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Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden

Titel: Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Zwillingsschwestern beide sehr gute Sprachkenntnisse bekommen haben - aber in zwei verschiedenen Fremdsprachen. Senta in Deutsch und ich in Englisch.
    Später waren wir glücklich, daß wir uns in diesem Punkt so gut
    ergänzten.
    Senta war ein Jahr auf dem Gut. Dann heiratete der junge Gutsherr. Seine Mutter hatte Senta ins Herz geschlossen, und als sie sich selbständig machte und eine Wohnung in Kiel mietete (um das junge Eheglück nicht zu stören, wie sie sagte), bat sie Senta flehentlich, mitzukommen. Senta ließ sich überreden. Sie hatte inzwischen ausgerechnet, daß sie genau gleichzeitig mit Rolf fertig würde, falls sie noch ein Jahr Praxis und dann zwei Jahre Berufsausbildung machte.
    Zu Hause war ich nun allein in unserem Zimmer. Ein komisches Gefühl. Senta fehlte mir schrecklich. Die Briefe flatterten regelmäßig zwischen Kiel und Oslo hin und her. Senta schrieb fleißig und ausführlich, sie erzählte von ihrem Leben und ihren Pflichten, von der entzückenden Frau von Waldenburg und von deren Sohn und seiner Verlobten. Sie erzählte vom Gutshaushalt, von der schönen Natur und von den vielen Tieren. Sie erzählte, daß sie reiten lernte, sie erzählte von freudigen Ereignissen im Stall, Kuhstall und Hundekörbchen.
    Ich schrieb regelmäßig zurück und erzählte, wie all meine Pläne gescheitert waren. Ich wollte Sprechstundenhelferin werden, und mein optimistischer Vater stellte mich in seiner Praxis an. Dann geschah etwas, was mich aus der Praxis warf und kopfüber in den Haushalt.
    Es fing, mit Verlaub zu sagen, damit an, daß Beatemutti brechen mußte.
    Nachher war sie recht elend, mußte sich hinlegen, und Papa meinte, er könne an diesem Tag auf meine wertvolle Arbeit in der Praxis verzichten. Ich müsse mich um Mutti und den Haushalt kümmern.
    Dann blieb ich bei Mutti und dem Haushalt. Denn am folgenden Tag erlebten wir dieselbe Bescherung.
    Als es aber am dritten Tag wieder geschah, sagte ich:
    „Beatemutti, du kriegst bestimmt ein Kind!“
    Sie guckte mich an, lächelte ein wenig und nickte.
    „Grade das tu ich, mein Mädchen.“
    „Das ist doch großartig!“ meinte ich. „Aber wenn es dabei bleibt, daß du jeden Morgen brechen mußt und nachher aussiehst, als wärest du gekaut und wieder ausgespuckt, und grün im Gesicht wirst, sobald du den Duft von Kaffee schnupperst, dann muß ich zu Hause bleiben und auf dich aufpassen - und meine anspruchsvollen Brüder bekochen!“
    „Würdest du das wirklich tun, Sonjalein?“ fragte Beatemutti matt.
    „Und ob ich das tue! Ich pfeife auf meine Ausbildung! Außerdem bin ich gar nicht überzeugt, daß ich die geborene Sprechstundenhelferin bin!“
    Papa war auch nicht davon überzeugt. Nachdem er das fragwürdige Vergnügen gehabt hatte, es zwei Wochen mit mir auszuhalten, war er zu dem Resultat gekommen, daß ich mich besser für Staubwischen, Bügeln und Staubsaugen eignete. Für Kochen weniger. Aber da sprang meine immer energische Schwägerin ein. Jeden Sonntag kochte sie, daß es nur so rauchte, und ihre Fertiggerichte wurden in die Tiefkühltruhe gepackt. So rettete sie die Situation, und unsere Mannsbilder waren zufrieden. Katrin hat nicht nur Mut, sie hat auch Kräfte und Initiative. Sie ist ein Goldstück!
    Allmählich ging es Mutti wieder besser, aber Papa hatte mir strengstens befohlen, gut aufzupassen. Mutti dürfe nichts Schweres heben, dürfe sich nicht zu sehr anstrengen, und ich müsse ganz streng mit ihr sein.
    Ich genoß es, mich für ihre erzieherische Strenge sechs Jahre hindurch endlich zu revanchieren! Ich paßte auf wie ein Schießhund, tatkräftig unterstützt von meinen Brüdern. Sogar der kleine Stefan, der damals fünf war, verstand, daß Mutti geschont werden mußte, weil sie ein neues kleines Babychen in ihrem Körper trug.
    Als Annettchen auf die Welt kam, brauchte Mutti mich erst recht. Ich hatte alle Hände voll zu tun, obwohl meine Brüder mir großartig halfen. Die schönste Arbeit, die ich hatte, war das Versorgen des süßen kleinen Schwesterchens. Ich legte es trocken, ich badete es, ich machte sein Fläschchen zurecht, ich wusch Windeln und fand das alles wunderbar. Langsam begriff ich, daß ich in einer Arztpraxis nichts zu suchen hatte. Wenn man mich zu Hause entbehren konnte, wollte ich was anderes beginnen. Ich wollte Säuglingsschwester werden!
    Inzwischen war ich über achtzehn geworden. Im Sommer wurde ich sozusagen entlassen. Dann versuchte ich, als Schwesterschülerin aufgenommen zu werden. Ja,

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