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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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vermuthen, namentlich in Nr. 17. von Jeruslan und in Nr. 6 von Ilija und dem auf Eichen hausenden, seine Feinde todtpfeifenden Räuber Nachtigall, welches zu den vorzüglichsten Stücken der Sammlung gezählt werden kann und auch wirklich seinem Inhalt nach in den altrussischen Heldenliedern, welche Hofrath von Busse verdeutscht hat (Leipzig bei Brockhaus 1819.), angetroffen wird.
    Echtslavische Züge, die wenigstens in deutschen Märchen nicht begegnen, scheinen das Graben des Rosses aus dem Erdboden (S. 43. 133.); die drei grünen Eichen (S. 25. 133); das Kriechen durch das Ohr des Rosses (S. 47. 135); das Halten auf den verbotnen königlichen Wiesen (S. 11. 74. 78. 85); die Personification des Kummers (S. 125). Auch der slavischen Sitte des Verbrüderns geschieht Erwähnung (S. 106. 219).
    Die einzelnen Märchen selbst sind ungleichen Gehalts. Nr. 9. von der Ente mit dem Goldei, Nr. 1. von dem Wolf, Nr. 3. von den sieben Simeonen, erinnern ganz an deutsche Kindermärchen und gehören zu den bessern der Sammlung. Ebenso Nr. 13. von dem Narren Emeljan, der geradezu Pervonto im neapolitanischen Pentamerone, aber daher unentlehnt und sehr eigenthümlich gefaßt ist. Merkwürdig scheinen die Mutter der vier Winde in Nr. 8. und der Geist Prituitschkin in Nr. 12. Unbedeutend ist Nr. 16., und Nr. 15. hätte, als unmittelbar, aber sehr mager, aus dem bekannten Volksbuch von der schönen Magellona hervorgegangen, füglich wegbleiben können. Nr. 7. von Bowa, und Nr. 17. von Jeruslan, die ausgedehntesten und nicht eben die unterhaltendsten Erzählungen des Buchs, scheinen gleichwohl der Aufnahme werth, da sich Jeruslan, wie vorhin schon gesagt ist, aus einem Gedicht aufgelöst haben mag, und Bowa ohne Zweifel einer romanischen Quelle seinen Ursprung verdankt.
    Nämlich Bowa ist nichts als der in dem Sagenweise von Carl dem Großen bekannte Roman Buovo d'Antona (französisch Beuves de Hantone), der in mehrern Sprachen handschriftlich und gedruckt gefunden wird, und auch im vierten Buch der Reali di Francia gelesen werden kann. Wie und wann diese Fabel in die Hände eines russischen Märchenschreibers gerathen ist, der sie noch durch wunderbare Zusätze veränderte, wird sich schwer ermitteln lassen, aber die Umarbeitung hat ihr besonderes Interesse. Bowa ist Buovo, Druschnewna Drusiana, Simbalda Sinibaldo, Polkan Pulicano, die Stadt Anton Antona der ursprünglichen Sage.
    Aus dem gesagten geht hervor, daß der Herausgeber durch Uebersetzung dieser russischen Märchen sich ein Verdienst um die Geschichte der deutschen Kindermärchen und der romantischen Poesie überhaupt erworben hat. Es ist von ihm vielleicht nicht das beste von dem, was er uns zu geben hatte, mitgetheilt worden; er beabsichtigt, andere Märchen an andern Orten oder in einer Fortsetzung der Sammlung nachzubringen; wir hätten gern gesehen, daß hier alles auf einmal bekannt gemacht worden wäre. Die Uebertragung schließt sich einfach an das Original, wie es sich gebührte, ohne durch Zusätze oder Auslassungen zu verschönern. Der deutschen Schreibart hätte hin und wieder nachgeholfen werden sollen, denn es ist z. B. fehlerhaft, wenn der Uebersetzer in den Imperativen schreibt: lasse, trage, gehe, komme, bleibe u. s. w., statt laß, trag, geh, komm, bleib.
    Jacob Grimm
     

Vorwort des Herausgebers
     
    Die Märchen, welche gegenwärtige Sammlung enthält, sind zum größten Theile in Rußland allgemein verbreitet, und die Erzählung derselben dient den untern Ständen daselbst, besonders in den müßigen Stunden der langen Winterabende, zur ergötzlichen Unterhaltung. Die Volksbücher, aus denen sie übersetzt sind, habe ich einzeln in Moskwa gesammelt, wo sie in den Bilderbuden für das gemeine Volk nach Art der deutschen Volkssagen vom hörnernen Siegfried, von der schönen Melusine, vom Eulenspiegel u. s. w. verkauft werden. Sie zerfallen der äußeren Form nach in drei verschiedene Gattungen. Eine Gattung derselben ist mit Kupferplatten auf schlechtem blaugrauem Papier theils in Oktav, größtentheils aber in Quartformat und zwar in der Weise gedruckt, daß die obere Hälfte der Seite ein Bild einnimmt, das eine oder auch einige der Hauptbegebenheiten der Erzählung darstellt, welche die untere Hälfte derselben Seite füllt. Die einzelnen, bisweilen aus zwei zusammengeklebten Papierstücken bestehenden Blätter, welche die bildlichen Darstellungen mit der Erzählung enthalten, sind durch einige leichte Querstiche

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