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Ruf der Toten

Ruf der Toten

Titel: Ruf der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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hinauswollen?«
    Cato blieb ungerührt in der Hocke, fasziniert davon, wie geschickt Comistadore das Unschuldslamm spielte. Ob Judas damals ein ebenso guter Schauspieler gewesen war?
    »Regen Sie sich nicht auf!«, sagte er mit schneidender Stimme, und das Frettchen zuckte einmal mehr zusammen. Etwas sanfter schob Cato hinterher: »Sie wissen ganz genau, wovon ich rede. Also sparen Sie sich die Ausreden.«
    Comistadore ließ die Schultern hängen. Nicht wie ein Frettchen, sondern wie ein geprügelter Köter!
    »Was wollen Sie?«, flüsterte der Priester. Sein Blick wich dem Catos aus.
    »Ich? Ich will gar nichts«, antwortete Cato ruhig. »Allerdings sind einige Herren in Rom mit Ihnen nicht einverstanden, ganz und gar nicht, vor allem jetzt, wo diese Dinge hier geschehen. Sie sind der Auffassung, Sie wären den Ereignissen nicht gewachsen.«
    »Das soll der einzige Grund sein?«
    Cato schwieg. Sein Blick ging in die Ferne, wo der finstere Himmel die Erde berührte. Sterne blinzelten wie neugierige Augen. Irgendwo dort war auch der Flugplatz, wartete eine Maschine auf ihn, die ihn zurück nach Rom bringen würde. Sein Auftrag hier in Trujillo war beinahe erledigt. Er hätte gerne mehr Zeit dafür gehabt. Doch es ließ sich nicht mehr aufschieben. »Nein«, sagte er. »Man ist der Auffassung, Sie würden in dem zu erwartenden Wirbel Ihre Position missbrauchen, noch mehr, als Sie es ohnehin schon tun.«
    Diesmal widersprach Frettchen nicht. Offensichtlich hatte er begriffen, dass Leugnen sinnlos war. Vielmehr schien er jetzt um seine Zukunft besorgt. »Und was gedenken diese Herren zu tun?«
    Wieder machte Cato eine Pause. Das Dorf war nun ganz in der Hand der Nacht. Das Zirpen der Grillen kam von den Feldern, auf denen die Ernte vertrocknete. Irgendwo bellte ein Hund. Aus der Kapelle drang gedämpft der ehrfürchtige Gesang der Menschen von Trujillo.
    Während Cato aufstand, sagte er: »Sie haben mich beauftragt, das Problem zu lösen.«
    Comistadore schniefte. »Das Problem?«
    »Sie!«
    »Mich?«
    »Es geht ganz schnell.«
    Bevor Comistadore reagieren konnte, schloss sich Catos Hand um seinen Nacken, und er stellte einen Fuß vor das Bein des Priesters. Comistadore schien nicht zu begreifen, was geschah, er wehrte sich nicht einmal. Aber das taten die wenigsten.
    Mit der freien Hand verpasste Cato ihm einen Stoß in den Rücken. Comistadore verlor das Gleichgewicht, knickte in den Knien ein und stürzte den Kopf voran in das dunkel schäumende Wasser. Es blubberte, als er den Atem ausstieß, doch Cato verstärkte den Griff in seinem Nacken und presste den Schädel unter Wasser. Der Kragen der Soutane fraß den Schlamm. Irgendwann erschlaffte der Körper. Cato ließ die Leiche frei, und der Fluss trug sie davon.
    In der Dunkelheit stieg Cato die Böschung empor, eilte zum Pfarrhaus, packte seine Tasche und rief ein Taxi im Nachbarort. Es würde eine Weile dauern, bis es hier war. Cato machte sich keine Sorgen darüber.
    Die Leiche des Priesters würde ans Ufer getrieben werden. Aber vor dem nächsten Morgen würde niemand sie finden. Dann saß er längst im Flugzeug, auf dem Rückweg nach Rom. Seine Aufgabe hier war erledigt. Um den Rest mussten sich andere kümmern.

Berlin
     
     
     
    Mit der Wahrheit war es so eine Sache. Vor allem dann, wenn Drogen eine Rolle spielten. Der Kick kam schnell. Erst war er noch weit entfernt. Wie ein Flugzeug, das am Himmel kreist und sich nur langsam dem Erdboden nähert. Doch einmal im Sinkflug, rückt die Rollbahn rasch näher, und der Flieger setzt auf. Ein Ruckein geht durch die Kabine und die Menschen, die an Bord sitzen. Dieses Rütteln ist nicht unangenehm. Es löst ein Kribbeln unter der Haut aus, ergreift den ganzen Körper, bis sich die Härchen auf den Armen aufrichten. So ähnlich war es auch mit Ecstasy. Nur dass das Kribbeln nach der Landung nicht nachlässt, sondern anhält, stärker wird und das Flugzeug wieder abhebt in den nächtlichen Himmel.
    Die Musik wand sich durch Philips Nervenbahnen, ließ ihn vergessen und trieb ihn auf die Tanzfläche. Für einen Moment entdeckte er Ken neben sich. Philip trieb zwischen den Leibern der jungen Menschen dahin. Dann sah er Chris am Rande der zuckenden Masse. Philip lachte. Schön, dass sie es sich doch noch anders überlegt hatte.
    Er schubste andere Tänzer beiseite, zwängte sich zwischen schweißnassen Körpern hindurch, doch als er vor ihr stand, war Chris verschwunden. Ein Mädchen mit bauchfreiem

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