Don Blech und der silberne Regen
Freude und Besorgnis
Es begann mit Regen. In silbernen Streifen rauschte er vom Himmel. Er überschüttete die melonenförmigen Häuser der Stadt Gurkonia; prasselte auf die Krumme Gurke, den Glockenturm und pladderte ins Meer.
Aber er vermochte die allgemeine Freude nicht zu trüben. Man versammelte sich einfach unter dem schützenden Dach des Andachtstempels.
Und König Gurkigel strahlte. Der glutrote Vogel war besiegt, entzaubert und heimgekehrt ins Reich seiner Väter. Dort würde er von nun an seine Tage als Paradiesvogel friedlich verbringen. Die Gurkonier-Kinder waren glücklich wieder bei ihren Eltern.
Das war wohl ein Grund, zu lachen und die Götter zu preisen. Und doch: Der dies alles vollbracht hatte — er vermochte nicht so recht froh zu werden. Don Blech schaute betreten in die leuchtenden Augen ringsum: Da war der friedfertige Stier Schmuser, der genussvoll eine saftige Gurke kaute...
Da war der prächtige Vogel Tura, der auf einer Säule saß...
Da war der treue Hadnik, der von allen immer wieder bestürmt wurde, die Luft anzuhalten und in die Höhe zu fliege-hüpfen — zu fliepfen, wie man es nannte und wie nur er es konnte...
Da war das naschhafte Seeungeheuer Nassi, das so versessen auf Süßigkeiten war und es sich im Wassermelonensee gemütlich gemacht hatte...
Da war Paprikel, der Berater des Königs, erfindungsreich und scharfsinnig wie immer...
Und da war nicht zuletzt Don Blechs blonder Sohn Donito, der so schön auf der Trompete zu blasen verstand...
Aber einer fehlte! Einer, um dessentwillen Don Blech ausgezogen war aus seiner Heimat Nekaragien; einer, den er auf der Didnikinsel besiegt und nun auf dem Vogelhorst im Meer vergessen hatte: der goldene Junker, das Standbild, das er selbst — Don Blech — aus seiner alten Generals- und Blechbüchsenrüstung zusammengebastelt hatte. Inwendig war es hohl, das Standbild, hohl und doch voll Bosheit.
Das Pferd des goldenen Junkers, die ebenfalls hohle Scheppertonne, war zwar auch nicht hier, aber das beunruhigte Don Blech nicht, denn es lag wohlgesichert und unlebendig, Kopf und Körper getrennt, im Gukürmel-Lagerhaus, zwischen Gurken, Kürbissen und Melonen. Junker Hohlkopf jedoch war vermutlich sehr lebendig, so wie ihn der glutrote Vogel geraubt und auf seinen Vogelhorst verschleppt hatte.
Don Blech sprach seine Befürchtungen aus. Aber Nassi, im Wassermelonensee und mit triefenden Haaren, meinte: »Lass ihn ruhig auf dem wilden Felsen vergammeln. Allein kann er von dort ja nicht fort. Er ist eingesperrt und die Tür ist verschlossen. Jahrhunderte werden vergehen, ohne dass ihn die Welt wieder zu Gesicht bekommt.«
Der Hadnik war anderer Ansicht. Er sagte: »Wir müssen ihn vom Felsen holen und auseinander nehmen. Erst dann können wir ruhig schlafen und brauchen nicht zu befürchten, dass er unverhofft irgendwo auftaucht, um Unheil anzurichten.«
»O ja!«, rief auch der scharfsinnige Paprikel. »Wie aber, wenn Junker Hohlkopf den Vogelhorst schon wieder verlassen hat? Er ist so gefährlich! Meine Haut schnurrt zusammen, wenn ich an ihn denke. — Ist es denn möglich, frage ich, dass der Felsen im Meer für immer unentdeckt bleibt? Nein, ein Ahnungsloser wird kommen und Junker Hohlkopf befreien — und dieser wird seinen Retter töten und erneut ausziehen, um sich die Erde zu unterwerfen.«
»Mir wird übel!«, flüsterte König Gurkigel und wollte fortgehen, um sich auf sein Schloss und auf sein Sofa zurückzuziehen.
»Wir müssen den Junker holen«, entschied Don Blech.
»Ich bin dabei!«, sagte Paprikel.
Noch einmal drehte sich König Gurkigel um, ehe er den Andachtstempel verließ. Er rief Don Blech zu: »Komm zu mir ins Schloss. Du darfst mein Gast sein. Wir wollen viele saftige, gedünstete Gurkenfrüchte essen. Es gibt so viele gute Rezepte!«
»Später«, antwortete Don Blech. Und Donito stupste ihn sanft: »Nicht später! Denk an Knofus Knofonius, den guten Freund, der dir den Haushalt führt. Er ist der beste Koch der Welt und wird schmale Wangen bekommen, wenn wir nicht bald heimkehren und er wieder für uns brutzeln kann. Seine Suppentöpfe sind die allerfeinsten. Fangen wir also den goldenen Junker und fahren wir nach Hause.«
Das gab den Ausschlag.
Und als das Wetter sich besserte, die grauen Wolken zerrissen, segelte Don Blech mit seiner Mannschaft davon, zum Felsenriff im Meer, zum Vögelhorst.
Aber — um es gleich zu sagen: Er hatte keinen Erfolg. Leer und verwüstet fand er den Vogelhorst vor. Es
Weitere Kostenlose Bücher