Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin
Sachen.
Barbara lachte hellauf.
„Ach, die Dame muß ich unbedingt treffen! In ihrer Gesellschaft langweilt man sich bestimmt nicht.“
„Und Sie können mit ihr deutsch sprechen“, ermunterte ich sie. „Au fein! Müssen Sie schon zurück? Wir treffen uns bestimmt morgen früh. Der Strandkorb neben dem meinen ist noch frei, vielleicht können Sie den mieten?“
Barbara war eine nette Bekanntschaft. Mit dem Strandkorb klappte es, und schon am nächsten Morgen saßen wir zusammen da, Frau Felsdorf war begeistert, und ich auch. Denn Barbara unterhielt Frau Felsdorf, während ich schnell in die Wellen sprang. Das Wasser war kalt, aber erfrischend. Ich genoß richtig das Schwimmen. Und Bewegung tat not, das war mir noch klarer geworden, seit ich den Frühstückstisch des Hotels erlebt hatte. Barbara erzählte mir, daß sie die Schüsseln gezählt hatte: sieben Sorten Käse, fünf Schälchen Marmelade und Gelees, sechs Brotsorten, elf verschiedene Sorten Aufschnitt. Außerdem Eier, Milch und Butter soviel wie wir wollten, ebenso Kaffee. War eine Kanne oder ein Brotteller leer, wurde sofort nachgefüllt.
Ein Schlemmerleben war es! Ich fragte Barbara, ob alle Norweger so lebten.
„Durchaus nicht!“ tröstete sie mich. „Sie essen mehr Fleisch und vor allem mehr Fisch als wir, und weniger Gemüse, aber solche verrückten Frühstücks- und Lunchtische findet man in keinem Privathaus.“
Nach zwei Tagen gesellte sich ein pensionierter Studienrat zu uns, oder vielmehr zu Frau Felsdorf. Er hatte Französisch als Unterrichtsfach gehabt, und die beiden Alten unterhielten sich nun großartig auf französisch. Dann konnten Barbara und ich zusammen schwimmen gehen, denn der Studienrat hatte hoch und heilig versprochen aufzupassen und unter keinem Umstand Frau Felsdorf allein auf die Hauptstraße zu lassen.
So hatten wir es wirklich urgemütlich. Abends war Frau Felsdorf immer sehr müde nach all der frischen Luft und dem lebhaften Geplauder - oft auch nach Spaziergängen im Wald - und ging früh zu Bett. Dann konnte ich noch schnell ein Stündchen rausgehen. O ja, das Leben ließ sich schon aushalten. Dann kam eine Karte von Hartmut.
Liebe Allegra!
Vielen Dank für Deinen Kartengruß. Dies schreibe ich im Zug, unterwegs nach Köln. Mein Stiefvater ist plötzlich gestorben, und ich muß zu meiner Mutter. Habe meinen Sommerurlaub vorverlegen können, so daß ich drei Wochen in Köln bleiben kann. Ich lasse wieder von mir hören. Augenblicklich habe ich ein bißchen viel im Kopf.
Herzliche Grüße, alles Gute,
Dein
Hartmut
Das war alles. Kein Wort darüber, was er bei dieser Situation empfand. Kein Kommentar. Nur Tatsachen auf einer Postkarte.
Wenn ich bloß aus ihm schlau werden könnte!
Der Dummkopf, nicht einmal seine Anschrift in Köln hatte er mir gegeben. Na, das würde er wohl nachholen.
Dann geschah das Furchtbare. Es wäre nicht passiert, wenn Frau Felsdorf nicht die unglückselige Idee gehabt hätte, nach Lindesnes zu fahren.
Es wäre auch nicht passiert, wenn Barbaras Mann nicht zum Wochenendbesuch gekommen wäre. Wäre er nicht gekommen, hätte Barbara uns auf dem Ausflug Gesellschaft geleistet und hätte mir geholfen, auf Frau Felsdorf aufzupassen.
Es wäre vielleicht auch nicht passiert, wenn der Studienrat mitgefahren wäre. Aber er saß hinter einem dicken Buch vergraben und hatte außerdem Schmerzen im Bein und wollte den Tag in Ruhe verbringen.
Es war ein strahlender Samstagmorgen. Irgend jemand sprach am Frühstückstisch über Lindesnes, das war ja der südlichste Punkt von Norwegen. Man sah rechts den Atlantik, links den Skagerrak. Natürlich nicht ganz so aufregend wie das Kap der Guten Hoffnung, wo man den Atlantik rechts und den Indischen Ozean links hatte, oder Kap Horn zwischen dem Pazifik und dem Atlantik, aber immerhin - ein sehenswerter Punkt war es. Und eine Abwechslung von unserem Strandkorb-Faulenzerleben.
Unternehmungsfreudig wie immer, sagte Frau Felsdorf: „Dort fahren wir heute hin, Spatz!“
Ich erkundigte mich beim Portier. Ja, um zehn Uhr würde der Bus abfahren, man würde zwei Pausen unterwegs haben, damit man die Beine vertreten und etwas essen konnte. Nachmittags um fünf würden wir zurück sein.
Also nichts wie los.
Es war viel Verkehr auf der schönen Autostraße, die zum Teil am Wasser entlang verlief. Wir fuhren westwärts und hatten auf der rechten Seite Wald und sanfte Hügel, sozusagen Vorläufer für die immer höher werdenden Berge dahinter. Wir kamen
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