Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ruf der Daemmerung

Titel: Ruf der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riana O Donnell
Vom Netzwerk:
die Pferde sehen den dünnen Draht schlecht«, erklärte Shawna. »Einen Holzzaun akzeptieren sie eher und ein Holzzaun mit Strom ist maximal sicher.«
    So genau hatte Viola das auch nicht wissen wollen, aber Shawna setzte jetzt zu einem Vortrag über verschiedene Zaunarten an und über die offensichtlich unendliche Menge an Elektrozaun-Variationen.
    »Das Beste wäre ein richtig solider Holzzaun«, brummte Bill, als sich alle, mehr oder weniger kaputt, aber durchweg genervt, zum Haus zurückschleppten. »Mit Eisenbahnschwellen oder so was, der auch nicht kaputtgeht, wenn sich die Gäule mal dran scheuern. Aber das baut man natürlich nicht an einem Nachmittag ...«
    Viola hätte ihn schlagen können. Genau wie Ainné war er nie zufrieden. Was faszinierte ihren Dad bloß an dieser Familie? Natürlich war er verliebt, aber wie konnte Ainné ihn derart fesseln, dass er all diese Widrigkeiten klaglos erduldete? Viola beschloss, dass man die Sache mit der Liebe gar nicht vorsichtig genug angehen konnte. Es war völlig unmöglich, dass sie einen total überfiel, es musste eine Möglichkeit geben, dagegenzusteuern, wenn die Kombination so gar nicht passte.
    »Ich werde mich jedenfalls nicht blind verlieben!«, schrieb sie am Abend an Katja. »Ich will einen netten, normalen Jungen, der sich für Computer, Filme und CDs interessiert - meinetwegen kann er auch ein Moped haben. Aber garantiert wird er nicht am Ende der Welt wohnen und keine keltische Form von Stepdance betreiben. Ach ja, und Pferde kennt er überhaupt nur aus dem Kino ...«

3
 
    Am nächsten Tag war der Himmel zunächst bedeckt, dann wurde es wieder sonnig, und gegen Abend, als Viola mit Guinness zu ihrem üblichen Spaziergang startete, stiegen Nebel auf. Der See glitzerte im letzten, von Wolken verhangenen Sonnenlicht dunkel wie flüssiges Quecksilber, und durch den Nebelschleier sah es aus, als brodele hier ein Zaubertrank, aus dessen Dämpfen sich Geister materialisierten. Viola hatte aber zunächst keinen Blick für das Naturschauspiel. Sie hatte sich wieder mal über Ainné geärgert - der Nachmittag war eine endlose Folge von mit mannigfaltigen Vielleichts getarnten Aufträgen gewesen. Schließlich war Viola explodiert und hatte ihrer Stiefmutter ein »Vielleicht muss ich auch mal was für die Schule tun?« entgegengeschleudert. Statt zu kochen wie gewöhnlich, verkrümelte sie sich mit Guinness zum See. Der kleine Hund fand das großartig. Er schnüffelte aufgeregt, fand immer neue Spuren und jagte abwechselnd Hasen und Phantome.
    In der seltsamen Atmosphäre dieser verhangenen Abenddämmerung gab es jedoch bald keine Hasen mehr. Das Kleingetier schien sich zu verkriechen - die nebelgeschwängerte Welt wurde zu ungemütlich. Oder zu unheimlich? Viola war nicht ängstlich und fand das unwirkliche Licht und die Nebel, die sich den See langsam einzuverleiben schienen, einfach faszinierend. Aber sie konnte sich schon vorstellen, dass versponnene Charaktere sich heute ins Feenreich versetzt fühlten, in dem die Zeit erstarrt war und die knorrigen Äste der Bäume am Ufer aus dem Dunst nach Wanderern zu greifen schienen.
    Dann aber erkannte sie wirklich eine Bewegung. Irgendetwas tat sich am Ufer, an einem sandigen Abschnitt zwischen Schilf und Grasland, den kälteunempfindliche Touristen mitunter als Badestrand nutzten. Viola spähte angestrengt danach aus. Es wirkte, als ob etwas aus dem See stieg. Aber das konnte doch nicht sein! Viola schob sich durch das Schilf, um besser sehen zu können. Es war etwas Großes ... Sekundenlang dachte sie an das Ungeheuer, das ihr Vater beschworen hatte. So riesig war das Ding allerdings auch nicht. Viola pfiff leise nach Guinness. Aber der Hund hatte die Erscheinung inzwischen auch bemerkt. Er sauste bellend hinunter und das Wesen hob erschrocken den Kopf. Ein Pferd. Viola entspannte sich. Natürlich, was sonst? Es musste eins von Bills Ponys sein, vielleicht doch entkommen aus der großartigen neuen Koppel. Und jetzt ... badete es im See? Unmöglich! Bestimmt war das Tier nicht wirklich aus dem Wasser gekommen, sie musste sich getäuscht haben. Zumal es sich auch völlig normal benahm. Es senkte unsicher den Kopf, als Guinness aufgeregt um es herumsprang, entschied sich dann aber für die Flucht. Viola wunderte das. Bills Ponys kannten den Hund und ließen sich im Allgemeinen nicht von ihm aus der Ruhe bringen. Allenfalls begannen sie ein kleines Kampfspiel, wenn sie gerade in Lauflaune waren. Dann sprangen sie mit

Weitere Kostenlose Bücher