Runlandsaga - Wolfzeit
errichten«, sagte er bei sich. »Hier mögen wir nachts auf den Spitzen ihrer höchsten Türme stehen, zu den Sternen hinaufblicken und uns erinnern, woher wir einst kamen, und wohin wir eines Tages zurückkehren werden, wenn die Hohe Cyrandith dieses Schicksal für uns träumt.«
So entstand an den Ufern des stillen Syrneril durch die Kunst der Endarin Meridon, ihre erste Stadt in Runland. Sie schwebte nicht über einem Abgrund, wie die Weißen Städte in Vovinadhár, doch ein großer Teil von ihr war über dem See erbaut und durch zahllose Brücken miteinander verbunden. Wer Meridon von weitem betrachtete, dem konnte es erscheinen, als flöge die Stadt tatsächlich durch die Magie ihrer Erbauer über den Wellen.
Innerhalb ihres neuen Zuhauses legten die Erstgeborenen unter der Führung von Oláran vier Viertel an, die den vier Städten in Vovinadhár entsprachen. In den Vierteln der Luft, des Feuers, des Wassers und der Erde fanden die Endarin der jeweiligen Häuser ihre Heimat. Oláran selbst führte den Vorsitz über den Ältestenrat, der sich im Tempel des Feuers traf.
Doch noch war die Erinnerung an ihre Vertreibung in den Herzen der Endarin frisch. Sie sorgten sich, dass die Herren der Ordnung sie auch in ihren menschlichen Körpern finden und sich an ihnen rächen könnten. Oláran dachte lange Zeit darüber nach, wie er seine Brüder und Schwestern am besten vor den sie verfolgenden Serephin beschützen konnte. Schließlich hatte er einen Einfall. In einem Ritual, das die vereinten Kräfte aller Endarin erforderte, erschufen er und seine engsten Vertrauten vier gewaltige Wesen, die ihnen als Wächter und Schutzgeister vor einem Angriff ihrer Feinde dienen sollten. Die Macht dieser Wesen entstammte der Welt von Runland. Es war die Lebenskraft der ihr innewohnenden Elemente. Ihre neue Heimat selbst würde die Endarin nun verteidigen, wenn ihnen Gefahr drohte. Kaum eine mächtigere Waffe war jemals erschaffen worden. Der Lebensfunke aber, der die Schutzgeister erweckte, rührte von der Magie der Endarin her – ein Geschenk, das sie freiwillig hergaben, um diese Wächter mit Leben zu erfüllen. Es war ihr Vermögen, die Gestalt zu verändern, das die Endarin opferten – ein großer Teil ihrer magischen Kraft. Von diesem Zeitpunkt an behielten sie ihre menschenähnlichen Körper bei, mit denen sie später den Temari als Elfen bekannt wurden.
Die magische Kraft jedoch, die sie geopfert hatten, strömte in die vier Wesen und erfüllte sie mit feurigem Leben. Dies war die Geburt der vier Wächter der Elemente. Da es die Magie der Serephin war, die sie hatte lebendig werden lassen, erschienen sie in der Gestalt von Drachen.
Für die Endarin wurden die vier Wächter, die sie als Schutzgeister von Runland und sich selbst erschaffen hatten, schnell zu mehr – zu Wahrzeichen ihrer vier Häuser, und zu einem Teil ihrer Religion. Wenn daher ein junger Endar aus dem Haus der Luft in das Alter kam, in dem er zu einem Jivari wurde, einem Mann, der für sein eigenes Leben selbst verantwortlich war und nicht mehr im Haus seiner Eltern leben musste, so verlangte es die Tradition, dass er es auf sich nahm, den Drachen seines Hauses zu finden. Dieser würde ihm dabei helfen, eine Reise in die Geistwelten zu unternehmen, um herauszufinden, welchen Lauf sein weiteres Leben unter den Endarin nehmen sollte. Ebenso gingen die anderen Häuser mit ihren Jivara vor. Die Drachen erfuhren den Dank und die Verehrung derer, die sie einst erschaffen hatten. Wenn sie auch die Endarin niemals gegen Feinde von außen zu verteidigen hatten, so hielten die Erstgeborenen doch immer wieder Kontakt zu ihnen und vergaßen sie nicht.
Das Vermögen, ihre Gestalt willentlich zu verändern, das die Endarin hergegeben hatten, um Runlands Wächter zu erschaffen, kehrte auch in ihren Kinder nicht wieder. Jene hatten ebenfalls menschenähnliches Aussehen, von den spitz zulaufenden Ohren abgesehen. Doch immer noch waren sie unsterblich. Das Alter konnte ihnen nichts anhaben, und ihre Geister verließen erst durch schwere Krankheit oder Gewalt von außen ihre Körper. Aber niemand konnte sagen, was mit denen geschah, die tatsächlich einmal starben.
Als sie noch die Körper von Serephin besessen hatten, waren die Geister ihrer Toten in die Häuser der Wiedergeburt in Vovinadhár zurückgekehrt, um von Neuem unter ihren jeweiligen Verwandten zu leben. Jene mit besonders starken Geisteskräften waren in der Lage gewesen, die Erinnerungen ihres alten
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