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Ruf der Daemmerung

Titel: Ruf der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riana O Donnell
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das war zu seltsam. Besser sie hielt den Mund. Stattdessen redete sie sich gleich nach dem Essen mit Schularbeiten heraus, verzog sich in ihr Zimmer und öffnete ihr E-Mail-Programm.
    Katja, ihre Freundin in Braunschweig, weit weg von nebeligen Fantasylandschaften und Harfenklängen, die Tierwesen erschufen, würde sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen.
    Viola schrieb eine lange Mail und versuchte dann, sich auf ihre Gälischhausaufgaben zu konzentrieren. Die Sprache war ihr nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln, bisher schaffte sie es nicht mal, die Worte richtig auszusprechen. Sie stellte ihre Bemühungen gern ein, als Katja postwendend antwortete.
    »Hast du dich nun endgültig dem irischen Whiskey ergeben?«, erkundigte sie sich. »Entschuldige, aber du klingst ein bisschen durchgeknallt. Liegt vielleicht an der Höhe, im Himalaja sehen die Leute ja auch dauernd Yetis. Aber nun versuchen wir mal, gemeinsam klar zu denken, ja? Also: Du hast ein Pferd gesehen und wahrscheinlich war es der Gaul von dieser Moira. Ist ganz natürlich: Wenn sie den allein hält, versucht er pausenlos, auszubrechen und zu anderen Pferden zu kommen. Wahrscheinlich ist er über den Zaun gesprungen, und als du den Jungen gefunden hast, war der Graue längst bei den Ponys von diesem Bill. Und dann lag da dieser Märchenprinz. Mit verstauchtem Knöchel. Mit dem hast du Händchen gehalten und schon war's wieder gut. Bisschen eigenartig - aber vielleicht neigen die Iren ja zu so was. Das ist eine Möglichkeit. Die andere ist, dass er vielleicht nicht alle Tassen im Schrank hat. Er geht nicht so zur Schule wie du, das klingt nach Sonderschule. Vielleicht haben die jetzt gerade Ferien und er ist zu Hause weggelaufen und hat sich prompt auf die Klappe gelegt. Dazu passt auch, dass er am Ende meinte, sie würden ihn schimpfen. Aber jedenfalls hatte er keinen Beinbruch und er war auch weder vorher noch nachher ein Pferd. So was gibt's nicht. Verstanden? Morgen fragst du mal etwas rum, garantiert kennen die Mädels den Typen. Und pass bloß auf, dass du dich nicht in den Dorftrottel verliebst! Pass überhaupt auf dich auf, ich mache mir langsam Sorgen. Die viele frische Luft ist nicht gut für dich, ich werde morgen ein paar Abgase von der A2 für dich eintüten und rüberschicken. Die inhalierst du dann ganz langsam, das wird dir helfen.
    Bleib klar im Kopf, Gruß, Katja.«
    Viola lächelte. Die Mail hatte ihr gutgetan. Aber der Junge ging ihr trotzdem nicht aus dem Kopf. Er war seltsam gewesen, aber er hatte nicht wie ein Dorftrottel gewirkt. Mehr wie ein Prinz, der sich aus der Märchenwelt ins Diesseits verlaufen hat. Aber vielleicht war auch alles nur Einbildung. Mit dem Gedanken an tiefblaue, ernsthafte Augen in einem schmalen Gesicht schlief sie ein.
 

 
    Moira schüttelte den Kopf, als Viola sie am nächsten Morgen im Bus nach ihrem Pferd fragte.
    »Fluffy kann's nicht gewesen sein, der war den ganzen Tag auf seiner Weide und abends im Stall«, erklärte sie. »Und wenn er weg gewesen wäre, hätte ich auch erst mal alle anderen Pferdehalter der Gegend angerufen. Das hätte jeder gemacht, Pferde sind Herdentiere, die suchen Gesellschaft. Also komisch, dass bei mir und bei Ainné keiner nachgefragt hat. Klingt nicht, als ob dein Grauer vermisst würde ...«
    »Vielleicht ein wildes Pony aus den Bergen?«, meinte Shawna aufgeregt und zupfte an ihrem blonden Pferdeschwanz. »Es soll ja noch welche geben. Oh, Mann, wäre das nicht aufregend, wenn es ganz freiwillig zu mir käme, und ich könnte es in einen Stall locken, und ...«
    Moira tippte sich gegen die Stirn. »Shawna, wild bedeutet, dass diese Ponys eben zu niemandem kommen und ihm den Kopf in den Schoß legen. Wenn's überhaupt noch welche gibt, dann weit oben im Nationalpark. Die lassen sich vielleicht mal von 'nem Ranger sehen, aber garantiert kommen sie nicht runter zu Bills Campingplatz, um sich da ein Boot zu mieten ...«
    Die anderen Mädchen lachten und Shawna wurde ein bisschen rot.
    »Wenn's aber ein Hengst wäre?«, rechtfertigte sie sich. »Dann würde es passen. Bill hat fünf Stuten ... Könnte es ein Hengst gewesen sein, Viola?«
    Viola zuckte die Schultern. »Ich kann nicht mal die Farben von den Viechern richtig benennen«, gab sie dann zu. »Geschweige denn, dass ich beim Vorbeilaufen sehe, ob es Männlein oder Weiblein ist.«
    »Jedenfalls sagst du mir Bescheid, wenn du es noch mal siehst, nicht?«, meinte Shawna, immer noch nicht bereit, ihren Traum

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