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Rückkehr zum Mars

Rückkehr zum Mars

Titel: Rückkehr zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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von Jahren, als der Mars noch jung gewesen war und ein Ozean die heutige öde, wasserlose Wüste bedeckt hatte.
    Und dann hatte sich das Land geteilt, war auf einer Länge von Tausenden von Kilometern aufgerissen, eine schartige Wunde, die eine acht Kilometer tiefe Narbe hinterlassen hatte; im Vergleich zu ihr sah der Grand Canyon von Arizona wie ein Grübchen aus. Was hatte diesen Bruch verursacht, was konnte einen Canyon aufreißen, der so breit war, dass man nicht mal die andere Seite sehen konnte, weil sie hinter dem Horizont lag?
    Eine Plattentektonik wie auf der Erde konnte es nicht sein. Der Kern des Mars war nicht lange genug so heiß gewesen, um einen solchen Grabenbruch zu erzeugen.
    Eine Spalte kam vor ihm herauf, und Jamie stoppte die Winde. Aber es war nur ein Loch in der Canyonwand, eine lange, schmale Höhle, dunkel und leer. Keine Navajos, die sich darin vor Carson und seinen verräterischen Utah-Indianerscouts versteckten.
    Er fuhr weiter nach unten. Kein Laut außer seinem Atem; die Winde war nun mehr als einen Kilometer über ihm, oben am Rand des Canyons bei Trumball.
    Das Gestein begann wieder zu verschwimmen. Zu schnell. Jamie lockerte den Druck seines verkrampften Fingers, und die Abwärtsfahrt verlangsamte sich.
    Er schaute erneut nach unten und sah den dunklen Rand der Nische zwischen seinen baumelnden Stiefeln.
    Gleich war er da. Noch ein paar Meter. Langsam, schmerzhaft langsam ließ er sich hinunter.
    Es war eine riesige Einbuchtung in der Wand des Canyons, so groß wie die Höhle auf der Mesa Verde, vielleicht noch größer. Ein schwerer Felsüberhang, der sie vor dem Wetter schützte – nicht dass es in den letzten tausend Millennien viel Wetter auf dem Mars gegeben hätte.
    »Ich bin bei der Nische«, meldete er in sein Helmmikro. »Gehe auf manuelle Steuerung.«
    Einen Moment lang kam keine Antwort, dann sagte Dex' Stimme angespannt: »Ich kriege dein Kamerabild. Sieht gut aus.«
    Jamie nickte. Wenn mir irgendwas zustößt, haben sie alles auf Video. Bilder für die Touristen.
    Mitten in der Luft hängend, schaltete er die Windensteuerung aus und begann, sich per Hand langsam und vorsichtig hinunterzulassen. Dabei spähte er in die verschattete Nische in der Felswand.
    Sie war da! Jamie sah eine glatte Mauer aus gräulichem Rosa, eine Art Sandstein, die sich vom Boden der riesigen Höhle erhob. Sie war so schnurgerade, dass es sich unmöglich um eine natürliche Formation handeln konnte. Sie war gebaut worden, errichtet von intelligenten Wesen.
    Eine Ewigkeit hing er dort im Geschirr, schaukelte leicht hin und her und starrte nur die Mauer an, die sich in die schattigen Höhen der Spalte erhob, fast bis zur Felsendecke hinauf. Er fühlte, wie ihm das Herz gegen die Rippen schlug.
    »Alles in Ordnung mit dir?«
    Dex' Stimme weckte ihn aus seiner ehrfürchtigen Benommenheit.
    »Siehst du das?«, rief Jamie. Seine Stimme war schrill vor Begeisterung.
    »Ja, ich hab's auf dem Monitor. Sieht wirklich wie eine Mauer aus.«
    »Es ist eine Mauer! Eine Mauer, die jemand gebaut hat!«
    »Zieh keine voreiligen Schlüsse«, warnte Dex. Seine Stimme klang angespannt und heiser.
    Langsam und bedächtig drehte Jamie den Kopf von einer Seite zur anderen, sodass die von seinen Augenbewegungen gesteuerte Helmkamera die Wand in ihrer gesamten Länge aufzeichnen konnte.
    »Fast hundert Meter lang«, berichtete er. »Ungefähr zehn bis zwölf Meter hoch, schätze ich.«
    »Sieht aus, als wäre der obere Rand abgebröckelt«, sagte Dex. »Ist aber schwer zu sagen, weil er im Schatten liegt.«
    »Abgebröckelt, zerbrochen, ganz recht«, sagte Jamie. »Muss ziemlich weiches Material sein. Sandstein oder so was in der Art.«
    »Kannst du erkennen, wie dick sie ist?«
    »Von hier aus nicht.«
    Keine Reaktion von oben. Er weiß, was als nächstes kommt, sagte sich Jamie.
    »Ich gehe rein«, sagte er.
    Sofort erwiderte Dex: »Nein! Es ist schon zu spät, die Sonne geht in ungefähr einer Stunde unter. Die Mauer ist morgen auch noch da.«
    »Ich schaff das schon«, sagte Jamie. »Ich hab auf der Erde genug Berge bestiegen, um das hinzukriegen.« Wortlos fügte er hinzu: Zur Hölle mit morgen. Ich gehe jetzt da rein.
    Er hakte die mit einer Sprungfeder versehene Seilpistole von seinem Gerätegürtel, packte sie mit beiden behandschuhten Händen und zielte auf den Steinboden der Nische statt auf die Mauer selbst. Sandstein konnte nachgeben, sagte er sich, aber in Wirklichkeit wusste er, dass es ein Sakrileg wäre,

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