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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gemetzel bisher
noch überstanden hatten, zum Großteil aber verwundet
waren und mehr tot als lebendig aussahen, stand Artus
selbst und schwang Excalibur mit gewaltigen, beidhändig
geführten Hieben. Das Zauberschwert teilte die Angreifer
fast schneller, als sie herbeizustürmen vermochten, und
Artus’ Gesicht hinter dem hochgeklappten Visier seines
Helms war verzerrt vor Anstrengung und Wut, aber auch
von Blut besudelt, das nicht ausnahmslos das seiner Feinde war. Er kämpfte auf verlorenem Posten einen letzten,
heroischen, jedoch sinnlosen Kampf. Noch während Lancelot ihn entsetzt und fassungslos zugleich anstarrte,
stürmte eine neue Welle von Angreifern heran, die Artus
zwar ebenso gnadenlos zurückschlug wie die, die vor ihnen gekommen waren, die zugleich aber auch furchtbar
unter seinen Rittern wüteten. Vielleicht war es noch ein
Dutzend Männer, das Artus verblieb, wahrscheinlich weniger, und die Zahl ihrer Feinde schien jeden Moment
noch zu wachsen.
Lancelot wehrte – fast ohne hinzusehen – einen weiteren
Angreifer ab, schrie Patrick und Sean zu, Gwinneth zu
beschützen, die offensichtlich dicht hinter ihm bleiben
wollte, und rannte los. Plötzlich war alles vergessen.
Aller Zorn, alle Enttäuschung, jedes Leid, das Artus ihm
angetan hatte, jede Erniedrigung, für die er ihm Rache
geschworen hatte, nichts von alledem zählte noch.
Jetzt – und vielleicht zum allerersten Mal wirklich – war
Lancelot das, was er sich immer gewünscht hatte: ein Ritter der Tafelrunde, der seinem König Treue geschworen
hatte und sein Leben für ihn geben würde, sollte es nötig
sein.
Er stürmte los, schwang das Runenschwert mit kraftvollen Hieben nach rechts und links, um sich den Weg zu
Artus und seinen Rittern freizukämpfen, und nahm kaum
zur Kenntnis, dass sich ihm und Gwinneth immer mehr
und mehr Pikten in den Weg stellten, als hätten sie den
neu aufgetauchten Gegner als den erkannt, der er war, und
spürten instinktiv, dass sich das Schlachtglück mit dem
Eintreffen von Lancelots kleiner Truppe vielleicht im letzten Moment doch noch einmal wenden würde. Es war
nicht der Blutdurst des Runenschwertes, der Lancelot in
diesem Augenblick zu einem Feind machte, der jeden
Gegner erbarmungslos niederschmetterte. Die Kraft, die
ihn jetzt beseelte, war keine Magie, sondern etwas viel
Mächtigeres: Es war die Angst eines Menschen um seinen
Freund. Ungleich mehr, als er es jemals unter dem Schutz
der undurchdringlichen Rüstung gewesen war, war Lancelot in diesem Moment so unbesiegbar wie unaufhaltsam.
Es mussten ein Dutzend piktischer Krieger sein, die sich
ihnen den Weg stellten, wenn nicht mehr, aber keiner von
ihnen vermochte ihn aufzuhalten oder auch nur zu verlangsamen, und wer von ihnen versuchte sich Gwinneth zu
nähern, wurde von den beiden Iren zurückgetrieben, die
trotz ihrer Verletzungen wie die Berserker kämpften.
Und trotzdem kam Lancelot zu spät.
Artus’ Ritter waren längst gefallen. Noch bevor er auch
nur die halbe Strecke an die Seite des Königs zurückgelegt
hatte, ging der letzte seiner Paladine unter der schieren
Übermacht der angreifenden Barbaren zu Boden und auch
Artus selbst wankte. Seine Rüstung war längst zerschlagen
und eingedellt, besudelt mit dem Blut der Pikten, die er
erschlagen hatte, der Schild zerbrochen und selbst Excaliburs silbernes Blitzen war jetzt rot gefleckt, als wäre das
Zauberschwert nicht mehr in der Lage, die Menge an Blut
zu trinken, die es vergossen hatte. Artus kämpfte unerschüttert weiter, schlug einen Angreifer nach dem anderen
nieder – und dann war es vorbei.
Plötzlich stürmten keine weiteren Pikten mehr heran. Es
waren mindestens drei oder vier Dutzend, wenn nicht
mehr, der in zerschrammtes schwarzes Leder und Felle
gekleideten Barbarenkrieger, die den König eingekreist
hatten, aber keiner von ihnen griff ihn mehr an. Vielmehr
bildeten sie einen weiten, sicherlich zwanzig Schritte messenden Kreis, in dessen Mitte Artus, schwankend vor Erschöpfung und keuchend, aber immer noch hoch aufgerichtet und Excalibur in beiden Händen haltend, stand und
auf das Ende wartete. Lancelot, Gwinneth und die beiden
Iren waren vielleicht noch dreißig oder vierzig Schritte
von ihm entfernt, doch mit der gleichen, durch nichts begründeten, aber unerschütterlichen Gewissheit, mit der er
vorhin gewusst hatte, was Merlin von ihm erwartete,
wusste Lancelot nun, dass er zu spät kommen würde.
Der Kreis der

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