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Rund wie die Erde

Rund wie die Erde

Titel: Rund wie die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Demski
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zu tun, ist Abstraktion und Geheimnis, ein Hundsfott, der sie uns vermiest.
    Solange wir sie haben, auf Papptellerchen, im Stehen, blickend auf jene Landschaften aus Möbelmarkt, Teppichbodenparadies und Tankstellen, aus Parkplatzweiten und Containern, Drive-in-Hotels und bunten Mülltonnen, können wir noch an der Erinnerung kauen: Mit Bettlaken gedeckte lange Tische unter Apfelbäumen, auf denen die zusammengeliehenen Schüsseln standen und kein Teller zum anderen paßte: In den Kartoffelbrei hatte die braune Sauce Schluchten gegraben, dreierlei Kraut mit Specklocken, irgendein Braten, Apfelkompott, schwarze, graue und rote Würste im warmen Sud. Das Bier war trüb, und der Wein hing in einem alten Einkaufsnetz im Tümpel zum Kühlen. Die Tafel konnte auch in einem viel zu vollen Wohnzimmer stehen oder in einer jener großen Küchen, in denen es nach den Essen der letzten hundert Jahre roch. Es war eine Schinderei, das Schnippeln und Stopfen und Füllen und Schleppen und Heizen. Weihnachten, Kindstaufe, Firmung, Hochzeit, Totenschmaus. Runde Geburtstage. Erntefest. Diamantene Hochzeit. So viele Gelegenheiten waren es ja gar nicht, denkt man und beißt in seine Bratwurst. Im islamischen Paradies biegen sich die Tische, heißt es. Vielleicht wird man dereinst wenigstens zu Besuch vorbeischauen dürfen.
    Ganz Indien liebt ihn.
    Ich tus nicht.
    Mir kommt das Zeug an kein Gericht!
    Koriander war mir stets fatal,
    So schön's auch ist, das Tadsch Mahal!

Weniger werden – ein Tagebuch
    Im Zug dachte ich: Es sind schon wieder die gleichen paar Kilo. Du fährst geduldig an den Bodensee in die berühmte Klinik, verstaust sie grammweise irgendwo dort im Gelände, löst einen Teil im Wasser des Pools auf und verschwindest nach zwei Wochen Fasten, heimlich, damit sie dir nicht hinterhergerannt kommen. Sie schaffen das aber immer wieder, und es stellt sich heraus, daß sie sich Unterstützung holen: das eine oder andere Pfündchen. Wir sind zurück! grinsen sie dir eines Tages rotglühend von der Waage her ins Gesicht. Wir haben auch noch jemanden mitgebracht! Die ganze Zeit waren sie stumm geblieben, unter Souveränität versteckt, durch Gummizüge gezähmt – ohne Waage haben sie nichts zu melden. Manchmal kneifen sie dich in die Hüften und drücken BH -Verschlüsse ins Fleisch. Dagegen kann man sich aber wehren. Die es angeht, wissen, wie.
    Der Zug war ziemlich leer. Ich hatte meinen Obsttag dorthin verlegt, am See war keine Zeit zu verlieren. Sofort losfasten! war meine Devise. Ein älteres Paar saß in meiner Nähe. Ich aß erst einige krosse, knirschende Pflaumen, wahrscheinlich aus Südafrika, dann einen laut krachenden Apfel und danach mehrere von den Dingern, die früher Mandarinen hießen und jetzt jedes Jahr einen neuen Namen haben. Sie rochen stark, wie etwas, das man ins Krankenhaus mitbringt, und wenn ich das ältere Ehepaar gewesen wäre, hätte ich den Wagen schaudernd verlassen. Nach Stunden hörte ich den Mann sagen: Ob wir pünktlich ankommen werden? Und sie antwortete: Schau lieber nochmal nach!
    Wonach? Paare sind oft rätselhaft.
    Ich dachte an meine Pfunde, die sich so zutraulich und fest um mich geschart hatten und gar keinen Verdacht schöpften, obwohl das viele Obst sie hätte mißtrauisch machen können.
    Â 
    Eine wahre Göttin spricht:
    Niemals laß ich mich dran hindern
    So zu bleiben, wie ich bin!
    Meinen Leib gar zu vermindern
    Käme mir nie in den Sinn
    So die wahre Göttin spricht –
    Eine solche bin ich nicht.
    Â 
    Die Ankunft am See ist nett, eine zwirnsfadendünne Oberschwester, der man aber nicht zu gleichen wünscht, bringt Obst. Ein Fernseher ist da und der Blick auf den See, durch den riesigen Ahorn hindurch, der nur noch wenige Blätter festhält, gelbe Taschentücher. Ich fühle mich wohl in der Langeweile und der selbstausgesuchten Askese. Die Nacht hält mich wach. Ich habe nichts zu versäumen.
    Am nächsten Morgen um zwanzig nach sieben ermöglicht mir der Radau des Laubsaugers einen wachen Blick auf den Sonnenaufgang. Eine Wagneroper! Stumm! Bis auf den Laubsauger eben. Oh Einstimmung! Statt Tee am Morgen werde ich kühn auf Muckefuck bestehen, ich werde so schwer wach. Die Gemüsebrühe am Mittag erlaubt einen ersten Blick auf die Kombattanten, es variiert wie immer zwischen »was will die denn hier?« und »wie kann

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