel aus dem Haar zu zupfen. Doch sobald der Bus hielt, war Dottie nicht mehr zu halten und sprang als Erste hinaus.
    Als Susan und ich sie einholten, war Dottie schon am Tresen und probierte Schuhe an.
    »Wir müssen die Schuhe von anderen Leuten anziehen?«, fragte ich entgeistert.
    »Stell dich nicht so an, Florine«, sagte Dottie. »Ich hab keine Lust, wie eine Vollidiotin dazustehen.«
    »Dafür ist es eh zu spät«, entgegnete ich. Doch sie beachtete mich gar nicht, sondern nannte der Frau hinter dem Tresen meine Schuhgröße. Die reichte mir ein Paar, als wäre es für sie etwas vollkommen Normales, stinkige, von anderen Leuten getragene Schuhe anzufassen. Susan und ich gingen hinter Dottie und Holly, ihrer Mannschaftskollegin, zu unserer Bahn. Wir setzten uns in die kleine Sitzecke und zogen unsere Schuhe an. Ich machte einen Doppelknoten in die Schnürsenkel, wie Carlie es mir beigebracht hatte. »Zwei Knoten halten besser als einer«, hatte sie gesagt.
    Holly und Dottie setzten sich ein Stück von Susan und mir entfernt hin und besprachen ihre Spieltaktik. Ein paarmal sahen sie zu uns herüber, dann redeten sie wieder weiter.
    »Was meinst du, was sie sagen?«, flüsterte Susan.
    »Holly fragt Dottie, wo sie die Niete mit den Zottelhaaren aufgelesen hat. Sie überlegt, ob sie mir sagen soll, dass ich besser gleich wieder nach Hause fahre.«
    »Sie brauchen vier Leute für ihre Mannschaft«, sagte Susan. »Ich kann das. Und ich glaube, du kannst das auch.«
    Ich sah zu, wie ein Mädchen bis zu einer Linie ging und den Bowlingball auf die Bahn warf. Ein paar Pins fielen um. »Sieht jedenfalls nicht sehr schwer aus.«
    »Los, holen wir unsere Bälle«, sagte Dottie.
    Als wir bei dem Regal ankamen, hob ich einen der Bälle hoch. Er war viel schwerer, als ich gedacht hatte, und ich ließ ihn fallen. Er landete eine Handbreit vor Hollys Fuß.
    »Pass doch auf, verdammt noch mal«, sagte Holly.
    »Hier«, sagte Dottie und gab mir einen zerkratzten schwarzen Ball. »Das ist ein Zehnpfünder. Damit müsstest du klarkommen.«
    Ich drückte das Ding an die Brust, schob meine Finger in die Löcher und hielt den Ball mit der einen Hand. »Ich kann das«, sagte ich.
    »Braves Mädchen«, sagte Dottie.
    Von da an ging es bergab. Mein erster Wurf misslang, und der Ball steuerte auf die Rinne zu, als wäre es der kürzeste Weg nach Hause. Danach wurde es nicht wesentlich besser. Ich konnte Dottie nicht in die Augen sehen. Nach meinem x-ten Fehlwurf sagte ich zu Susan: »Ich glaube, mein Ball hat Angst vor den Pins.«
    »Vielleicht läuft es besser, wenn du dir ein paar Nägel abbrichst«, meinte sie. Sie stellte sich geschickter an als ich, wobei man das wahrscheinlich selbst von einem Fisch hätte behaupten können. Im ersten Spiel schaffte sie einen Strike, obwohl sie bei ihren Würfen völlig unberechenbar war. Mal fielen drei Pins um, dann acht, dann nur einer. Holly hingegen warf regelmäßig Achter, Neuner und ab und zu auch einen Spare.
    Dottie gab alles.
    Wenn sie an der Reihe war, stellte sie sich mit dem Rücken zu uns auf, und ihre kräftigen Beine - die Waden sahen selbst fast aus wie Pins - schienen nur auf den Startbefehl zu warten. Sie hielt einen kurzen Moment inne, als bete sie zu einem Bowling-Gott, den ich nie kennenlernen würde, dann lief sie zwei Schritte, glitt nach vorn, beugte ihr Knie

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