Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
mit dem Dolch möglich zu siegen? Aber das Elektrum der Kugel wirkte bei mir, also hatte sein Blut keine Wirkung in meinen Adern. Immerhin könnte ich wenigstens mit der Gewissheit sterben, dass auch Kaliste in die Hölle ging und niemandem mehr etwas tun konnte.
Ich ignorierte den Schmerz, die eisige Kälte, die in meine Glieder kroch, und sammelte meine letzten Kraftreserven. Einen Trumpf hatte ich noch. Jetzt galt es, ihn einzusetzen auf Leben und Tod. Ich kämpfte mich wieder an die Oberfläche meines Bewusstseins und schlug die Augen auf. Das grüne Feuer in meinem Blick spiegelte sich in ihren türkisen Iris. Ich sah Überraschung darin, weil sie nicht damit gerechnet hatte, dass ich noch einmal aufbegehren würde. Doch es dauerte nur Sekunden, ehe ihr Gesicht wieder den eisigen Ausdruck annahm, mit dem sie meinSchicksal besiegelte.
„All dein Bemühen, vergebens. Was hast du nun davon? Leib und Seele tot. Du wärest besser beraten gewesen, an meiner Seite zu stehen, doch nun musst du den Preis bezahlen und sterben“, verkündete sie ebenso zärtlich wie kalt.
Die Zeit blieb stehen. Ich hörte mein Herz schlagen, laut und klar. Das Elektrum erreichte mein Lebenszentrum, sammelte sich in den Kammern, füllte sie und wurde eins mit mir. Mein plötzliches Lächeln, so schwach es auch war, irritierte Kaliste. Die Bewegung meiner Lippen kostete mich unmenschliche Kraft und ich wusste, dass ich jedes bisschen Energie, das ich noch hatte, für mein Vorhaben brauchte. Dennoch konnte ich dem Bedürfnis nicht entsagen, ihr diese Worte zu entgegnen.
„Ich bin noch längst nicht tot.“
Die Ungläubigkeit und gleichzeitige Erkenntnis in Kalistes Antlitz war Balsam für mich und verlieh mir den Funken, den ich brauchte. Ich riss mit den allerletzten Reserven meinen Arm in die Höhe und hieb den Dolch tief in ihren Brustkorb. Die Knochen ihres Brustbeins barsten, als die Klinge aus Elektrum sie durchschlug. Die Lippen meiner Königin öffneten sich und ich sah langsam den dünnen Blutstrom hervorquellen, öffnete meinen Mund um ihn aufzufangen.
Ihre Seele, ging es mir durch den Kopf. Ich muss ihre Seele greifen. Meine freie Hand legte sich um ihren Kopf, zog ihn zu mir herunter und presste ihre Lippen auf meine. Ich schloss die Augen, setzte meinen Blutdämon frei. Dies war seine Quelle. Nun gehörte sie ihm.
In diesem Moment spürte ich, wie die dunkle Macht, die in ihr lauerte – düsteres Lebenselixier aus dem Erbe ihres Vaters – nach mir griff. Mit grausam kalten Klauen schien sie mein Herz zu umklammern, leckte mit bösen Zungen an meiner unsterblichen Seele. Und für Sekunden war ich versucht, mich von ihr zu lösen, nur um zu verhindern, dass sich diese völlige Finsternis meiner bemächtigen könnte, und mich zu einem ebenso listigen und bösartigen Geschöpf machen würde, wie sie es war. Doch ich riss mich zusammen. Es war mein Schicksal, meine Bestimmung. Und ich würde Tausende meiner Art und alle Menschen, die mir nahestanden, damit retten. Ich war stark, redete ich mir ein. Ich würde widerstehen können. Ihr dunkler Geist würde nicht über mich siegen. Und so hielt ich sie umso fester umklammert, saugte ihre Lebenskraft, trank ihr Blut und riss ihre Seele an mich, auf dass sie für immer vergehen mochte.
Zwei rote Bestien standen einander gegenüber.
Es war ganz ähnlich wie damals mit Steven. Ich erwartete den Kampf der beiden, doch er blieb aus. Das Elektrum lähmte Kaliste und ihren Blutdämon gleichermaßen. Mich berührte es nicht. Ihr Innerstes brach zusammen wie ein waidwundes Tier. Ich brauchte es mir nur noch zu holen. Mein Dämon riss große Fetzen aus dem am Boden liegenden Leib, der sich nicht mehr wehren konnte, schlang sie hinunter, Bissen für Bissen. Irgendwann senkte sich Schwärze über mich.
Ich weiß nicht, wie lange ich im Nebel zwischen den Welten verharrte, bis ich wieder zu Bewusstsein kam. Ich weiß nicht, wie meine Seele es überstand und sich Kalistes Macht und Stärke einverleibte, ohne vom Übel durchflutet zu werden, das Hand in Hand damit ging. Aber ich schaffte es. Und ich wusste es in dem Moment, in dem Armand mich in die Arme nahm und meinen Namen flüsterte.
Nie mehr so wie es war
I ch drehte den Dämonenring an meiner Hand, spürte Magotars vereinte Kraft in mir. Wusste er, dass ich ihn jetzt besaß? Das geschafft hatte, was er mir nicht zutraute?
Etwas in mir war gestorben, als ich von Kaliste getrunken hatte. Ich hatte es deutlich gespürt, und in
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